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NORDRHEIN-WESTFALEN/2148: Unabhängigkeit im und vom Mandat (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Unabhängigkeit im und vom Mandat
Neue Regeln zur Offenlegung von Nebeneinkünften beschlossen - Kritik der PIRATEN

Von Christoph Weißkirchen



1. Oktober 2014 - Es gehe um Transparenz, um die Sicherstellung der Unabhängigkeit im Abgeordnetenmandat, betonten SPD, CDU, GRÜNE und FDP bei der Verabschiedung des 11. Abgeordnetengesetzes. Dieses beinhaltet künftige Regeln zur Offenlegung der Nebeneinkommen. Danach sollen diese zumindest zum Teil in einem Stufenmodell offengelegt werden. Eine Nebentätigkeit diene auch zur Unabhängigkeit vom Mandat, betonten die antragstellenden Fraktionen. Es bestehe nach wie vor die Möglichkeit zur Verschleierung der Nebeneinkünfte, befürchteten dagegen die PIRATEN; das sei in dem von ihnen vorgelegten Gesetzentwurf anders.


"Wir schaffen transparente Regeln für das, was nebenbei verdient wird", betonte Marc Herter (SPD). Damit sei der Landtag Nordrhein-Westfalen ein weiteres Mal Vorreiter auf diesem Gebiet. Kurzfristig und auf Euro und Cent offengelegt werden müssten insbesondere Einkünfte aus außerordentlichen Tätigkeiten wie Referentenhonorare, Honorare aus Aufsichtsratstätigkeiten sowie aus Beraterverträgen. Für ein langfristiges berufliches Engagement gelte dies in enggefassten Stufen. Eine solche Veröffentlichung diene auch dem Schutz der Abgeordneten vor unberechtigten Verdächtigungen, sie stünden in einem Beziehungsgeflecht, das ihre Unabhängigkeit gefährde.

"Berufsleben ermöglichen"

Wer Abgeordnete unter einen Generalverdacht stellen und daher Nebentätigkeit untersagen wolle, schade der parlamentarischen Demokratie insgesamt, schloss sich Lutz Lienenkämper (CDU) seinem Vorredner an. Wählerinnen und Wähler müssten allerdings erkennen können, ob es Abhängigkeiten gebe, die für das freie Mandat eines oder einer Abgeordneten schädlich seien. Lienenkämper zeigte sich überzeugt, dass es gelungen sei, Transparenzvorschriften zu schaffen, die diesen Anforderungen standhielten. So sehe der Gesetzentwurf den Schutz Dritter - Ehepartner, Kinder, Geschäftspartner - vor und differenziere außerdem zwischen Anzeige- und Veröffentlichungspflichten.

Mit diesem Gesetz würden die Transparenzerwartungen der Bürgerinnen und Bürger eingelöst, zeigte sich auch Sigrid Beer (GRÜNE) zufrieden. Sie sei sehr froh, "dass wir hier einen Schritt weiter gegangen sind als der Bundestag". So gebe es keinen nach oben offenen Bereich, sondern man könne, ab einer gewissen Grenze, die Nebentätigkeiten sowie die Einkünfte sehr genau beurteilen. Beer begrüßte, dass der Gesetzentwurf, anders als im Bundestag, von einer großen Mehrheit - außer den PIRATEN - getragen werde. Es gebe ein Berufsleben vor dem Mandat, und es müsse auch eines anschließend möglich sein. Deshalb dürfe Berufstätigkeit nicht ausgeschlossen werden, so Beer.

Auch Angela Freimuth (FDP) wertete den Gesetzentwurf als "Schritt in Richtung einer höheren Transparenz der Nebentätigkeiten von Abgeordneten". Die Regelungen seien ausgewogen; die Abgeordneten könnten eine berufliche Tätigkeit mit der Wahrnehmung des Mandats im Parlament in Einklang bringen. Es müsse möglich bleiben, dass Menschen aus allen Berufsgruppen für ein Abgeordnetenmandat kandidierten, ohne damit ihre berufliche Existenz aufs Spiel zu setzen. Der Gesetzentwurf der PIRATEN untersage dagegen jegliche berufliche und andere Nebentätigkeit. Das entspreche nicht ihrem Bild von Abgeordneten, die in der Gesellschaft verankert seien, erklärte Freimuth.

Verbieten wolle der Gesetzentwurf seiner Fraktion gar nichts, erwiderte Michele Marsching (PIRATEN). Er lehne das von den anderen Fraktionen vorgeschlagene Stufenmodell, das die Nebeneinkünfte weichzeichne, ab und trete für eine Veröffentlichung auf Heller und Pfennig ein, erklärte Marsching. Ebenso wandte er sich gegen hohe Bagatellgrenzen. Auch müsse deutlich werden, ob bei Abgeordneten wirklich die Landtagsarbeit im Mittelpunkt stehe. Die jetzige Entscheidung laute daher "transparent oder transparenter", so Marsching. Er befürchtete, dass die geplante neue Regelung weiterhin die Möglichkeit biete, Nebeneinkünfte zu verschleiern und zu verstecken.


ANGENOMMEN
Der Gesetzentwurf von SPD, CDU, GRÜNEN und FDP (Drs. 16/6124) wurde von diesen gegen die Stimmen der Fraktion der PIRATEN und einer Stimme aus der Fraktion der CDU in 2. Lesung angenommen und tritt am 1. Januar 2015 in Kraft. Der Gesetzentwurf der PIRATEN (Drs. 16/5745) wurde mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2014


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