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NORDRHEIN-WESTFALEN/2259: Eine Schachtel Pralinen für die Sekretärin - Interview mit Eckhard Uhlenberg (Li)


Landtag intern 7/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

70 Jahre Landtag NRW
Eine Schachtel Pralinen für die Sekretärin
Interview mit Eckhard Uhlenberg

Von Wibke Busch und Michael Zabka


Eckhard Uhlenberg ist seit mehr als 30 Jahren Abgeordneter des Landtags. Der CDU-Politiker war Landtagspräsident, Minister und ist in dieser - seiner letzten - Wahlperiode Erster Vizepräsident. Im Interview berichtet er von Erfahrungen, Veränderungen und seinen Wünschen zum 70. Geburtstag von Land und Landtag.


Landtag Intern: Herr Vizepräsident, Sie sind jetzt seit mehr als drei Jahrzehnten Abgeordneter des Landtags, verfügen über sehr viel Erfahrung und haben viel erlebt. Gibt es noch Momente, die Ihr Herz als Parlamentarier höher schlagen lassen oder ist das alles längst Routine?

Eckhard Uhlenberg: Nein, das ist in all den Jahren für mich keine Routine geworden. Natürlich gibt es ein Stück Sicherheit, wenn man so lange Abgeordneter ist. Aber ich glaube, wenn es anfängt, Routine zu werden, dann hat man ein Problem. Es ist immer noch eine spannende Angelegenheit, kein Tag ist wie der andere. Ich bin immer gerne Landtagsabgeordneter gewesen. In den 80er-Jahren gab es auch die Möglichkeit, für das Europäische Parlament und den Bundestag zu kandidieren. Das habe ich nicht gemacht. Ich sah meine Aufgabe in der Landespolitik. Es ist nie Routine geworden, weil ich auch sehr unterschiedliche Aufgaben in dieser Zeit wahrgenommen habe - als stellvertretender Fraktionsvorsitzender, als Minister, als Landtagspräsident, jetzt als Erster Vizepräsident.


Landtag Intern: Als Sie 1980 erstmals in den Landtag eingezogen sind, hat das Parlament noch im Ständehaus getagt.

Eckhard Uhlenberg: Der Unterschied zum heutigen Landtag bestand darin, dass die Arbeit der Abgeordneten in einem wesentlich kleineren Gebäude verrichtet wurde. Wir hatten zunächst keine Büros. Es gab einen Raum neben dem Fraktionssaal, der auch als Abstellraum genutzt wurde, dort gab es fünf Telefonapparate, von denen aus wir unsere Kommunikation führen konnten. Wir hatten keine eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landtag, nur im Wahlkreisbüro. Wenn man eine Kleine Anfrage stellen wollte, musste man die Sekretärin der wissenschaftlichen Mitarbeiter freundlich um Unterstützung bitten, was dann im Anschluss mit einer Schachtel Pralinen gedankt wurde. Vieles musste improvisiert werden.


Landtag Intern: Vermutlich gab es auch keine Kantine.

Eckhard Uhlenberg: Doch. Die Kantine, die abgerissen ist, befand sich auf dem Landtagsgebäude am Schwanenspiegel. In einem ersten Raum konnte man schnell eine Suppe essen, der zweite war etwas edler. Da lagen sogar Bastdeckchen auf den Tischen.


Landtag Intern: Wie war Ihr Eindruck vom neuen Gebäude?

Eckhard Uhlenberg: Die Arbeitsbedingungen im neuen Landtag wurden wesentlich besser.


"Es begann mit Faxgeräten"


Landtag Intern: Was hatte sich verändert?

Eckhard Uhlenberg: Im alten Plenarsaal war es eng. Es gab keine große Distanz zwischen dem Rednerpult und den Fraktionen. Und nicht zu unterschätzen war die Kaffeeklappe. Ich kann mich noch daran erinnern, dass der damalige Ministerpräsident Johannes Rau dort an Plenartagen Karten gespielt hat. Das wäre heute unvorstellbar. Der politische Druck auf Regierungsmitglieder und Abgeordnete war einfach nicht so hoch.


Landtag Intern: Hängt der Druck heute auch mit der veränderten Medienwelt zusammen?

Eckhard Uhlenberg: Ja, das glaube ich schon. Es begann mit den Faxgeräten. Vorher hat es zwei, drei Tage lang gedauert, bis man beispielsweise einen Brief bekam.


Landtag Intern: Welche Herausforderungen kommen in Zukunft auf die Landesparlamente zu? Es gibt ja immer wieder die Debatte, ob man sie überhaupt noch braucht.

Eckhard Uhlenberg: Ich glaube, das ist eine ganz entscheidende Debatte auch für die nächste Wahlperiode: die Frage nach der Zukunft des Föderalismus. Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Die Bundesländer sind älter als der Bund. Und die gleichwertigen Lebensverhältnisse sind ein Ergebnis des Föderalismus. Wir müssen darauf achten, dass die Kompetenzen der Länder nicht weiter geschwächt werden. Das permanente Rufen nach dem Bund, wenn es um die Finanzen geht, hat Vor- und Nachteile. Natürlich brauchen die Länder Finanzmittel, es muss einen fairen Ausgleich geben zwischen dem Bund und den Bundesländern, damit die Länder ihre Aufgaben wahrnehmen können. Ich habe den Eindruck, dass auch die Kernbereiche der Landespolitik - beispielsweise Schule und Kulturpolitik, Hochschulen, Innere Sicherheit, Rechtspolitik, Umweltpolitik, Kommunale Selbstverwaltung, regionale Wirtschaftspolitik - gefährdet sind.


Landtag Intern: Der Landtag wird im Herbst eine landtagsgeschichtliche Ausstellung in der Villa Horion in Düsseldorf eröffnen - ein Projekt, das insbesondere auf Ihre Initiative hin realisiert wird. Welches Ziel steckt hinter dieser Idee?

Eckhard Uhlenberg: Es geht darum, die Arbeit des Landtags in den sieben Jahrzehnten erlebbar zu machen. Die Ausstellung soll über die vier verschiedenen Standorte, an denen das Parlament getagt hat, informieren und die Themen aufarbeiten, die in der jeweiligen Legislaturperiode im Landtag prägend waren. Ich habe einen kleinen Arbeitskreis dazu begleitet.


Landtag Intern: Was wünschen Sie dem Land und dem Landtag Nordrhein-Westfalen zum 70. Geburtstag?

Eckhard Uhlenberg: Ich wünsche mir, dass Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft ein friedliches, freundliches und weltoffenes Bundesland bleibt.


Landtag Intern: Es ist Ihre letzte Wahlperiode, Sie werden nicht mehr antreten. Wissen Sie schon, wie Sie das Mehr an Zeit nutzen werden?

Eckhard Uhlenberg: Ich lasse das auf mich zukommen.


Landtag Intern: Ganz ohne Politik?

Eckhard Uhlenberg: Ich werde immer ein politischer Mensch bleiben. Trotzdem ist es richtig, dass ich aufhöre. Eine neue Generation steht parat. Alles hat seine Zeit.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 47. Jahrgang, 21.09.2016
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2016

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