Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/1977: Fachleute diskutieren Regelung für Transparenz von Abgeordneten-Nebenjobs (Li)


Landtag intern 2/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

"Wissen, mit wem man es zu tun hat"
Fachleute diskutieren Regelung für die Transparenz von Abgeordneten-Nebenjobs

Von Daniela Braun



25. Januar 2013 - In einer gemeinsamen Sitzung von Ältestenrat und Hauptausschuss haben sechs Fachleute über mögliche strengere Transparenzregeln für Nebenjobs von NRW-Landtagsabgeordneten beraten. Verfassungsrechtlich zwingend sei eine Neuauflage der aktuellen Regelung jedoch nicht, betonte das Gros der Sachverständigen.


Dennoch stellte der Verwaltungswissenschaftler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim im Vergleich zum Abgeordnetengesetz des Bundes fest: "Die Länder hinken bisher hinterher." So sei es unter anderem geboten, eine Regelung einzuführen, die jegliche "arbeitslose Einkommen" von Abgeordneten ausdrücklicher verbiete. Auch Prof. Dr. Christoph Gusy von der Universität Bielefeld betonte, es gehe bei einer möglichen Verbesserung der Transparenzregeln verfassungsrechtlich nicht um ein "Müssen", sondern um ein "Dürfen", aber seines Erachtens nach eben auch um ein "Sollten".

Derzeit müssen NRW-Abgeordnete Einkünfte aus Nebentätigkeiten ab einer jährlichen Summe von über 12.000 Euro der Landtagspräsidentin melden - so sieht es die aktuelle Fassung des Landesabgeordnetengesetzes vor. Publiziert werden die Zahlen bislang nicht. Bundestagsabgeordnete hingegen müssen ihre Einkünfte für jede Tätigkeit grob nach drei Stufen angeben, sofern sie monatlich mehr als 1.000 oder jährlich mehr als 10.000 Euro neben ihrem Mandat verdienen. Darüber hinaus sind die Daten öffentlich zugänglich.


Rechte Dritter schützen

"Ein Mandat ist keine Beamtenstellung", erläuterte Rechtsanwalt Dr. Dr. Burkhard Hirsch. Deshalb sei es richtig, dass Abgeordnete ihren Beruf nebenbei fortführen dürften. Dies erfordere einerseits Transparenz, denn "der Wähler muss wissen, mit wem er es zu tun hat". Nach Ansicht von Hirsch dürften anderseits aber nur solche Geschäftsbeziehungen offengelegt werden, die unmittelbar Einfluss auf das Mandat haben könnten. Dabei seien die Rechte Dritter wie etwa von Patienten oder Mandanten zu schützen: "Transparenz, ja! Aber mit Augenmaß."

"Wir unterstützen eigentlich auf allen Ebenen Transparenzregelungen", erklärte Marion Stein von Transparency International Deutschland. Lobbyismus habe zugenommen, Bürgerinnen und Bürger könnten immer schwieriger erkennen, wie bestimmte Entscheidungen zustande kämen. So betonte Gusy: "Es geht bei der Frage der Transparenz letztendlich um die Glaubwürdigkeit des Parlaments." Erstens vermieden Transparenzregeln den bösen Anschein, zweitens die Korruptionsanfälligkeit von Abgeordneten. Damit schützt sich das Parlament laut Gusy auch selbst. Gleichzeitig hob er hervor: Es gebe kein Spannungsverhältnis zwischen freiem Mandat und Transparenzregel. Vielmehr seien letztere Grenze und Folge des freien Mandats.


Grundsatz der Verhältnismässigkeit

Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Klaus Gärditz plädierte dafür, die Transparenzregeln liberal zu gestalten - in jedem Fall müsse strikt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten werden. So halte er etwa eine auf den Cent genaue Offenlegung nicht für erforderlich, denn dies sei nicht notwendig, um Interessenkonflikte aufzuzeigen. Auch Hirsch sprach sich für ein verfeinertes Stufenmodell aus. Dr. Gerald Kretschmer warnte den Gesetzgeber zudem vor hektischen Entscheidungen, nur um in den Medien publizierten Einzelfällen rasch beizukommen: "Es geht darum, dass Sie Regelungen treffen, die auch dauerhaft tragfähig sind."

Ob die Abgeordneten bei anzuzeigenden Nebeneinkünften auch den hierfür eingesetzten Zeitaufwand mitteilen müssten, darüber gingen die Meinungen in der Sachverständigenrunde auseinander. Während sich von Arnim für zumindest grobe Angaben aussprach, warnte unter anderem Kretschmer vor einer unnötigen Bürokratisierung. Es sei das gute Recht des Abgeordneten mit freiem Mandat, auch seine Zeit frei einzuteilen, unterstrich Hirsch. Grundsätzlich einig waren sich die Fachleute hingegen darin, dass Geldbeträge in Brutto anzugeben seien. Zudem müsse der Gesetzgeber exakt definieren, welche Einnahmen die Abgeordneten konkret als Nebeneinkünfte zu melden hätten.


Kasten   ECKPUNKTE DER AKTUELLEN REGELUNG IM LANDESABGEORDNETENGESETZ

- Abgeordnete dürfen für die Mandatsausübung nur die im Abgeordnetengesetz vorgesehenen Zuwendungen annehmen. Eine Vergütung aus einem Dienst- oder Werkverhältnis ist nur erlaubt, soweit diese sich nicht auf die Mandatsausübung bezieht. Zuwendungen, die Abgeordnete, ohne entsprechende Dienste zu leisten (arbeitslose Einkommen), nur deshalb erhalten, weil von ihnen erwartet wird, dass sie im Landtag die Interessen des Zahlenden möglichst durchsetzen, sind unzulässig.

- Die Abgeordneten müssen innerhalb von drei Monaten nach Annahme des Mandats ihren Beruf, ihre wirtschaftlichen sowie andere Tätigkeiten, die hinsichtlich ihres Mandats auf bedeutsame Interessenkonflikte hinweisen können, nennen.

- Jährlich müssen sie gegenüber der Landtagspräsidentin zudem die Art und den Umfang dieser anzeigepflichtigen Tätigkeiten oder Gewerbe melden sowie, wenn ein festgelegter Mindestbetrag überstiegen wird, die Art, Höhe und Herkunft der daraus erzielten Einkünfte. Darüber hinaus sind die Abgeordneten verpflichtet, Spenden, die einen festgelegten Mindestbetrag übersteigen, auf diese Weise anzuzeigen.

- Berät oder stimmt ein Mitglied des Landtags in einem Ausschuss bei einem Gegenstand mit, an welchem es selbst oder ein anderer, für den es gegen Entgelt tätig ist, ein wirtschaftliches Interesse hat, so hat es dies zuvor im Ausschuss offenzulegen, soweit sich die Interessenverknüpfung nicht aus bereits veröffentlichten Angaben ergibt.

*

Quelle:
Landtag intern 2 - 44. Jahrgang, 27.2.2013, S. 11
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -21 07, -23 09, -23 04
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2013