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NORDRHEIN-WESTFALEN/2271: Dem Täter auf der Spur (Li)


Landtag intern 9/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Dem Täter auf der Spur
Sachverständigen-Anhörung im Innenausschuss zu Wohnungseinbrüchen

Von Michael Zabka


27. Oktober 2016 - Mehr Ermittlungskommissionen, Tatortaufnahme durch Spezialteams, Schleierfahndung, Computerprogramme zur Vorhersage von Straftaten - dies sind vier von insgesamt sieben Maßnahmen, mit denen die CDU-Fraktion Einbrechern das Leben schwer machen will. In einer Anhörung des Innenausschusses äußerten sich Sachverständige überwiegend zustimmend. Allerdings sei mehr Personal erforderlich.


Grundlage der Anhörung war der Antrag "Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls" (Drs. 16/12344, siehe Infokasten). Mit insgesamt 62.362 Fällen sei im vergangenen Jahr in NRW ein neuer Höchststand erreicht worden, schreibt die CDU-Fraktion: "Um annähernd auf das Deliktniveau Nordrhein-Westfalens zu kommen, muss man alle Wohnungseinbrüche aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt zusammenrechnen." Die Fraktion kritisiert "eine inakzeptabel niedrige Aufklärungsquote von lediglich 13,8 Prozent".

In Ballungsräumen sei es generell schwieriger, Straftaten aufzuklären, als in weniger bewohnten Gebieten, hielt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) dagegen. Die Anonymität sei in Städten größer, es gebe weniger Hinweise auf Tatverdächtige. NRW mit seinen vielen Großstädten und dem Ballungsraum Rhein-Ruhr könne daher kaum mit Bayern, Baden-Württemberg oder Niedersachsen verglichen werden. Die Gewerkschaft forderte u. a. zusätzliches Personal für die Spurensicherung. Außerdem sollten Mindeststandards zur Einbruchssicherheit in die Landesbauordnung aufgenommen werden. Computerprogramme zur Vorhersage von Straftaten seien eine sinnvolle Ergänzung, müssten aber erprobt werden. Die in Bayern gewonnenen Erfahrungen in diesem Zusammenhang seien "überaus positiv", so das bayerische Landeskriminalamt in einer Stellungnahme für den Ausschuss. Allerdings entfalte die Software nur dann ihre Wirkung, wenn auch genug Einsatzkräfte in den Alarmgebieten zur Verfügung stünden.

Wie die GdP hielt auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) verdachts- und ereignisunabhängige Personenkontrollen ("Schleierfahndung") für sinnvoll. In NRW fehlten dafür jedoch die rechtlichen Grundlagen. Das "Maßnahmenpaket" sei umfangreich und "an mehreren Stellen geeignet, die Ermittlungsleistung zu verbessern", so die DPolG. Spezialteams für die Tatortaufnahme bei Wohnungseinbrüchen seien jedoch nicht erforderlich. Dafür seien die Kräfte des Wachdienstes ausgebildet.

Aufklärungsquote

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (bdk) unterstützte den Antrag, wies zugleich aber auf die Personalsituation hin: "Eine begrenzte Anzahl von Personal kann nur eine begrenzte Zahl von Fällen klären. Steigende Fallzahlen bei gleichem Personalbestand führen zwangsläufig zu sinkenden Aufklärungsquoten."

Dr. Frank Kawelovski (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW) hielt Aufklärungsquoten für wenig aussagekräftig. Sie seien "massiven Verzerrungen ausgesetzt". In vielen Bundesländern und Polizeibehörden bildeten sie nicht ab, "wie viele Einbrecher tatsächlich beweissicher überführt worden sind".

Die Möglichkeiten, deutlich mehr Täter beweiskräftig zu ermitteln, seien begrenzt, so das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen - vor allem, weil oft Spuren und Zeugen fehlten. Zu den aussichtsreichen Maßnahmen zählten "ein gezielter Personaleinsatz, die Deliktspezialisierung bei Polizei und Staatsanwaltschaft, die Verkürzung der Auswertungszeit von DNA-Spuren, die Zusammenarbeit der Ermittlungseinheiten in Deutschland und Europa sowie die Erleichterung der Funkzellenabfrage".

Die Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls sei seit 2010 ein strategischer Schwerpunkt der NRW-Polizei, hieß es in der Stellungnahme des Landeskriminalamts. Damit sei man "Vorreiter in Deutschland". Die getroffenen Maßnahmen, darunter die Aktion "Riegel vor!", zeigten Wirkung: Die Fallzahlen seien in den ersten drei Quartalen 2016 zurückgegangen, der Trend sinkender Aufklärungsquoten gestoppt. Der Anteil der Taten, bei denen es beim Versuch blieb, sei gestiegen.


KASTEN
 
Forderungen

Die CDU-Fraktion stellt in ihrem Antrag sieben Forderungen:

  • Verdopplung der Anzahl von Ermittlungskommissionen
  • Tatortaufnahme ("erster Angriff") durch feste Teams mit klar definierten Aufgaben
  • Ermöglichung der Schleierfahndung
  • Zeitnaher landesweiter Einsatz von "Predictive Policing" (Software zur Vorhersage von Straftaten)
  • Sicherheitskooperationen mit angrenzenden Bundesländern
  • Verbesserte Zusammenarbeit von Polizei und Justiz mit europäischen Nachbarländern
  • Sofortiger Verzicht auf "sinnlose" Blitzmarathons, um die frei werdenden Personalstunden zur Bekämpfung der Wohnungseinbrüche einzusetzen.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 47. Jahrgang, 15.11.2016, S. 8
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2016

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