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NORDRHEIN-WESTFALEN/2285: Steuern und Gerechtigkeit (Li)


Landtag intern 3/2017
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Steuern und Gerechtigkeit
Sachverständige äußern sich im Haushalts- und Finanzausschuss

von Michael Zabka


9. März 2017 - Das Thema "Steuergerechtigkeit" stand im Mittelpunkt einer Sachverständigen-Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses. Anlass war ein Antrag der Fraktionen von SPD und GRÜNEN. Sie fordern u. a. eine "echte Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen". Zugleich müssten die Ressourcen der Finanzverwaltung zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung weiter gestärkt werden.


Die Deutsche Steuergewerkschaft schätze den Schaden durch Steuerhinterziehung für Deutschland auf jährlich 30 Milliarden Euro, schreiben die Fraktionen in ihrem Antrag ("Nordrhein-Westfalen für Steuergerechtigkeit! Steuerkriminalität bekämpfen - Steuergerechtigkeit herstellen - gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern", Drs. 16/13997). Dabei werde das Geld dringend gebraucht - "für nachhaltige Zukunftsinvestitionen in Bildung, Kommunen und Infrastruktur, zur Bekämpfung von Armut, im Kampf für Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit sowie um unsere natürlichen Ressourcen und Lebensgrundlagen zu schützen".

Die Vermögensverteilung in Deutschland werde immer ungerechter, heißt es im Antrag weiter. Große Vermögen und große Erbschaften würden im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich besteuert, "mittlere und insbesondere kleine Einkommen durch steigende und nicht progressiv gestaltete Sozialabgaben übermäßig belastet". Es sei eine "Parallelgesellschaft entstanden, in der internationale Konzerne und besonders Vermögende von staatlichen Leistungen profitieren, sich aber einem angemessenen Finanzierungsbeitrag für das Gemeinwesen entziehen".

Es sei folgerichtig, "die höchsten Einkommen und größten Vermögen wieder stärker in die Pflicht für die solidarische Finanzierung eines modernen und zukunftsfesten Gemeinwesens zu nehmen", so der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer Stellungnahme für den Ausschuss. Die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung sei in Deutschland "außerordentlich groß", das private Nettovermögen konzentriere sich "in sehr wenigen Händen". Deshalb bedürfe es einer Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Vermögensteuer

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sah das anders und warnte vor der Wiedereinführung der Vermögensteuer - sie würde dem Standort Deutschland schaden: "Allein die Erhebungs- und Vollzugskosten wären für Unternehmen und Finanzverwaltung enorm hoch aufgrund der jährlichen Bewertung aller Vermögensarten." Es handle sich um eine "komplexe und wachstumsfeindliche Steuer". Die Forderung "Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache" sei in Deutschland seit langem erfüllt. Berechnungen des Bundesfinanzministeriums zufolge hätten die oberen 10 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen im Jahr 2014 insgesamt 55,5 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens getragen.

In der Steuerpolitik bestehe auf Landesebene "nur ein sehr eingeschränkter Spielraum", befand Dr. Katja Rietzler vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in ihrer Stellungnahme. Das Land Nordrhein-Westfalen gehe deshalb den richtigen Weg, wenn es auch den Bund in die Pflicht nehmen wolle. Unerlässlich sei ein konsequenter Steuervollzug: "Der Staat muss alles tun, um Steuerrecht auch durchzusetzen." In diesem Zusammenhang seien weitere Anstrengungen erforderlich. Deutliche Mehreinnahmen seien möglich, dies hätten die Erfahrungen mit dem Ankauf von "Steuer-CDs" in den vergangenen Jahren gezeigt. Rietzler empfahl zudem eine "deutlich ausgeweitete Erbschaft- und Schenkungsteuer". Eine zusätzliche Vermögensteuer käme für "sehr hohe Vermögen" infrage.

Der Antrag enthalte "viele richtige und wichtige Forderungen", so das "Netzwerk Steuergerechtigkeit". Zu begrüßen sei, dass "der Schutz von Hinweisgebern, die Initiative für ein Unternehmensstrafrecht, die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, die Stärkung der Finanzverwaltung und das Schließen von Lücken im Strafrecht im Hinblick auf Geldwäsche und Schwarzgeld erwähnt bzw. gefordert werden.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 48. Jahrgang, 21.03.2017, S. 9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2017

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