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NORDRHEIN-WESTFALEN/2134: Landtag will virtuelles Kraftwerk für NRW (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Solardächer, vereinigt Euch!
Landtag will virtuelles Kraftwerk für NRW

Von Sonja Wand



5. Juni 2014 - Wenn Energie auf Dauer sauberer werden soll, sind künftig Sonne, Wind und Co. mehr gefragt als Kohle. Weil aber Sonne und Wind nicht so zuverlässig und regelmäßig Energie liefern wie konventionelle Kraftwerke, sind letztere als Lieferant für eine konstante Versorgung bisher unverzichtbar. Zu dieser sogenannten Grundlast kommen erneuerbare Energien hinzu. Sie stammen von einzelnen, dezentralen Stromlieferanten, aus Kraftwerken, vom Dach der Nachbarin oder der Biogasanlage des Bauern. Wenn es gelänge, all diese Stromlieferungen zusammenzuschalten, könnten sie als Ganzes eine gesicherte Energiemenge zur Verfügung stellen. Dieser Gedanke verbirgt sich hinter dem Stichwort "Virtuelles Kraftwerk", das mithilfe von Computertechnik zentral gesteuert werden und so langfristig konventionelle Großkraftwerke ersetzen könnte. SPD und GRÜNE wollen ein solches virtuelles Kraftwerk (Antrag), das die Große Koalition in Berlin als Pilotvorhaben prinzipiell anstrebt, nach NRW holen. Alle anderen Fraktionen unterstützen das Vorhaben.

Nordrhein-Westfalen müsse sich als Energieland Nummer eins nicht nur besonders engagieren, warb Rainer Schmeltzer (SPD) für den Antrag, sondern könnte auch von dem Vorhaben profitieren: "Ein virtuelles Kraftwerk, das die unterschiedlichen vorhandenen Energieträger nutzt, zusätzliche Wertschöpfung ermöglicht, zum Beispiel im Bereich der Informationstechnologie oder bei Investitionen in Verteilnetze, sowie Strom- und Wärmeerzeugung verbindet, wäre von besonderer Bedeutung für die energie- und industriepolitische Innovationskraft Nordrhein-Westfalens."

Auch Wibke Brems (GRÜNE) sah für das Projekt gute Voraussetzungen in NRW, wo Industrie wie auch Menschen in den Ballungszentren entsprechend viel Strom verbrauchten: "Ich bin davon überzeugt, mit diesem Pilotprojekt können wir praktisch und zusammen mit der Industrie und mit allen, die in Nordrhein-Westfalen innovativ unterwegs sind, zeigen, dass wir das, was wir eigentlich schon lange wissen, auch wirklich hinbekommen und dass das auch wirklich klappt mit einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien und gleichzeitig mit Versorgungssicherheit."

"Ein wärmendes Feuer aus Berlin für die Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen!", freute sich Thomas Kufen (CDU). Es gehe darum, gemeinsam mehr zu erreichen, erklärte er das Prinzip des virtuellen Kraftwerks. So könnten dann auch die erneuerbaren Energien Systemverantwortung mit übernehmen. Hürden sah Kufen noch in der aufwändigen Informations- und Datenverarbeitung. Das betreffe auch Sicherheitsfragen wie Cyberkriminalität. Insgesamt vermisste der Abgeordnete im Zusammenhang mit der Energiewende entsprechende forschungspolitische Weichenstellungen in Nordrhein-Westfalen.

Die Idee sei nicht neu, meinte Dietmar Brockes (FDP). Im Bundeswirtschaftsministerium sei das Anliegen bereits seit Jahren unterstützt und vorangebracht worden. "Wohin würde dieses Pilotprojekt der Bundesregierung besser hinpassen als nach Nordrhein-Westfalen, dem Energieland Nummer eins?", fragte der Abgeordnete. An die Zustimmung seiner Fraktion, das Projekt nach NRW zu holen, knüpfte Brockes aber auch die Erwartungen an die Landesregierung, "bitte nicht so dilettantisch vorzugehen" wie bei der "Schlappe beim Landeswettbewerb Elektromobilität".


Grundstein für zentrale Energiewende

"Ohne jeden Zweifel ist das Anliegen des Antrags richtig, wichtig und unterstützenswert", betonte Kai Schmalenbach (PIRATEN). Darin liege der Grundstein für eine zentrale Energiewende. Es sei aber auch zu klären, welche Daten erfasst würden, denn bei einem virtuellen Kraftwerk sei es notwendig, zu jeder Zeit zu wissen, welcher Verbrauch im Netz vorherrsche und welche Reserven das Kraftwerk noch habe. Virtuelle Kraftwerke bräuchten vermutlich kaum große Stromautobahnen, denn die Leistung käme aus der Nachbarschaft, warnte Schmalenbach vor falschen Investitionen.

Klimaschutzminister Johannes Remmel (GRÜNE) freute sich über die breite parlamentarische Unterstützung als Rückenwind für Verhandlungen mit dem Bund. Als gute Voraussetzungen nannte er die in Europa einzigartig dichte Forschungs- und Entwicklungslandschaft. Politik, Wissenschaft und Energiewirtschaft arbeiteten nun an einem "gescheiten und ordentlichen Vorschlag" für ein virtuelles Kraftwerk, das bisher zwar am Computer simuliert, aber in der Praxis noch nicht realisiert worden sei - "eine gewaltige Aufgabe", meinte Remmel, "aber eine richtige." sow


Der Landtag hat den Antrag (Drs. 16/5967) einstimmig angenommen.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 12
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. August 2014