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NORDRHEIN-WESTFALEN/2156: Hooligan-Gewalt löst Entsetzen aus (Li)


Landtag intern 10/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Hooligan-Gewalt löst Entsetzen aus
Landtag debattiert über Krawalle und die Folgen

Von Wibke Busch



5. November 2014 - Der Gewaltausbruch bei einer Demonstration von Hooligans und Rechtsradikalen in Köln hat zu einem heftigen Schlagabtausch im Landtag geführt. In einer von den Fraktionen von CDU und PIRATEN beantragten Aktuellen Stunde übte die Opposition massive Kritik an Innenminister Ralf Jäger (SPD) und dem Konzept für den Polizeieinsatz. Warnungen im Vorfeld seien nicht ernst genommen worden. Jäger verteidigte den Einsatz und sprach zugleich von einer neuen Gefahr für die Gesellschaft.


In Köln war es am 26. Oktober bei einer Demonstration von mehr als 4.000 Hooligans und Rechtsradikalen gegen Salafisten zu heftigen Ausschreitungen und Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Dabei wurden fast 50 Beamte verletzt. Die Demonstration hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Für die PIRATEN-Fraktion kritisierte Daniel Düngel, dass das "rassistische, gewaltbereite Bündnis" aus Hooligans und Rechten von den Sicherheitsbehörden "massiv unterschätzt" worden sei. Dabei habe es im Vorfeld der Kölner Demonstration ausreichend Vorwarnungen gegeben. "Ich frage Sie, Herr Innenminister Jäger, warum wurde auf diese Vorwarnungen nicht gehört?" Düngel fragte weiter, warum in Köln nicht szenekundige Beamte eingesetzt worden seien, mit wie viel Demonstranten die Polizei wirklich gerechnet habe und warum die Demonstration habe "mitten in Köln" stattfinden dürfen. Diese Fragen müssten geklärt werden.

CDU-Fraktionschef Armin Laschet sprach von der größten gewalttätigen Demonstration von Rechten, die Deutschland seit Jahren erlebt habe, und kritisierte eine "Untätigkeit im Vorfeld". Diese Demonstration bedeute einen "nachhaltigen Schaden für NRW". Zugleich erlebe man einen Innenminister, der mehr mit Selbstverteidigung beschäftigt sei als mit dem Rechtsstaat. Laschet verwies auf eine Aussage von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), sie halte an ihrem Innenminister fest. Dann müsse sie im Landtag in einer Regierungserklärung darlegen, wie sie die Sicherheit im Land in Zukunft gewährleisten wolle.


"Schönfärberei"

Für die FDP forderte Dr. Robert Orth den Innenminister indirekt zum Rücktritt auf. Wenn auf diesem die Verantwortung des Amtes zu schwer laste, dann solle er sich davon befreien, sagte der Abgeordnete. Orth kritisierte vor allem, dass Jäger das Einsatzkonzept der Polizei in Köln als erfolgreich bezeichnet habe: "Das ist eigentlich nur erbärmlich." Der Minister müsse erklären, warum die Polizei im Vorfeld offenbar nur von 700 Demonstranten ausgegangen sei, obwohl es dann mehr als 4.000 gewesen seien. Jäger habe die Wirklichkeit nicht ernst genommen. "Ihre Schönfärberei lassen wir Ihnen auch nicht mehr durchgehen."

Der SPD-Abgeordnete Ibrahim Yetim warf den Oppositionsfraktionen vor, mit "durchsichtigen Anträgen" vom eigentlichen Thema abzulenken. In Köln sei eine neue Form der Gewalt aufgetreten, die bekämpft werden müsse. Ihr müsse der Boden entzogen werden. Mit Blick auf den Polizeieinsatz betonte Yetim, dass der Polizeichef in Köln durchaus von rund 4.000 Demonstranten ausgegangen sei. Die Opposition versuche hier, einen Widerspruch zwischen der Polizei und Innenminister Jäger zu konstruieren. Auch habe es im Vorfeld der Demonstration keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass es zu solchen "Gewaltexzessen" kommen könne.

Auch Verena Schäffer mahnte für die GRÜNEN-Fraktion, die Landespolitik müsse sich mit diesem neuen Gewaltphänomen beschäftigen. Das eigentliche Anliegen des Landtags müsse sein, dass sich ein solcher Gewaltausbruch wie in Köln nicht wiederhole. Schäffer wies die Kritik der Opposition am Polizeieinsatz zurück. Eine Abfrage bei Sicherheitsbehörden des Bundes und anderer Länder habe im Vorfeld der Demonstration keine Hinweise darauf ergeben, dass es zu solchen Ausschreitungen kommen könne. Man habe mit Gewalt gerechnet, daher seien auch Wasserwerfer bereitgestellt worden. Man habe aber nicht mit diesem Ausmaß gerechnet.

Innenminister Jäger betonte, die Lage, die die Polizei habe bewältigen müssen, sei schwierig gewesen: "Die verletzten Beamtinnen und Beamten, die erschreckenden Bilder der Krawalle - das war für uns kein Erfolg." Er sprach von einem neuen Phänomen, mit dem die Sicherheitsbehörden konfrontiert worden seien. Aus dem Zusammenwirken von gewaltbereiten Hooligans und rassistischen Rechtsextremisten ergebe sich eine neue Gefahr für die Gesellschaft. Der Minister stellte sich zugleich erneut hinter den Polizeieinsatz. Man sei in Köln von 4.000 Demonstranten ausgegangen, habe aber nicht mit dieser massiven Gewalt gerechnet.


ANTRÄGE
Der Debatte über den Einsatz in Köln lagen Anträge der Fraktionen von PIRATEN, CDU und FDP zugrunde. Drucksachen: Drs. 16/7211, Drs. 16/7212 und Drs. 16/7168.

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Quelle:
Landtag intern 10 - 45. Jahrgang, 3.12.2014, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2015


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