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NORDRHEIN-WESTFALEN/2144: Gymnasien gesichert - Aktuelle Stunde zur Bildungspolitik (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Landesregierung: Gymnasien gesichert
FDP-Fraktion beantragt Aktuelle Stunde zur Bildungspolitik

Von Michael Zabka



1. Oktober 2014 - Die FDP-Fraktion im Landtag sorgt sich um den Erhalt der Gymnasien. Hintergrund ist ein Gutachten des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), das unter anderem in bestimmten Fällen die Umwandlung von Gymnasien in Gesamtschulen anregt. Zugleich fürchtet die FDP in Nordrhein-Westfalen "massive Absenkungen von Leistungsstandards" (Drs. 16/6908). In einer Aktuellen Stunde wandten sich alle anderen Fraktionen gegen diese Auffassung.


"Das Gymnasium darf nicht sterben" - dafür habe sich die FDP stets eingesetzt, begründete Yvonne Gebauer den Antrag. Die Schulform würden "von zwei Seiten in die Zange genommen". Gebauer sprach von einer "Attacke auf Gymnasien im ländlichen Raum". Denn es werde vorgeschlagen, sie in Gesamtschulen umzuwandeln, wenn keine andere weiterführende Schule am Ort bestehe. Offenbar sei es Ziel, möglichst viele Gymnasien zu schließen. Die "zweite Attacke" sei schleichender. Dass einmal aufgenommene Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss geführt werden müssten, führe den Bildungsauftrag, leistungsstarke Schüler auf ein Hochschulstudium vorzubereiten, ad absurdum.

Eva-Maria Voigt-Küppers (SPD) hielt den FDP-Antrag für "deutlich verfehlt". Im vorliegenden Gutachten gehe es um die "Gestaltung regionaler Bildungslandschaften". Entscheidend sei dabei der Elternwille. "Eltern wollen Gesamt- und Sekundarschulen, weil sie ihnen nämlich die Möglichkeit bieten, ihre Kinder wohnortnah zu beschulen", sagte Voigt-Küppers. Die Koalition wolle keineswegs Gymnasien schließen: "Das wäre realitätsfremd." SPD und GRÜNEN sei bewusst, dass es sich noch immer um die beliebteste Schulform handle. Gleichwohl gebe es Probleme, "die wir anfassen wollen". Dabei sei es "Brauch und gute Sitte", Lösungen gemeinsam mit den Betroffenen zu finden.

Die CDU sehe in dem Gutachten keinen Angriff aufs Gymnasium, erklärte Klaus Kaiser. Der VBE leiste vielmehr einen Diskussionsbeitrag zur Zukunft der Schulstruktur unter den verschärften Bedingungen des demografischen Wandels. Viele kleinere Kommunen in NRW stünden vor dem Problem, bei fortschreitendem Rückgang der Schülerzahlen keine weiterführende Schule mehr anbieten zu können. Die CDU empfiehlt deshalb, die Mindestgröße niedriger anzusetzen und die Gründung von Sekundarschulen damit zu erleichtern. Allerdings müsse differenziert werden: "Eine zweizügige Sekundarschule in Köln ist Quatsch, eine solche in Eslohe ist durchaus eine passgenaue Lösung."

Die FDP verkenne die Realitäten im Land, sagte Sigrid Beer (GRÜNE). Offenbar gehe es ihr darum, den Zugang zum Gymnasium zu erschweren. Das werde aber nicht gelingen: "Sie bremsen den Elternwillen mit Ihren antiquierten Bildungsvorstellungen in Nordrhein-Westfalen nicht aus." Die Gymnasien hätten sich längst auf einen Reformweg gemacht und befänden sich in einem Öffnungsprozess. Die FDP versuche, "den gelben Zaun um die Gymnasien zu ziehen". Das werde nicht klappen. "Lernen im Gleichschritt für wenige Auserwählte" sei ein Alleinstellungsmerkmal aus dem vergangenen Jahrhundert. Der Begriff der individuellen Förderung sei der FDP vollkommen abhandengekommen.

Monika Pieper (PIRATEN) hielt es für sinnvoller, mit dem Verfasser der VBE-Studie im Fachausschuss zu sprechen. Das Gerede von der leistungslosen Schule wertete sie als Panikmache. Das eigentliche Problem sei, dass zu viele junge Leute die Schule ohne Abschluss verließen. Bei der angesprochenen Umwandlung von Gymnasien in Gesamtschulen handle es sich um Einzelfälle. Das Gutachten nenne fünf Kommunen. "Wir brauchen ein Schulangebot für alle Schüler", sagte Pieper. Dies sei gerade auf dem Land ein Problem und führe dazu, dass Familien wegzögen: "Dann haben wir diesen Teufelskreis, dass es immer weniger Kinder und somit auch kein Schulangebot mehr geben wird."

Schulministerin Sylvia Löhrmann (GRÜNE) wertete den FDP-Antrag als "Gebräu aus Falschbehauptungen und Absurditäten". Er sage mehr aus über den Zustand der FDP als über den der Gymnasien. Die Landesregierung betrachte das vorgelegte Gutachten als Impuls, mit dem sie sich konstruktiv auseinandersetzen werde. Die Gymnasien in Nordrhein-Westfalen seien grundsätzlich abgesichert und keineswegs gefährdet, betonte Löhrmann: "Das steht im Schulkonsens und ist unterschrieben unter anderem von den Partei- und Fraktionsvorsitzenden, die diesen Schulkonsens geschlossen haben." Die rot-grüne Landesregierung stehe "ohne Wenn und Aber" zum Schulkonsens mit der CDU.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2014