Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2012: Viel Lärm um eine Verordnung (Li)


Landtag intern 6/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Viel Lärm um eine Verordnung
Die Opposition sorgt sich um die Zukunft der Förderschulen
Plenarbericht;



15. Mai 2013 - Das Ziel der Inklusion unterschreiben alle Fraktionen im Landtag. Gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung in der Regelschule soll per Gesetz möglich werden, wo immer die betroffenen Eltern sich dies wünschen. Schrittweise sollen sie ein Wahlrecht für ihre Kinder bekommen: Regelschule oder Förderschule. Die Opposition betont, für ein solches Wahlrecht müsse es weiterhin genügend Förderschulen geben, und fürchtet, dass die Landesregierung dies unterlaufen könnte. Stein des Anstoßes ist eine noch nicht bekannte Verordnung, die eine höhere Mindestschülerzahl für Förderschulen vorschreiben könnte. Zwar steht eine Expertenanhörung zum Gesetzentwurf an (Seite 14), die Verordnung soll dort aber außen vor bleiben. CDU, FDP und PIRATEN fordern in einem Eilantrag (Drs. 16/2933) deshalb: Fakten auf den Tisch.


Ein echtes Wahlrecht setze eine Förderschule in erreichbarer Nähe voraus, argumentierte Petra Vogt (CDU). Der außerhalb des Gesetzes zu regelnden Größenverordnung für diese Schulen komme deshalb eine so große Bedeutung zu, weil sie ein massives Sterben von Förderschulen bedeuten könne - nämlich dann, wenn sie bei Unterschreitung der Mindestschülerzahl eine Schließung der Schule vorschreibe. Vogt forderte die Schulministerin daher auf: "Schaffen Sie Transparenz für alle Beteiligten im Hinblick auf die künftige Struktur unseres Förderschulwesens in Nordrhein-Westfalen!"

Yvonne Gebauer (FDP) ging noch einen Schritt weiter. "Der Gesetzentwurf sieht eine massive Schließungswelle von Förderschulen vor", sagte sie und kritisierte, dass die Ministerin der Öffentlichkeit mögliche Änderungen an einem bereits veröffentlichten Verordnungsentwurf vorenthalte. Auch die kommunalen Spitzenverbände sähen in der Verordnung ein wichtiges Steuerungsinstrument bei der Inklusion. Die Ministerin selbst habe immer wieder die Bedeutung von Transparenz im ganzen Prozess betont. Nun müsse sie auch Wort halten, anstatt ein "Katz-und-Maus-Spiel" zu veranstalten.

Ohne die Rahmenbedingungen zu kennen, könnten die Sachverständigen bei der Anhörung kaum abschätzen, wie sich im nächsten oder übernächsten Jahr die Schullandschaft vor Ort verändern werde, gab Monika Pieper (PIRATEN) zu bedenken. Eine ergebnisoffene Diskussion, die die Ministerin versprochen habe, setze viele Informationen voraus. "Ohne diese Informationen ist es so, als kaufe man eine schön dekorierte Kiste, ohne deren Inhalt zu kennen", argumentierte die Abgeordnete. Die Landesregierung dürfe das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Inklusionsprozess nicht aufs Spiel setzen.

Es sei klar gewesen, dass der Verordnungsentwurf zu den Schulgrößen nicht Bestandteil der Anhörung sein würde, erklärte Renate Hendricks (SPD). Die Verordnung existiere seit 30 Jahren und sei immer beim Ministerium angesiedelt gewesen. Sie entspreche aber noch dem alten Schulverwaltungsgesetz. Derzeit stimme sich das Ministerium für die Neufassung der Verordnung mit den Kommunen ab. "Es ist immer schwierig, wenn man an der Entstehung nicht unmittelbar beteiligt ist", erklärte sie sich die "Unruhe der Opposition" und beschwichtigte: "Wir gehen in ein geordnetes Verfahren der Gesetzgebung."

"Hier hat in der Tat eine Schwalbe einen ganzen Sommer lang geschlafen", kommentierte Gudrun Zentis (GRÜNE) die Tatsache, dass die Verordnung bisher nie grundlegend überarbeitet worden sei. Auch habe die Schulaufsichtsbehörde bislang nicht eingegriffen, wenn die Schülerzahl über längere Zeit unterschritten worden sei. Das Ministerium überarbeite die Verordnung nun direkt mit den Betroffenen: den kommunalen Spitzenverbänden. Zeitnah zum Beschluss des Gesetzentwurfs solle sie dann vorliegen. Zudem solle die Mindestgröße einer Schule keinen Einfluss auf die bestmögliche Bildung der Kinder haben.

Schulministerin Sylvia Löhrmann (GRÜNE) wies den Vorwurf der Intransparenz zurück. Im Gegenteil habe sie den Entwurf der Verordnung einer sehr breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zahlreiche Stellungnahmen lägen vor, Gespräche mit den Kommunen seien noch nicht ausgewertet, Gespräche mit Behindertenvereinen folgten noch, erklärte Löhrmann. Sobald all dies ausgewertet sei, werde sie das Parlament selbstverständlich informieren. Der Respekt vor dem Gesetzgeber gebiete es, nicht vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine neue Verordnung zu erlassen, unterstrich die Ministerin.


Abgelehnt

Der Eilantrag (Drs. 16/2933) wurde mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU, FDP und PIRATEN abgelehnt.

*

Quelle:
Landtag intern 6 - 44. Jahrgang, 26.6.2013, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -23 04, -21 07, -23 09,
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2013