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WIRTSCHAFT/3115: Brauchen über die Finanzämter schnellere, unbürokratische Liquiditätshilfe


Pressemitteilung der Fraktion der Freien Demokraten vom 8. April 2020

LINDNER-Statement: Brauchen über die Finanzämter schnellere, unbürokratische Liquiditätshilfe


Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab zum Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute und den Beratungen der Eurogruppe folgendes Statement ab:

"[...] Die Wirtschaftsforschungsinstitute gehen davon aus, dass es einen Einbruch gibt, wie in der jüngeren Geschichte kein Mal zuvor. Auch die Finanzkrise des Jahres 2008 wird nicht an diesen strukturellen Einbruch heranreichen, so viel ist klar. Und trotz dieser besorgniserregenden Prognose haben wir die Befürchtung, dass möglicherweise die Lage noch dramatischer sein könnte, als die Wirtschaftsforschungsinstitute jetzt andeuten. Die Institute gehen ja von den Zahlen und der Entwicklung zu Beginn des Jahres aus und kalkulieren auch eine Normalisierung im Laufe des April. Ob es dazu kommt, ist völlig offen. [...] Nach unserer Befürchtung ist die Rezession tiefer, ein Strukturbruch der Wirtschaft droht [...] Aus unserer Sicht sind jetzt drei Dinge zu tun. Erstens: Wir brauchen sofort über die Finanzämter eine schnellere, unbürokratische Liquiditätshilfe. Die Steuerschuld des Jahres 2019 und die zu erwartenden Verluste 2020 müssen gemeinsam betrachtet werden, damit möglichst rasch unbürokratisch über die Finanzbehörde [...] eine Hilfe in Cash überwiesen werden kann. Alles andere dauert zu lange. Zweitens: Wir müssen eine smartere, eine intelligentere Strategie finden, die den notwendigen, den überlebensnotwendigen Gesundheitsschutz verbindet mit schrittweiser Öffnung für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Es muss intelligenter möglich sein, die Menschen, insbesondere die besonders gefährdeten Menschen unter uns, zu schützen als durch den kompletten Shutdown von allem [...] Klar ist, dass nicht alles sofort wieder so werden kann, wie es war. Aber zumindest etwas muss sehr bald wieder möglich werden. Österreich bietet uns Anschauungsmaterial, wie eine modifizierte Krisenstrategie nach Ostern aussehen kann. Die Wirtschaftsforschungsinstitute kalkulieren mit dem 20. April als ein Öffnungsdatum, dieser Spekulation wollen wir uns nicht anschließen. Klar ist aber, dass die Regierung jetzt gefordert ist, eine Erwartung zu zeigen und Hoffnung zu geben, dass es schrittweise zu einer Öffnung kommt. Es muss ja auch Produktion umgestellt werden, wir hören aus der Praxis, dass Betriebe jetzt schon denken an den Schichtbetrieb, Desinfektionsstationen aufbauen, Schutzausrüstung, Schutzmaterial und Masken beschaffen wollen. [...] All das braucht logistische Vorbereitung von einiger Zeit und deshalb ist es wichtig, jetzt bereits über die Bedingungen und Regeln zu sprechen, die in einiger Zeit gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben wieder möglich machen. Und zum dritten werden wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ganz grundsätzlich und langfristig auch nach dem Höhepunkt der Corona-Pandemie verändern müssen. Es wird darum gehen, überhaupt wieder Reserven aufzubauen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. [...] Dafür brauchen wir ein breitflächiges Paket der Wirtschafts- und Wachstumsfreundlichkeit. Angefangen von einem bescheidenen Staat, der in seinen Kernaufgaben wie Gesundheit stärker wird, aber auf der anderen Seite sich von dem trennt, was nicht erforderlich ist [...] Und wir brauchen ein neues Nachdenken über europäische und internationale Zusammenarbeit. Vor der Krise gab es bereits viele protektionistische Tendenzen. Abschottung war für viele das Mittel der Wahl. Wir sehen jetzt, dass in dieser Krise alle zuerst an sich denken. Dabei darf es nicht bleiben, die internationale Solidarität und Arbeitsteilung, die sind nicht nur angesichts von Menschheitsherausforderungen wichtig, sondern die sind auch ein Garant in der Vergangenheit gewesen für den Wohlstand. [...]

Wir sehen mit Sorge, dass es bei den Beratungen der EU-Finanzminister nicht zu einer Einigung gekommen ist. Hier gibt es sehr unterschiedliche und verhärtete Positionen. Wir halten es für richtig, dass es jetzt in der Krise Hilfen gibt, insbesondere bei der medizinischen Versorgung. [...] Hier sollten wir alles tun, was in unserer Macht steht, um unsere Partner und Freunde nicht im Stich zu lassen. Andererseits können wir das, was sich als ordnungspolitisch richtig erwiesen hat, nicht in einer Krise über Bord werfen. Es kann keine gemeinsame Haftung für Schulden in Europa geben, ohne dass es Grenzen und ohne dass es Bedingungen für das Rückzahlen gibt. Es gibt eine Zeit nach der Krise und auch danach müssen wir miteinander zusammenarbeiten. Auch danach geht es um die Stabilität der wirtschaftlichen Entwicklung und unserer Währung. Und vor dem Hintergrund dürften jetzt nur Maßnahmen beschlossen werden, die auch unter langfristiger Perspektive Bestand haben können. Wir haben die Möglichkeit des Euro-Rettungsschirms ESM. Wir haben mit dem Haushalt der Europäischen Union, auch mit dem von den Niederländern vorgeschlagenen Hilfsfonds alle Instrumente, um in der Krise zusammenzustehen. Das, was jetzt gegenwärtig von manchen, insbesondere Italien, gefordert wird, das läuft auf eine Politik hinaus, die am Ende ohne jede Bedingung auf Kosten aller wieder Geld ausgeben kann. Das hat uns einst in eine Staatsschuldenkrise getrieben. Das sollte sich in dieser Form kein zweites Mal ereignen. Deshalb bestärken wir die Bundesregierung, in dieser Frage an dem bisherigen rechtlich abgesicherten Kurs festzuhalten. [...]"

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Quelle:
Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag
Pressestelle
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: 030-227 51990
E-Mail: presse@fdpbt.de
Internet: www.fdpbt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2020

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