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NORDRHEIN-WESTFALEN/2107: Altschuldensanierung (Li)


Landtag intern 5/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Altschuldensanierung
Schlagabtausch über Ergänzungsabgabe ab 2020

Von Christoph Weißkirchen



9. April 2014 - Ab dem Jahr 2020 dürfen weder Bund noch Länder neue Schulden machen. Wie aber soll der dann weiterhin fällige Abbau der alten Schulden vonstatten gehen? Hierzu legten SPD und GRÜNE einen Antrag (Drs. 16/5483) vor, der aber nicht die Zustimmung der Oppositionsfraktionen fand. Im Zentrum der Plenardebatte: die Eigenverantwortung des Landes NRW und die mögliche Rolle des Bundes.


Als Landes- und Kommunalpolitiker erwarte er eine Entlastung für die Zeit nach dem Solidarpakt, so Michael Hübner (SPD). Die rot-grüne Landesregierung habe im "Aktionsplan Stadtfinanzen" das Gemeindefinanzierungsgesetz finanziell aufgebessert und wolle bis zum Jahr 2021 insgesamt 4 Milliarden Euro als Landeshilfe zur Verfügung stellen. Jetzt gehe es darum, die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene zu konkretisieren. Um mehr Gestaltungsspielraum zu erlangen, schlug Hübner daher vor, die alten Schulden von Kommunen und Ländern in einem Altschuldenfonds zu bündeln. Weitere finanzielle Hilfe solle nach Bedürftigkeit und nicht nach Himmelsrichtung erfolgen.

Die aktuellen Hilfen der Regierung für die Kommunen dienten erst einmal dazu, bis zum Jahr 2020 ausgeglichene Verhältnisse zu schaffen, erläuterte Mario Krüger (GRÜNE): "Damit ist noch keine Antwort darauf gegeben, wie denn die Verbindlichkeiten, die in früheren Jahren angehäuft worden sind, abgebaut werden können." Aus diesem Grund müsse sichergestellt werden, dass man einen Altschuldenfonds einrichten könne. Er sei als Ergänzung zur Schuldenbremse zwingend notwendig. Finanziert werden könnte er - nach Auslaufen des Solidaritätszuschlags im Jahr 2019 - über eine Ergänzungsabgabe. Damit könne der Fonds die Zinsen der Länder wie auch der Kommunen übernehmen.

Nordrhein-Westfalen stelle nur 20 Prozent der deutschen Bevölkerung, trage aber ein Drittel der Schulden der Länder und Kommunen, erläuterte Volker Jung (CDU). Wie sollten der Bund und die anderen Bundesländer vor diesem Hintergrund mit der Forderung nach Solidarität umgehen?, fragte er. Immerhin gelte ab dem Jahr 2020 auch in NRW die Schuldenbremse. Mit dem vorliegenden Antrag greife Rot-Grün die Einzelfrage der Altschulden heraus. Sinnvoller sei es, zur Neuordnung der Finanzbeziehung von Bund und Ländern eine Föderalismuskommission III einzuberufen. Vor allem müsse sich die rot-grüne Landesregierung darum kümmern, in NRW die Wirtschaftskraft anzukurbeln.


Haftungsfragen

Für Ralf Witzel (FDP) darf das Verbot neuer Schulden ab dem Jahr 2020 nicht von Unterstützungsmaßnahmen wie einem Altschuldentilgungsfonds abhängig gemacht werden. SPD und GRÜNE forderten im vorliegenden Antrag die Fortschreibung des Soli-Volumens und einen Haftungsverbund zwischen Bund und Ländern, nur eben für andere Zwecke. Dies bedeute aber, dass die Bundesländer, die bei der Haushaltskonsolidierung erfolgreich seien, genau dafür bestraft würden. Richtig sei hingegen ein Wettbewerb der unterschiedlichen Konsolidierungskonzepte, denn es gebe viele Stellschrauben - angefangen vom Grad an Bürokratie über den Kommunalisierungsgrad bis hin zum Personaleinsatz.

Der Antrag von SPD und GRÜNEN vermengt laut Dietmar Schulz (PIRATEN) die Altschuldenproblematik mit den Finanzierungsproblemen von Ländern und Kommunen. Auch suggeriere er, dass für viele Kommunen die ihnen vom Bund auferlegten sozialen Leistungen das größte Problem seien. Um aber glaubhaft zu demonstrieren, dass es wirklich um Rückzahlungsmodalitäten gehe, müsse NRW selbst erst einmal einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Da es diesen nicht gebe, rücke immer stärker in den Vordergrund, dass NRW mit dem Sparziel vollkommen überfordert sei. Schulz befürchtete, am Ende werde es in NRW zu einer strikten Sparpolitik kommen, die sich das Land nicht leisten könne.

Den Oppositionsfraktionen scheine in den letzten Jahrzehnten verborgen geblieben zu sein, was Nordrhein-Westfalen insgesamt alles für den Aufbau anderer Länder in West und Ost geleistet habe, kritisierte Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD). Aber nach Jahrzehnten der Aufbauarbeit für andere habe NRW heute selbst einen Strukturwandel zu bewältigen. Daher müsse über die Schieflage bei der Berücksichtigung Nordrhein-Westfalens im Länderfinanzausgleich gesprochen werden, forderte Walter-Borjans. Gerne könne man hier gemeinsam den NRW-Anteil auf plus/minus null stellen. Dann würde sich auch zeigen, woher andere Länder ihren ausgeglichenen Haushalt hätten.


ANGENOMMEN
Der Antrag (Drs. 16/5483) wurde nach Beratung in direkter Abstimmung mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN angenommen.

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Quelle:
Landtag intern 5 - 45. Jahrgang, 14.5.2014, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2014