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RHEINLAND-PFALZ/2782: Rechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 08/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 18. März 2013

Rechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften



Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Rechten gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften beantragte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Aktuelle Stunde, in der der Landtag seine Position zu diesem Thema diskutieren konnte.

Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem neuesten Urteil aufgezeigt, dass die Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften beendet werden müsse, sagte Pia Schellhammer (Bündnis 90/Die Grünen). Nach zwölf Jahren Lebenspartnerschaftsgesetz "sind wir deutlich weiter", schließt Schellhammer daraus. Ein Drittel der heterosexuellen Ehen blieben kinderlos, da sei es doch kaum nachzuvollziehen gleichgeschlechtlichen Paaren die Gleichstellung mit dem Argument zu verweigern, sie könnten keine Kinder bekommen. Die Grünen seien konsequent auf der Seite der Rechte, "und damit sind wir auf der Seite der Liebe", sagte Schellhammer. Die positive Entwicklung verdiene ihren Rang in den Top Ten der positiven Nachrichten, "aber dieser Akzeptanz müssen auch die gleichen Rechte folgen". Es sei nicht prophetisch im Sommer mit der anstehenden Verhandlung zur Einkommenssteuer ein ähnliches Urteil zu erwarten wie das jüngste.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe die CDU über ihre Haltung zu den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften geredet, sagte Marlies Kohnle-Gros (CDU). "Da haben wir auch unterschiedliche Positionen zur Kenntnis genommen, das ist der Vorteil einer Volkspartei", erläuterte sie. Die Parteiführung hat sich auf den Parteitagsbeschluss zurückgezogen. Damals wollte die CDU mehrheitlich keine Öffnung des Ehegattensplittings für gleichgeschlechtliche Paare, die Schleifung der Ehe und ihre Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare. Die Bundesregierung denke aber nach und frage auch, wie die Kinder, die nicht in einer klassischen Ehe aufwachsen, Berücksichtigung finden könnten. "Daher tragen wir es mit, dass man das Ehegattensplitting öffnet", erläuterte die Abgeordnete. Dann sei es nicht mehr nur die Ehe, um die es gehe. Sie sei froh, dass die SPD in ihrem Bundestagswahlprogramm hineinschreiben werde, dass sie das Ehegattensplitting aus Bestandsschutzgründen festschreiben wolle. "Das ist ein Fortschritt, bisher war immer von einer Abschaffung die Rede."

Ein Gericht habe inzwischen sechs Mal gesagt, dass das, was die CDU als Nachgeben bezeichne, verfassungsrechtlich geboten sei, betonte Ulla Brede-Hoffmann (SPD). "Alles, was sie große Forderungen nennen, ist ein verfassungsrechtlicher Anspruch der Leute." Sie finde es unerträglich, wenn die CDU eingetragene Partnerschaften und ihre Rechte in den Streitereien zerrede und die Menschen erst auf ein Verfassungsgericht warten müssten, damit dieses ihnen die Rechte sichere. Sie finde es auch unerträglich, dass die CDU die gleichgeschlechtlichen Paare als schlechtere Eltern ansehe oder gar, wie es CDU-Politiker Norbert Geis gesagt habe, gegen die Natur. Die Diskrepanz zwischen den aktiven CDU-Mitgliedern zu dem, was die eigenen Wähler denken, sei so groß, dass man darauf hoffen könne, "dass die Wähler die Partei bei der Bundestagswahl zum Nachdenken bringen werden", sagte Brede-Hofmann.

Familienministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die Grünen) erläuterte die verschiedenen Gesetzesinitiativen der rheinland-pfälzischen Landesregierungen zur Gleichstellung aller Lebensformen: So habe sie vor wenigen Wochen zusammen mit "Queer-Net Rheinland-Pfalz" eine Zielvereinbarung zum Maßnahmenplan "Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen" unterzeichnet. Das Land nehme darin seine Verpflichtung wahr, "die Würde jedes Menschen zu schützen und sich für die vollständige rechtliche Gleichstellung und Akzeptanz von Vielfalt sexueller Identität einzusetzen". Die Landesregierung ergreife zudem geeignete Initiativen zur vollständigen rechtlichen Gleichstellung von homo-, bi-, trans- und intersexuellen Personen, "in den Rechtsbereichen und auf Landesund Bundesebene". Im Landesrecht sei die Gleichstellung der Lebensformen bereits 2009 umgesetzt worden. Im Dienstrecht wurde 2012 die rückwirkende besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten in eingetragenen Lebenspartnerschaften umgesetzt. "Wenn es uns jetzt noch gelingt, die Ehe für die homosexuellenPaare zu öffnen, haben wir das Ziel unserer Reise erreicht", sagt Alt.

Es sei ein Gewinn für die Gesellschaft, wenn Menschen gegenseitig Verantwortung füreinander übernehmen, sagte Fraktionschefin Julia Klöckner (CDU). Als Volkspartei diskutiere die CDU natürlich anders als die Grünen, "weil eine Volkspartei schnell merkt, dass sich große Teile der Bevölkerung schwer tun mit schnellen Veränderungen". Sie selbst sei der Überzeugung, dass zumindest steuerlich eine Angleichung oder Gleichstellung schon deshalb geboten sei, weil der Übernahme von Pflichten auch Rechte gegenüberstehen müssen.

Bei der Gleichstellung von homosexuellen Paaren gehe es nicht um einen schnellen gesellschaftlichen Umbruch, sondern um einen seit vier Jahrzehnten geführten Kampf, widersprach Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen) Julia Klöckner. Es sei die Familienpolitik der CDU, die einseitig das alte Bild der Ehe privilegiere. Dabei sei das Bild der Ehe seit den Fünfzigerjahren nicht unverändert geblieben. "Nicht nur im Ausland, auch in Deutschland haben wir längst gleichgeschlechtliche Ehen", betonte Köbler. Höchstrichterlich sei es nämlich bestätigt, dass Ehen Bestand haben, wenn einer der Partner sein Geschlecht umwandle.

Es habe in der Vergangenheit im Landtag bereits eine Entscheidung zur Behandlung eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften gegeben, erinnerte Staatssekretär Dr. Salvatore Barbaro (SPD). Dies sei im finanziellen Dienstrecht geschehen, "wo wir nicht darauf warten mussten, was der Bund, was eine Bundesregierung und eine Bundespartei macht", erläuterte er. Die CDU habe etwa beim Familienzuschlag gegen eine Gleichbehandlung gestimmt. Immer zu warten bis das Verfassungsgericht einem die Entscheidungen abnehme komme draußen "nicht so gut an, wie Sie vielleicht vermuten", sagte der Staatssekretär an die Adresse der CDU.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 08/2013, Seite 4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2013