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RHEINLAND-PFALZ/2678: Finanzausgleich nicht ohne die Landtage (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 21/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 18. Juni 2012

Finanzausgleich nicht ohne die Landtage

Landtagspräsidenten verabschiedeten "Dresdner Erklärung"



Bei der Umgestaltung des Länderfinanzausgleichs müssen die Landesparlamente mitreden - und vor allem - aktiv mitentscheiden. Die Finanzhoheit der Parlamente darf nicht ausgehöhlt werden. Die Gestaltungsräume der Länder bei der eigenständigen Einnahmen- und Ausgabengestaltung müssen erhalten und gestärkt werden. Dazu verabschiedeten die Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage im Rahmen der vom 10. bis 12. Juni in Dresden durchgeführten Präsidentenkonferenz die "Dresdner Erklärung".

"Aus Sicht der Landesparlamente ist die Einrichtung einer neuen Föderalismuskommission notwendig, um die Modernisierung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen fortzuführen", sagte Dr. Matthias Rößler, Präsident des Sächsischen Landtags und Gastgeber der diesjährigen Präsidentenkonferenz. "Wir müssen dringend Neuregelungen zur Umgestaltung des Länderfinanzausgleichs erarbeiten. Oberste Priorität muss dabei die gleichberechtigte Einbeziehung aller Beteiligten, insbesondere der Landesparlamente, haben", erläuterte Rößler die Kernforderungen der "Dresdner Erklärung". "Es ist unabdingbar, dass die Landtage in einer neuen Föderalismuskommission neben dem Rede- und Antragsrecht auch ein eigenes Stimmrecht haben."

2019 enden die derzeitigen Regelungen zum Länderfinanzausgleich. Zugleich schließt die gesetzlich verankerte "Schuldenbremse" ab 2020 eine Neuverschuldung der Länder grundsätzlich aus. Die Länder wollen sich deshalb bereits jetzt der Herausforderung stellen. "Es ist wichtig, dass die Beratungen frühzeitig beginnen, da die Interessen aufgrund der unterschiedlichen Finanzkraft der einzelnen Bundesländer schon auf dieser Ebene einen längeren Klärungsprozess erfordern, unabhängig von den Vorstellungen der Bundesebene", fügte Joachim Mertes, Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz, hinzu. "Außerdem sollten wir auch kommunale Interessen bei der Neugestaltung der Finanzbeziehungen berücksichtigen", so Mertes weiter.

Die Präsidenten berieten auf der Konferenz unter anderem über den zukünftigen Stellenwert der Landesparlamente im europäischen und deutschen Machtgefüge. Die Präsidentenkonferenz findet jedes Jahr statt, wobei der Tagungsort zwischen den einzelnen Landeshauptstädten und Stadtstaaten rotiert.


"Dresdner Erklärung"

Die Präsidenten der deutschen Landesparlamente fordern in dieser Erklärung, dass der Fiskalpakt nicht zu zusätzlichen Belastungen der Länderhaushalte führen dürfe - und die Länderparlamente in die Umsetzung des europäischen Fiskalpakts einbezogen werden müssten:


Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente bekräftigen, dass die EU eine neue Stabilitätskultur zur Schaffung solider Staatsfinanzen benötigt. Sie stellen fest, dass der am 2. März 2012 von 25 EU-Mitgliedstaaten unterzeichnete so genannte "Fiskalpakt" nach dem Willen der Staatsund Regierungschefs dazu einen entscheidenden Beitrag leisten soll.

Die Präsidentinnen und Präsidenten betonen jedoch, dass die innerstaatlichen Parlamente, insbesondere die Landesparlamente, als Haushaltsgesetzgeber nicht in die Erarbeitung dieses Vertrags eingebunden waren. Sie nehmen zur Kenntnis, dass spätestens mit dem Fiskalvertrag nunmehr auch das Budgetrecht der Parlamente europäischen Vorgaben unterliegt. Sie erwarten daher, dass die Auswirkungen des Fiskalpakts auf dieses Königsrecht der Parlamente genau geprüft und die verfassungsrechtlichen Fragen mit Blick auf die Länder zügig geklärt werden. Die demokratische Legitimation haushaltspolitischer Entscheidungen darf nicht angetastet werden. Die erforderlichen Beteiligungsrechte der Landesparlamente bezüglich Maßnahmen der europäischen Ebene, die ihr Budgetrecht und ihre Eigenstaatlichkeit betreffen, sind sicherzustellen.

Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente stellt mit Besorgnis fest, dass der Fiskalpakt mit seinem möglichen Inkrafttreten am 1. Januar 2013 erhebliche Auswirkungen auf die Landesparlamente haben wird. Sie fordert die Regierungschefs der Länder auf, dem Fiskalpakt im Bundesrat nur zuzustimmen, wenn sichergestellt wird, dass die Länder durch den Bund von eventuellen Sanktionen, die sich aus der bereits ab 2014 wirksamen europäischen Schuldenbremse ergeben können, bis 2020 freigestellt werden.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 21/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2012