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RHEINLAND-PFALZ/2627: Überdurchschnittlich hohe Schulden belasten Landeshaushalt (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 6/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 13. Februar 2012

Strikter Konsolidierungskurs erforderlich

Landesrechnungshof: Überdurchschnittlich hohe Schulden belasten Landeshaushalt


Rheinland-Pfalz stehe vor der großen haushaltspolitischen Herausforderung, sein - vom Finanzministerium mit über 1,6 Mrd. Euro beziffertes - strukturelles Defizit bis 2020 abzubauen, stellte Klaus P. Behnke, Präsident des Rechnungshofs, bei der Vorstellung des aktuellen Jahresberichts fest. Die Abschlussergebnisse 2010 zeigten, dass das Land noch weit von dem Ziel eines Haushaltsausgleichs ohne strukturelle Neuverschuldung entfernt sei.

Aufgrund der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sowie der Ende 2008 beschlossenen Steuerentlastungen sei das Steueraufkommen des Landes 2010 im zweiten Jahr in Folge auf einem niedrigen Niveau geblieben. Diesem hätten weiter steigende Ausgaben gegenüber gestanden, zu denen insbesondere Zuwächse bei den Personalausgaben, außerplanmäßige Zuführungen an ein Sondervermögen und Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur beitrugen.

Allein zur Sicherstellung des Ausgleichs des Kernhaushalts habe es neuer Schulden von über 1,8 Mrd. Euro bedurft. Dies sei im Haushaltsvollzug die bisher höchste Kreditaufnahme gewesen. Hinzu seien noch Kredite von fast 0,3 Mrd. Euro zur Deckung von Ausgaben der Landesbetriebe gekommen. Die Gesamtschulden des Landes erhöhten sich bis Ende 2010 auf 32,7 Mrd. Euro. Die überdurchschnittlich hohen Schulden belasteten den Landeshaushalt erheblich: Die Kreditfinanzierungsquote (Anteil der Fremdfinanzierung) von Rheinland-Pfalz liege mit 13,5 Prozent deutlich über der durchschnittlichen Quote der anderen Flächenländer (6,7 Prozent). Die Zinsausgabenquote (Anteil der Zinsen an den Gesamtausgaben) belaufe sich beim Land Rheinland-Pfalz auf 7,9 Prozent, bei den anderen Flächenländern im Durchschnitt auf 6,1 Prozent. Die Zinsausgaben je Einwohner (266 Euro) lägen ebenso wie die Pro-Kopf-Verschuldung (7016 Euro) um rund 28 Prozent über den jeweiligen Durchschnittswerten der anderen Flächenländer.

Die Landesregierung erwarte nach ihrer Vorlage zum Doppelhaushalt 2012/2013 und der Finanzplanung bis Ende 2016 einen Anstieg der Verschuldung auf 41,2 Mrd. Euro. Nach der Langfristprojektion würden es Ende 2020 mehr als 46 Mrd. Euro sein. Im Vergleich zu 2001 hätten sich die Schulden damit mehr als verdoppelt. Jede Milliarde langfristig finanzierter Schulden koste den Steuerzahler bei dem gegenwärtig niedrigen Zinsniveau 30 Mio. Euro Zinsen jährlich.

Nach der neuen Schuldenregel, die im Dezember 2010 vom Landtag beschlossen wurde, müsse der Haushalt spätestens bis 2020 ohne strukturelle Verschuldung ausgeglichen sein. Die Landesregierung habe zur Erreichung dieses Ziels ein Konsoldierungsszenario erstellt, wonach die Grunderwerbsteuer angehoben, Stellen u.a. im Polizei- und Schulbereich sowie bei den Katasterämtern abgebaut und Einsparungen bei den Sach- und Investitionsausgaben sowie den Finanzhilfen vorgenommen werden sollen.

Dieses Szenario enthalte neben konkret festgelegten Maßnahmen auch verschiedene Unwägbarkeiten, z.B. hinsichtlich der weiteren Steuereinnahme- und Zinsentwicklung und der nur begrenzten kurz- und mittelfristigen Gestaltungsfähigkeit des Landeshaushalts allgemein.

Rechnungshofpräsident Behnke mahnte in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass sich möglicherweise nicht alle vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen voll umsetzen lassen. Deshalb sollten Volumina deutlich über dem Konsolidierungsbedarf geplant oder frühzeitig Alternativen entwickelt werden.

Vor diesem Hintergrund sei es erforderlich, eine systematische, aufgabenkritische Überprüfung des gesamten Spektrums staatlicher Tätigkeiten vorzunehmen und notwendige Strukturveränderungen konsequent umzusetzen. Begleitend hierzu sei aus Sicht des Rechnungshofs auch eine zentrale Prozesssteuerung sowie Überwachung der Umsetzungsschritte und ihrer kassenmäßigen Auswirkungen unverzichtbar.


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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 6/2012, Seite 4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
Redaktion: Walter Schumacher (verantwortlich)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2012