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NORDRHEIN-WESTFALEN/2245: Grundschulen im Blick (Li)


Landtag intern 5/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Grundschulen im Blick
Debatte über Unterricht, Klassengrößen und Lehrerstellen

Von Daniela Braun, Michael Zabka und Wibke Busch


9. Juni 2016 - Der Landtag hat sich mit der Situation an nordrhein-westfälischen Grundschulen befasst. Hintergrund war eine Umfrage des Landesverbands Bildung und Erziehung (VBE). Der Verband klagt u. a. über Unterrichtsausfall und zu große Klassen. In einer von den Oppositionsfraktionen beantragten Aktuellen Stunde wurde das Thema kontrovers diskutiert.


Der Debatte lagen ein Antrag der PIRATEN-Fraktion (Drs. 16/12178) sowie ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU und FDP (Drs. 16/12179) zugrunde. Der VBE-Umfrage zufolge hat jede dritte Grundschule nicht die Zahl an Lehrkräften, die ihr nach dem festgelegten Personalschlüssel zustehe. Zwei Drittel der Grundschulen hätten zudem angegeben, keine personelle Reserve zu haben, um kurzfristigen Unterrichtsausfall zu vermeiden. An der Umfrage hatten sich nach Angaben des VBE 45 Prozent der öffentlichen Grundschulen beteiligt.

"Die Zuschriften aus den Grundschulen werden immer verzweifelter", sagte PIRATEN-Fraktionschef Michele Marsching. Dies führte er auf zu wenig personelle und finanzielle Mittel zurück, wodurch auch die Inklusion und die individuelle Förderung der Kinder auf der Strecke blieben. Während die Oberstufe verhältnismäßig gut ausgestattet sei, herrsche in den Grundschulen großer Mangel, betonte Marsching. Dies werde ihrer Bedeutung als Ort, an dem die Basis für die Bildung gelegt werde, nicht gerecht. Marsching forderte die Regierung auf, in die Zukunft zu investieren: "Bildung muss aus der Schuldenbremse heraus."

"Gute Perspektive fürs Leben"

Auch CDU-Fraktionschef Armin Laschet unterstrich die Chance der Grundschulen, allen Kindern eine gute Perspektive fürs Leben zu ermöglichen. Doch viele Lehrerstellen seien unbesetzt, Sonderpädagogen für die Inklusion fehlten und Unterricht falle regelmäßig aus. Laschet forderte Rot-Grün auf, ausgefallene Stunden richtig zu erfassen, denn Kinder in NRW hätten während der Grundschulzeit im Schnitt insgesamt ein halbes Jahr weniger Unterricht als in Bayern. "Lassen Sie das mit den PR-Aktionen und Modellprojekten", rief Laschet der Regierung zu. Sie solle handeln, sonst lasse sie am Ende mehr Kinder zurück, als sie übernommen habe.

Die Landesregierung habe sich vom Recht eines jeden Kindes auf individuelle Förderung verabschiedet, sagte Yvonne Gebauer (FDP). Den Grundschulen werde zu viel zugemutet. Sie sprach von einer "katastrophalen Umsetzung der Inklusion" und den Herausforderungen durch die Integration von Flüchtlingskindern. Für die Förderung besonders begabter Kinder stünden keine Ressourcen mehr zur Verfügung. Die Landesregierung spiele mit den "Lebenschancen der Schülerinnen und Schüler". Gebauer erinnerte an das von Rot-Grün formulierte Ziel, kein Kind zurückzulassen. Tatsächlich aber hole die Landesregierung viele Kinder gar nicht mehr ab.

Renate Maria Hendricks (SPD) hielt die Kritik der Oppositionsfraktionen für nicht berechtigt. Alle seien sich einig, dass die Grundschulen von zentraler Bedeutung seien. Zudem sei die VBE-Umfrage zur Situation der Grundschulen in Nordrhein-Westfalen nicht repräsentativ. Die durchschnittliche Klassengröße liege aktuell bei 23,2 Schülerinnen und Schülern - und nicht bei 24,3, wie vom VBE angegeben. Zudem sei die Lehrerversorgung besser als in Zeiten der schwarz-gelben Regierungskoalition. Die Entwicklung der Schülerzahlen durch die Aufnahme von Flüchtlingskindern sei nicht absehbar gewesen.

Sigrid Beer (GRÜNE) wies die Kritik der Opposition ebenfalls zurück. SPD und GRÜNE hätten in den vergangenen sechs Jahren viel getan, um die Grundschulen zu stärken. So seien nicht nur keine Stellen abgebaut worden, obwohl die Zahl der Schülerinnen und Schüler seit 2010 um mehr als 27.000 zurückgegangen sei. Es seien vielmehr 1.700 zusätzliche Stellen geschaffen worden, damit kleine Standorte erhalten werden könnten. "Alles, was wir versprochen haben, haben wir umgesetzt." Beer sagte zugleich, dass es noch weitere Aufgaben gebe. Sie nannte konkret eine Anhebung der Besoldung von Grundschullehrerinnen und -lehrern.

Schulministerin Sylvia Löhrmann (GRÜNE) kritisierte, die Opposition suggeriere, dass die Grundschulen "explizit schlecht behandelt" würden. Dies sei nicht der Fall. Im Gegenteil habe keine andere Landesregierung mehr in diesen Bereich investiert als die derzeitige rot-grüne. So sei das im November 2012 vom Landtag beschlossene Grundschulkonzept "auf Punkt und Komma" umgesetzt worden, u. a. durch 1.700 zusätzliche Stellen. Dies sei eine "echte Standardverbesserung". Der Schuletat sei "massiv gewachsen". Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung habe dagegen "viel versprochen und nichts eingehalten".

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Quelle:
Landtag intern 5 - 47. Jahrgang, 14.06.2016, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2016

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