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NORDRHEIN-WESTFALEN/1963: Wie Industrie im Ruhrgebiet sichern? (Li)


Landtag intern 1/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Wie Industrie im Ruhrgebiet sichern?
Ein Unternehmenspark führt zur Grundsatzdebatte

Von Christoph Weißkirchen



14. Dezember 2012 - Ein Industriepark, der von 23 Gemeinden, zwei Kreisen und der IHK Nord Westfalen getragen wird, stand im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde. Es sei notwendig, jetzt über eine mögliche Bürgschaft des Landes in Höhe von 17,5 Millionen Euro für diesen Park zu entscheiden, da sonst die Kaufoption für das Grundstück sowie EU-Mittel ausliefen, so die FDP. Während die CDU die Forderung unterstützte, verwiesen Landesregierung und regierungstragende Fraktionen auf offene Fragen und Risiken, die vor einer Bürgschaftsgewährung zu klären seien. Die PIRATEN denken, dass es ausreichend Flächen in NRW gebe.

Das Konzept der newPark GmbH sehe vor, eine Fläche von 550 Hektar aufzukaufen, so Holger Ellerbrock (FDP). Zunächst auf rund 150 Hektar sollten ab dem Jahr 2014 Unternehmen des produzierenden Gewerbes angesiedelt werden, die zum Beispiel die Abwärme des Kraftwerks Datteln nutzen könnten. Als Problem definierte der FDP-Sprecher, dass man hinsichtlich der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) Erholung und regionalem Grünzug eine konkurrierende Nutzung zugelassen habe, die eine Umsetzung erschwere. Es sei aber notwendig, zur Sicherung des Investitionsklimas und der Arbeitsplätze die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen und eine positive Entscheidung zu treffen.

Seine Fraktion unterstütze das große regionale newPark-Projekt, erklärte Rainer Schmeltzer (SPD): "In Nordrhein-Westfalen müssen weiterhin große Industrieansiedlungsprojekte möglich sein." Um aber auszuschließen, dass sich mögliche Betriebe einfach verlagern, müsse sich das erste Unternehmen, das sich ansiedele, eine Flächengröße von mindestens zehn Hektar besitzen. Außerdem müsse die Landesregierung angesichts der rechtlichen Anforderungen sorgfältig arbeiten. Zum Beispiel sei zu berücksichtigen, dass der Planfeststellungsbeschluss zur Verkehrsanbindung derzeit beklagt werde. Und schließlich müsse sichergestellt werden, dass das Vorhaben umweltverträglich sei.

Bei der SPD präge nicht das klare "Ja", sondern das "Aber" die Position, kommentierte Josef Hovenjürgen (CDU). Bei dieser Sichtweise scheide das Ruhrgebiet zukünftig für industrielle Ansiedlungen aus. In der Geschichte habe sich dort eben das Wohnen rund um die Arbeitsplätze entwickelt, so dass altindustrielle Flächen eigentlich nur noch für nicht störendes Gewerbe, also Einzelhandel, genutzt werden könnten. Das bedeute aber einen Angriff auf die Innenstädte. "Wer Industrie will, wer will, dass dieses Land industrieller Schwerpunkt bleibt, der muss im Ruhrgebiet Arbeit zulassen, der muss newPark wollen", so Hovenjürgen. Ansonsten werde es dort eine "Spirale nach unten" geben.

Neuansiedlungen und die Ausweisung von Gewerbeflächen seien an rechtliche Vorgaben gebunden, hob Daniela Schneckenburger (GRÜNE) hervor. Die newPark-Fläche habe man vor 35 Jahren im Landesentwicklungsplan für Großvorhaben ausgewiesen, passiert sei nichts. Daraufhin habe man in den neunziger Jahren die Pläne überarbeitet. Schneckenburger verwies auf die Risiken erstens hinsichtlich der Planfeststellung der Verkehrsanbindung, zweitens bezüglich möglicher Unternehmensverlagerungen und drittens in Sachen FFH-Verträglichkeit. Diese Fragen müsse die Landesregierung sorgfältig prüfen, bevor sie über eine Bürgschaft entscheide. Außerdem seien die rechtlichen Verfahren abzuwarten.

Die Region nördlich der Ruhr brauche Perspektiven, die für ein neues Wirtschaftsprofil und für Arbeitsplätze sorgten, meinte Oliver Bayer (PIRATEN). Der Strukturwandel dort sei allerdings nicht mit einem "ideenlosen, allein durch seine Größe überzeugenden und dafür gänzlich unerschlossenen Industriegebiet voller Luftschlösser" zu meistern. Außerdem fehlten die Standortfaktoren, die Unternehmen davon überzeugten, sich dort anzusiedeln. So gebe es keine bestehenden Agglomerationen, keine Wertschöpfungsketten oder irgendwelche anderen Synergiemöglichkeiten. Angesichts der langen Planungszeit könne es doch kein Problem sein, die Option, das Grundstück zu kaufen, zu verlängern.

"Diese Landesregierung tut alles für neue Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen - erst recht in der Emscher-Lippe-Region", betonte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). Bevor die Landesregierung eine Bürgschaft über 17,5 Millionen Euro übernehme, müsse sie die Risiken für die Realisierung dieses Projekts bewerten. So gebe es weder eine Anbindungsstraße noch eine Bauleitplanung für die geplante Fläche. Außerdem sei die Schadstoffbelastung der Region zu klären. Schließlich müssten die beteiligten Kommunen die Eigenanteile des Projekts stemmen. Die Landesregierung führe mit dem Grundstückseigner Gespräche, um die Ankaufoption zu verlängern und die notwendige Zeit zu gewinnen.

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Quelle:
Landtag intern 1 - 44. Jahrgang, 23.1.2013, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2013