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NORDRHEIN-WESTFALEN/2157: Flüchtlingsgipfel - Vereinbarungen werden umgesetzt (Li)


Landtag intern 10/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM Flüchtlingsgipfel: Vereinbarungen werden umgesetzt
Dennoch kein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen

Von Michael Zabka



5. November 2014 - Die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in NRW soll verbessert, das vom Flüchtlingsgipfel am 20. Oktober in Essen vereinbarte Maßnahmenpaket zügig umgesetzt werden. Das hat der Landtag nach einem gemeinsamen Antrag von SPD und GRÜNEN beschlossen. CDU und FDP enthielten sich, die PIRATEN waren dagegen. Weitere Anträge von der FDP bzw. den PIRATEN wurden zur Beratung an den federführenden Integrationsausschuss überwiesen.


Hintergrund der Debatte waren die Übergriffe auf Flüchtlinge durch Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste in Unterkünften des Landes. Auf dem "Flüchtlingsgipfel", an dem auf Einladung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen, Verbänden sowie aller Landtagsfraktionen teilgenommen hatten, wurde unter anderem vereinbart, weiteres Personal einzustellen und bis Ende des Jahres in den Flüchtlingsunterkünften des Landes 1.800 zusätzliche Plätze zu schaffen. Außerdem sollen die Landeszuweisungen an die Kommunen in diesem Jahr um weitere 40 Millionen auf insgesamt 183 Millionen Euro erhöht werden. Die eingeleiteten flächendeckenden Kontrollen zur Überprüfung der Sicherheitsund Qualitätsstandards sollen fortgesetzt, ein dezentrales Beschwerdemanagement in jeder Landeseinrichtung installiert werden. Weitere Maßnahmen: mehr Geld für die soziale Beratung von Flüchtlingen, Schaffung eines Härtefallfonds für Kommunen, die durch besonders hohe Krankenkosten belastet werden, ein standardisiertes Impfangebot in den Einrichtungen. Die Bundesregierung solle zudem aufgefordert werden, "die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen schnelleren Zugang zu Ausbildung, Hochschule und Arbeit zu schaffen".

Es gehe nun darum, die Ergebnisse des Gipfels zügig umzusetzen, sagte Hans-Willi Körfges (SPD). Die Anträge von SPD/GRÜNEN, FDP und PIRATEN seien zwar formal unterschiedlich, aber inhaltlich sehr ähnlich. Körfges warb für eine fraktionsübergreifende Mehrheit. Eine neue Flüchtlingspolitik sei keine Frage parteipolitischer Unterschiede. Der Antrag sei ein konkreter erster Schritt zur Umsetzung des Flüchtlingsgipfels.

Ähnlich äußerte sich Monika Düker (GRÜNE). Es gebe "tragfähige Schnittmengen". Sie bedauerte, dass die Opposition den gemeinsamen Weg trotz anderslautender Ankündigung nicht mehr mitgehen wolle. Mit dem Antrag wolle man sich nur die während des Gipfels getroffenen Vereinbarungen vom Parlament bestätigen lassen. Ein gemeinsamer Antrag könne ein Signal sein, "dass wir auf mehr Unterstützung aus Berlin angewiesen sind".

Frank Herrmann (PIRATEN) fehlte im Antrag von SPD und GRÜNEN das Eingeständnis, in der Vergangenheit Fehler gemacht zu haben. Er sprach von einem "Show-Antrag" und vermisste unter anderem einen verbindlichen Zeitplan zur Umsetzung der Maßnahmen. Die nach den Übergriffen eingerichtete Task-Force habe sich innerhalb von vier Wochen in zwei Flüchtlingsunterkünften des Landes nicht einmal angekündigt, kritisierte Herrmann.


"Gespräche ausgeblieben"

"Wir bekennen uns zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels", erklärte Dr. Joachim Stamp (FDP). Die von Ministerpräsidentin Kraft angekündigten Gespräche mit den Fraktionen zur Umsetzung seien allerdings ausgeblieben. Stattdessen seien die Fraktionen schriftlich aufgefordert worden, sich binnen 48 Stunden zu entscheiden, ob sie sich dem Antrag anschließen werden oder nicht. Statt Gesprächen habe es ein Ultimatum gegeben.

Der CDU gehe der Antrag nicht weit genug, sagte André Kuper und forderte einen "Heim-Tüv" und eine Ombudsstelle innerhalb der Landesregierung. Man kündige den Konsens nicht auf, sondern erwarte "verantwortliches Handeln". Fraktionschef Armin Laschet kritisierte, dass das Beschwerdemanagement in der Verantwortung von Innenminister Ralf Jäger (SPD) liegen solle. So werde es nicht zu einer Verbesserung der Situation kommen.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) wies auf die Gemeinsamkeiten der Anträge hin. "Wir nehmen jetzt und in Zukunft die Situation verstärkt aus dem Blickwinkel der Flüchtlinge wahr", sagte er. Nach dem "Flüchtlingsgipfel" gehe es nun darum, Taten folgen zu lassen. Vom Bund forderte er mehr finanzielle Unterstützung. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) äußerte nach der Kritik von CDU, FDP und PIRATEN am rotgrünen Antrag die Befürchtung, "in parteipolitischen Klein-Klein-Auseinandersetzungen zu landen". Der Opposition sei ein Entwurf geschickt worden, über Änderungen hätte man reden können. "Sind wir noch beieinander oder nicht?", fragte sie.


ANTRÄGE
Folgende Anträge lagen der Diskussion zugrunde: SPD/GRÜNE (Drs. 16/7145), Piraten (Drs. 16/7152), FDP (Drs. 16/7165).

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Quelle:
Landtag intern 10 - 45. Jahrgang, 3.12.2014, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2015


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