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NORDRHEIN-WESTFALEN/2247: Erste Hilfe und Wiederbelebung Themen im Gesundheitsausschuss (Li)


Landtag intern 5/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Wenn jede Minute zählt
Erste Hilfe und Wiederbelebung Themen im Gesundheitsausschuss

Von Michael Zabka


25. Mai 2016 - Ein Mensch bricht zusammen. Kreislaufstillstand. Zeugen rufen den Rettungsdienst. Erste Hilfe leisten sie jedoch nicht. Vielleicht, weil sie Angst haben, etwas falsch zu machen. Bis zum Eintreffen des Notarztes vergehen Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können. Das Thema stand nun im Mittelpunkt einer Sachverständigen-Anhörung des Gesundheitsausschusses. Grundlage war ein Antrag der FDP-Fraktion.


Plötzlicher Herztod und Kreislaufstillstand seien in Deutschland die dritthäufigste Todesursache, heißt es im Antrag der FDP-Fraktion ("Leben retten - Förderung der Ersten Hilfe und Wiederbelebung durch Laien bringt mehr Erfolg", Drs. 16/10079). Mehr als 100.000 Menschen seien im Jahr davon betroffen. Viele könnten überleben, wenn anwesende Laien schnell eingreifen würden, schreiben die Liberalen. Die Bereitschaft dazu sei jedoch sehr gering. Sie könne aber durch die Vermittlung besserer Kenntnisse gesteigert werden. Aus diesem Grunde regt die Fraktion u. a. an, Schülerinnen und Schüler von der 7. Klasse an flächendeckend in Nordrhein-Westfalen in Erster Hilfe zu unterrichten. Ebenso sollte in allen Rettungsleitstellen die sogenannte Telefonreanimation eingeführt werden. Das heißt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Leitstellen leiten Ersthelfer telefonisch bei der Wiederbelebung an. Außerdem solle die Landesregierung "innovative Konzepte im Rettungswesen" erproben - etwa die "Alarmierung ausgebildeter Ersthelfer in unmittelbarer Nähe von Notfallpatienten über eine durch die Leitstelle aktivierte Smartphone-App".

Ausbildung ab der 7. Klasse

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) begrüßte den Antrag. Es gelte der Grundsatz: "Nicht der Rettungsdienst rettet ein Leben, sondern jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger im therapiefreien Intervall bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes." Durch Aufnahme in den Schulunterricht könne die Erste Hilfe einen höheren Stellenwert erhalten. Kinder und Jugendliche lernten die Herz-Lungen-Wiederbelebung und könnten darüber hinaus Eltern, Geschwister, Freundinnen und Freunde dazu anregen, einen Kompaktlehrgang zu besuchen: "Dies wäre der Beginn einer flächendeckenden Ausbildung in Erster Hilfe." Das DRK empfiehlt eine kontinuierliche Ausbildung. Sinnvoll sei der Beginn in der 7. Klasse mit Anbindung an den Biologie-Unterricht.

Der "Deutsche Rat für Wiederbelebung" (GRC, German Resuscitation Council) unterstützte den Antrag ebenfalls. In NRW fordere der Herzkreislauf-Stillstand jährlich mindestens 17.500 Todesfälle. Viele Menschen könnten gerettet werden, "wenn mehr Laien gleich mit ganz einfachen Maßnahmen beginnen würden", um die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes zu überbrücken. Das Gehirn werde so weiter mit Sauerstoff versorgt, ohne den es bereits nach 3 bis 5 Minuten sterben würde. Studien belegten, dass einfache Maßnahmen durch Laien die Überlebenschancen der Betroffenen verdoppeln bis vervierfachen. Allerdings hätten viele potenzielle Ersthelfer Angst, etwas falsch zu machen. Dabei sei Wiederbelebung kinderleicht: "Das Einzige, was man falsch machen kann, ist, nichts zu tun." Die entsprechenden Kenntnisse würden den meisten "zu spät und ausschließlich im Rahmen des Erste-Hilfe-Kurses zum Führerschein vermittelt". Sinnvoller sei es, bereits in der Schule damit zu beginnen.

Der Rettungsdienst in Nordrhein-Westfalen sei auch im Vergleich mit anderen Bundesländern gut aufgestellt, befand die Arbeitsgemeinschaft Notärzte in NRW. Dies gelte für Ballungszentren und Flächenkreise. Ein großer Teil der Notfallpatienten und -patientinnen könne innerhalb weniger Minuten von professionellen Helfern erreicht werden. Bei einem Teil sei dies aus unterschiedlichen Gründen jedoch nicht möglich. Bereits heute würden deshalb in unterschiedlichem Ausmaß sogenannte "First-Responder-Konzepte" verfolgt. Beispiele seien die Bestückung von Polizei- und Feuerwehrfahrzeugen mit automatischen Geräten zur Elektrotherapie, zudem sollen Disponenten in Rettungsleitstellen Anrufer bei der Wiederbelebung anleiten. Ein neues Konzept orte über Mobilfunk Freiwillige mit fachlicher Vorbildung in der Nähe des Notfallortes. Alles dies könne jedoch "nicht verhindern, dass bis zu ersten wirksamen Maßnahmen Minuten vergehen und es sein kann, dass der Notfallpatient bereits vor Eintreffen des Rettungsteams einen irreparablen Hirnschaden erleidet". Durch eine verstärkte Breitenausbildung werde aus notärztlicher Sicht "ein bisher nur begrenzt zugängliches Zeitfenster geöffnet, welches für das Überleben eines akuten Kreislaufstillstandes, insbesondere für ein Überleben ohne dauerhafte Beeinträchtigung, von zentraler Bedeutung ist".

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Quelle:
Landtag intern 5 - 47. Jahrgang, 14.06.2016, S. 13
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2016

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