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NORDRHEIN-WESTFALEN/2151: Streitfall Beamtenbesoldung (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Streitfall Beamtenbesoldung
Kann der öffentliche Dienst mit der Wirtschaft mithalten?

Von Wibke Busch/Christoph Weißkirchen



21. Oktober 2014 - Experten haben im Landtag Stellung zur geplanten Erhöhung der Beamtenbesoldung genommen. Bei der Anhörung gab es Kritik am Gesetzentwurf der Landesregierung, aber auch Zustimmung zu den Plänen. Die Neuregelung war notwendig geworden, weil das Landesverfassungsgericht die erste Regelung für die Jahre 2013 und 2014 im Juli für verfassungswidrig erklärt hatte.


Der Gesetzentwurf (Drs. 16/6688) sieht nun für beide Jahre ab der Besoldungsgruppe A 11 eine gestaffelte Erhöhung der Bezüge vor. Auf eine Nullrunde für höhere Beamte und Richter wird - anders als im ersten Gesetz - verzichtet. Das Ergebnis der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst wird weiter nicht eins zu eins auf die Beamten übertragen.

Die Kritiker des Gesetzentwurfes wiesen insbesondere darauf hin, dass der öffentliche Dienst im Wettbewerb um gute Mitarbeiter in Konkurrenz zur Wirtschaft stehe. Die Pläne der Landesregierung zur Beamtenbesoldung schwächten die Konkurrenzfähigkeit der Hochschulen, befürchtet etwa die Landesrektorenkonferenz der Universitäten. Ähnlich äußerte sich Prof. Christoph Seeßelberg für die Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen und forderte die vollständige Übernahme des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst auch für die Beamten.


"Fairer Kompromiß"

Für die Vereinigung der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter NRW betonte Dr. Carsten Günther, dass der Gesetzentwurf nach wie vor unzureichend sei. "Wir wollen die Besten im Westen", betonte er. Dies erreiche man aber nicht mit einem Bekenntnis zur geringstmöglichen Bezahlung. Günther appellierte daher an die Abgeordneten des Landtags, ihren Gestaltungsspielraum zu nutzen und den Entwurf der Landesregierung nachzubessern.

Zustimmung zu den Plänen kam von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Landesregierung und Gewerkschaften hätten nach schwierigen Verhandlungen einen "fairen Kompromiss" gefunden, den die GEW mittrage. Für die GEW betonte aber Dorothea Schäfer, dass mit der Zustimmung zum Gesetzentwurf kein Einverständnis einhergehe, auch künftig die Beamten von den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes abzukoppeln. Dies betonte auch Manfred Lehmann von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft.

Die kommunalen Spitzenverbände beklagten in ihrer Stellungnahme, dass sie nicht ausreichend an den Verhandlungen zwischen Landesregierung und Gewerkschaften beteiligt gewesen seien, die zu dem nun vorliegenden Kompromiss geführt hatten. Und dies, obwohl die von ihnen vertretenen Städte und Gemeinden genauso Dienstherren seien wie die Landesregierung. Ob der nun vorliegende Gesetzentwurf verfassungsrechtlich haltbar sei, könne nicht abschließend eingeschätzt werden. Er komme jedoch der Forderung der Verbände näher, eine "angemessene und in sich ausgewogene Übernahme des Tarifergebnisses auf den Beamtenbereich" vorzusehen.

Der Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW lehnte den Gesetzentwurf in der Anhörung ab. Die Besoldung der Richter und Staatsanwälte sei "verfassungswidrig zu niedrig", es bestehe eine "Unteralimentation". Die Gewerkschaft Verdi begrüßte dagegen den nun gefundenen Kompromiss mit der Landesregierung. Die vollständige Übertragung des Tarifergebnisses für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst auf die Beamten wäre zwar die beste Lösung gewesen. Dies sei aber auch nach der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts nicht durchsetzbar gewesen.

Auch die Gewerkschaft der Polizei trägt den Kompromiss mit. Landesvorsitzender Arnold Plickert sagte, die gefundene Lösung sei nicht "das Wunschergebnis" der Gewerkschaft, stelle aber eine "gerechte Anerkennung für die erbrachten Leistungen" dar.

Deutliche Kritik kam vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Der Landesverband betonte, auch der nun vorliegende Gesetzentwurf sei "verfassungswidrig". Die Bezüge der Beamtinnen und Beamten erreichten "weder der absoluten Höhe nach noch in Bezug auf die gebotene Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung ein verfassungskonformes Niveau".

Verschlechterungen seien in der Vergangenheit sehr schnell auf den öffentlichen Dienst übertragen worden, Verbesserungen - wie die Übernahme des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten - dagegen nicht, erläuterte Wilhelm Schröder vom Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs NRW.

Der Gesetzentwurf spiegle das Verhandlungsergebnis wider, erklärte Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung NRW. Allerdings sei mit Blick auf die Gleichbehandlung doch noch einmal zu überprüfen, ob man nicht auch in den Besoldungsgruppen ab A 12 auf den Versorgungsabschlag verzichten könne. Zukünftig werde man aufgrund des Dienst- und Treueverhältnisses auf die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses bestehen, kündigte Beckmann an.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 13
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Januar 2015


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