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HAMBURG/1949: Bildungs-Ungerechtigkeit im Vergleich hilft nicht weiter (Die Linke)


Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 13. März 2012

Bildungs-Ungerechtigkeit im Vergleich hilft nicht weiter!


Die Bertelsmann Stiftung und das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der Technischen Universität Dortmund hat die Schulsysteme aller Bundesländer auf Chancengerechtigkeit untersucht. "Doch schon der Titel ,Chancenspiegel' ist irreführend", kritisiert Dora Heyenn, schulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. "Wenn Deutschland sich weltweit einen Namen gemacht hat, dann damit, dass in unserem Schulsystem die stärkste soziale Ausgrenzung stattfindet im Vergleich zu allen Industrieländern. Das bescheinigt uns die OECD mit ihren Studien regelmäßig."

So stellte die OECD in ihrer Studie "Soziale Segregation und ihre gesellschaftlichen Konsequenzen" 2011 fest, dass soziale Ungleichheit zwar kein deutsches Problem sei, es aber gerade in Deutschland in hohem Maße ungerecht zuginge, weil die "soziale oder ethnische Herkunft eines Menschen die entscheidende Determinante für seinen weiteren Lebensverlauf ist".

"Alles was mit dem Chancenspiegel geschieht, ist die Bildungs-Ungerechtigkeit zu vergleichen. Dann ist es wahrlich kein Trost, wenn die Chancen von SchülerInnen, soziale Nachteile zu überwinden und ihr Leistungspotenzial auszuschöpfen, sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden, wie es in der Studie heißt", so Dora Heyenn weiter. Der Chancenspiegel orientiert sich an vier Kriterien: Integrationskraft, Durchlässigkeit, Kompetenzförderung und Zertifikatsvergabe. Danach soll u. a. beurteilt werden, ob soziale Nachteile ausgeglichen, Klassenwiederholungen und Schulabstiege vermieden, wie viele Schüler zur Hochschulreife geführt werden oder wie erfolgreich insbesondere Schulabgänger ohne oder nur mit Hauptschulabschluss sind, einen Ausbildungsplatz zu finden.

"Die interessante Frage ist, inwiefern werden starke ebenso wie schwache Schüler gefördert? Das ist in der Tat ein großes Thema in Hamburg. Fördern statt Wiederholen heißt das Stichwort. Aus meiner Anfrage 20/3357 geht hervor, dass in Grundschulen 66% der zusätzlichen Lernfördermaßnahmen von Honorkräften geleistet werden. Ob damit eine wirksame Unterstützung für diejenigen erreicht wird, die schon bei der Einschulung benachteiligt sind, ist äußerst fraglich", führt Dora Heyenn aus.

"Es kann nicht schön geredet werden, dass Deutschland in vielen Bereichen der Bildung auf einem der hinteren Plätze rangiert; auch Statistiken können das nicht wegzaubern", so die Fraktionsvorsitzende. Eine Ursache ist die chronische Unterfinanzierung: So liegen die Bildungsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) weiterhin deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Die politische Zielmarke von sieben Prozent im Jahr 2015 wird nicht erreicht werden.

Die Tatsache, dass in unseren Schulen mehr Menschen aussortiert als integriert werden, ist der Hauptgrund für die soziale Segregation: "Wenn Jahr für Jahr festgestellt wird, dass das Elternhaus entscheidend ist für den Schulerfolg bzw. -misserfolg, dann hilft wenig, das Sitzenbleiben abzuschaffen, ein Förder- und Nachhilfekonzept zu entwickeln und das Anmeldeverfahren zu ändern. In einem Schulsystem, dass auf frühe Auslese nach der 4. Klasse und Abschulungen aus dem Gymnasium bis zur 6. Klasse setzt, trägt die soziale Ungerechtigkeit in sich", so Heyenn abschließend.


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Quelle:
Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 13. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2012