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RHEINLAND-PFALZ/2783: Bundesratsinitiative für einen gesetzlichen Mindestlohn (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 08/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 18. März 2013

Bundesratsinitiative für einen gesetzlichen Mindestlohn



Die Bundesratsinitiative zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns brachte die SPD in einer Aktuellen Stunde zur Aussprache zwischen den Fraktionen.

Sie sei der Landesregierung dankbar dafür, dass sie die Initiative für den Mindestlohn ergriffen habe, sagte Dr. Tanja Machalet (SPD). Hauptgrund für eine flächendeckende Einführung sei, dass ein Fünftel der Beschäftigten nicht auskömmliche Einkommen haben. Zudem gebe es immer mehr Kurzzeitarbeitslose, die ALG II zusätzlich beziehen müssten. Die Niedriglöhne von heute seien die Altersarmut von morgen. Die Bundesregierung lösche die Armut aus dem Armutsbericht einfach aus. "Was Herr Rößler mit dem Armutsbericht gemacht hat, ist einfach nur peinlich", sagte Machalet. Der Bevölkerungsdruck könne angesichts 72 Prozent Unterstützung für den Mindestlohn wachsen, hoffe sie. Das Modell der Lohnuntergrenze benachteilige Frauen, weil es nur für nicht tariflich geregelte Löhne gelten solle. Die Bundesregierung habe es in der Hand, dem Elend auf dem Arbeitsmarkt ein Ende zu setzen, "die Menschen haben es nicht verdient, Opfer eines Koalitionsscharmützels zu werden", betonte Machalet.

Der Lohn müsse ausreichen, damit eine zusätzliche private Altersabsicherung angespart werden könne, sagte Adolf Kessel (CDU). Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit müsse nach einer Einarbeitungsphase auch für Leih- und Zeitarbeit gelten. "Auch wir prangern prekäre Arbeitsverhältnisse, wie sie zuletzt bei Amazon und Globus offenbar wurden, an", betonte Kessel. Einigkeit herrsche beim Ziel möglichst viele Arbeitsplätze zu haben und dabei faire und gerechte Löhne zu zahlen, seien sich die Fraktionen einig. Der schwarz-gelben Bundesregierung sei es gelungen eine Beschäftigungszahl zu erreichen, "wie wir sie noch nie hatten". Parallel dazu habe sich seit 1995 der Anteil der gering Beschäftigten von 14 auf 21 Prozent erhöht. Der Lohnspirale nach unten müsse Einhalt geboten werden. Der Weg zu Mindestlöhnen oder Lohnuntergrenzen in den tariffreien Bereichen werde zwischen Berliner Koalition und der Mehrheit in Rheinland-Pfalz allerdings unterschiedlich gesehen. Die CDU strebe eine durch die Tarifkräfte bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze und keinen Mindestlohn an. "Wer den politischen Parteien die Lohnfindung überlässt, ebnet den Weg in die Staatswirtschaft", sagte Kessel.

Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen) gratulierte Adolf Kessel zum CDA-Landesvorsitz. Es sei bedauerlich, dass die CDU nicht auf Leute wie ihn höre und die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns unterstütze. Der "hervorragende Gesetzesentwurf" des Sozialministeriums beinhalte eben gerade keinen politisch festgelegten Lohn. Vielmehr werde auf dieser gesetzlichen Grundlage eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestimmt, die einen Vorschlag zur Einführung eines Mindestlohns von mindestens 8,50 Euro pro Stunde ausarbeiten sollen. Die CDU gebe dagegen mit ihrer Lohnuntergrenze ein "Placebo" in die Runde. Es gebe tariflich festgelegte Stundenlöhne von 3,82 Euro für die Friseurin in Ostdeutschland. Die Realität auf dem Arbeitsmarkt sei anders, als Kessel sie beschreibe. Es gebe viele Beschäftigte, aber die Zahl der niedrig und prekär Beschäftigten habe sich dramatisch erhöht. "Es geht eben nicht nur um Löhne, sondern auch um Arbeitsbedingungen." Es sei empörend, wenn die CDU Entwicklungen bedaure, die sie durch ihre Politik verhindern könnte. Ein Gesetz, das sicherstellen solle, dass sich Arbeit lohne, wie das Mindestlohngesetz, verhindere die CDU dann aber.

Der Job bei der CDA sei für Kessel keine einfache Aufgabe, sagte Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD). Sein Zwiespalt sei in seiner Rede zu spüren gewesen. "Da gibt es ein Problem, aber eigentlich darf man nicht." Es werde Zeit, dass auch die CDU erkenne, dass man nur mit einer neuen Politik der Ordnung und Sicherheit den Wucherungen auf dem Arbeitsmarkt entgegentreten könne. Bundesministerin von der Leyen hatte die Aufgabe, den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vorzutragen, "das, was davon übrig geblieben ist". Der Begriff des "gestörten Gerechtigkeitsempfinden" in der Bevölkerung, von dem in dem Bericht ursprünglich die Rede gewesen sei, sei darin nun nicht mehr zu finden. "Das macht ganz deutlich, auf welchem Weg sich diese Bundesregierung befindet", sagte Schweitzer. Rheinland-Pfalz habe derzeit Agenturbezirke, die de-Facto-Vollbeschäftigung meldeten. "Beileibe nicht bei allen Beschäftigen kommt diese positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt an. "Die Botschaft der Sozialen Marktwirtschaft sei es dennoch längst nicht mehr, dass sich Arbeit lohne oder anerkannt werde. "Was wir brauchen ist eine Botschaft, dass für den, der etwas leistet auch ein Aufstieg möglich ist - das erreichen wir nicht über Niedriglöhne", sagte Schweitzer.

Die CDU maße sich nicht an zu bestimmen, was der richtige Mindestlohn für die eine oder andere Branche sei, sagte Hedi Thelen (CDU). "Wir respektieren die Tariffreiheit und vertrauen darauf, dass die Tarifpartner den richtigen Lohn finden." Die von der Bundesratsmehrheit genannten 8,50 Euro Mindestlohn seien nur als Mindest-Mindestlohn zu verstehen. "Welche Halbwertszeit sollen diese 8,50 Euro denn haben?", frage sie. Das Tarifrecht sei auch der Garant für umfassende Arbeitnehmerrechte.

LAD/STE
Fortsetzung nächste Ausgabe

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 08/2013, Seite 4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2013