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RHEINLAND-PFALZ/2893: Abschaffung der Hofabgabeklausel (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 45/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 9. Dezember 2013

Abschaffung der Hofabgabeklausel



Durch den von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingereichten Antrag zur Abschaffung der Hofabgabeklausel will die Koalition die Nachfolgeregelungen für landwirtschaftliche Betriebe reformieren. Der Koalitionsantrag fand nicht die Zustimmung der CDU. Deren Alternativantrag wiederum von den beiden anderen Fraktionen abgelehnt wurde.

Der Antrag sei von der CDU abgelehnt worden. "Eigentlich hätte sie diesem zustimmen können", meint Thorsten Wehner (SPD). "Jedenfalls lagen wir mit unserem Antrag zur Reform der Hofabgabeklausel genau richtig." Dies habe die Anhörung im Juni im Landwirtschaftsausschuss eindrucksvoll gezeigt. Der Antrag verzichte nicht vollständig auf die strukturellen Wirkungen, die die Klausel haben könne, gehe aber flexibel auf die heutigen Bedingungen in der Landwirtschaft ein. "Dort gibt es einen Wandel", erläuterte Wehner. Es werde immer schwieriger Hofnachfolger zu gewinnen. Von daher sei es richtig, über den Antrag noch einmal zu diskutieren. Beim Kompromissvorschlag, der auf einer Studie des Thünen-Instituts beruhe, lautete die Frage, "ob es zehn Prozent oder mehr sein sollen". Aus Sicht der Koalition werde mit den zehn Prozent zumindest ein Vorschlag in den Bundesrat gegeben, der sicherlich bundesweit die Mehrheit finden könne. Die CDU habe einst komplett aussteigen wollen. "Dann haben Sie von einigen Verbandsvertretern und nahe stehenden Kollegen einen drüber bekommen", schilderte Wehner. Schade sei, dass die CDU ihren Nebenantrag nicht schon im Ausschuss vorlegen konnte. "Dann hätten wir wahrscheinlich noch etwas zusammen hinbekommen", glaubt der Abgeordnete.

Beide Anträge hätten sich sehr weit angeglichen, weil die CDU-Fraktion durch die Anhörung ihre Meinung geändert habe, erläuterte Arnold Schmitt (CDU). Präsident Blum habe ganz klar gesagt, dass die reine Abschaffung der Hof abgabe nicht gewollt sei, dass man sich aber ein Abschlagsszenario vorstellen könne. "Für die CDU war aber nicht die Meinung von Präsident Blum, sondern die der Landjugend wichtig", sagte Schmitt. Diese habe in der Anhörung gesagt, dass sie die totale Abschaffung der Hofabgabeklausel nicht wolle, weil diese in verschiedenen Gebieten doch noch eine Rolle spiele. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft gehe weiter, die Anzahl der Betriebe sinke. "Unter 20 Prozent der Betriebe haben noch einen Hofnachfolger." Auch die Themen Rentengerechtigkeit und Altersbezüge seien ein Problem geworden. "Früher waren das Vermögen. Der dritte Lebensabschnitt wurde auch bei den Bauern und Winzerinnen und Winzern in der Familie verbracht. Das geht heute auch nicht mehr", erläuterte Schmitt. Es gebe kaum Möglichkeiten, Rücklagen für die Altersversorgung zu bilden. Wenn die Ministerpräsidentin das Thema "Altersarmut" aufgreife und sage, dass man dringend etwas tun müsse, "sind wir aufgefordert in der Landwirtschaft danach zu schauen, damit die kleinen und mittleren Betriebe, die von der Ministerin immer hochgehalten werden, eine Chance haben vernünftig im Alter zu leben". Das sei im Moment sicherlich nicht der Fall.

Die Abschaffung der Hofabgabeklausel habe im parlamentarischen Verfahren "einen längeren Genesungsprozess", von Einbringung, Ausschussberatung mit Anhörung und Fachgesprächen hinter sich, sagte Dietmar Johnen (Bündnis 90/Die Grünen). Die Ausschussanhörung habe verdeutlicht, dass durchaus Reformbedarf bei der Hofabgabeklausel bestehe. "Das ist unserer Fraktion schon seit langem bewusst." Hier sei noch ein Instrument vorhanden, das auf die heutige Zeit angepasst werden müsse. Es sei nicht mehr zeitgemäß, um einen Strukturwandel zu befördern. "Es kann nicht sein, dass die Zahl der Betriebe immer mehr abnimmt und dadurch die Vielzahl der betrieblichen Strukturen verloren geht", betonte Johnen. "Wir brauchen die bäuerlichen Familienbetriebe und die kleinen und mittleren Handwerksbetriebe, um die Zukunft des ländlichen Raums zu sichern." Das sei nur zu erreichen, indem der Zwang der Aufgabe oder der Abgabe des landwirtschaftlichen Betriebs beim Erreichen der Altersgrenze für den Rentenbezug abgeschafft werde. Oftmals sei es heute so, dass bei der Betriebsübergabe eine Generation übersprungen werde. Es gelte auch, die soziale Gerechtigkeit gegenüber anderen Selbstständigen zu schaffen, die ihren Beruf nicht aufgeben müssten. "Sie dürfen weiterhin dazu verdienen." Im Ausschuss sei bei der Frage an die Landjugend, ob man sich in ihren Kreisen über die Hofabgabeklausel unterhalte, ein eindeutiges Nein gekommen. "Ich kann verstehen, es ist im Moment bei 25- bis 30-Jährigen nicht unbedingt das Hauptthema."

Landwirte, die in Ruhestand gehen und ihre Rente beziehen möchten, können das nicht, solange sie keinen Hofnachfolger gefunden haben, erinnerte Staatssekretär Dr. Thomas Griese (Bündnis 90/Die Grünen) an den Hintergrund der Hofabgabeklausel. "Das stammt aus einer Zeit, als die Situation auf den Höfen noch so war, dass die Hofnachfolger Schlange standen", schilderte Griese. Es sei auch ein Instrument gewesen, den Altbauer dazu zu bringen irgendwann den Hof einmal abzugeben. "Heute hat sich die Situation vollständig umgedreht." Vier Fünftel aller landwirtschaftlichen Betriebe fänden gar keinen Hofnachfolger. Diese Landwirte könnten die Rente nicht bekommen, obwohl sie im Rentenalter seien und eingezahlt haben. Die Hofabgabeklausel in ihrer bisherigen Form passe daher nicht mehr in die heutige Zeit. Dies belegten auch die vielen bürokratischen Ausnahmen, die es davon gebe, "die lange Liste von Ausnahmen in Paragraf 21 des Alterssicherungsgesetzes". In zähen Verhandlungen sei auf der Sonderagrarministerkonferenz gerade erreicht worden, dass es eine neue Junglandwirteförderung auf EU-Ebene für alle Bäuerinnen und Bauern, auch in Rheinland-Pfalz gebe. Jeder Betrieb erhalte pro Hektar 50 Euro zusätzlich für insgesamt maximal 90 Hektar. Das ergebe 4500 Euro pro Betrieb jedes Jahr. "Das ist eine viel effektivere Junglandwirteförderung, als wir sie bislang hatten", sagte Griese.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 45/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Januar 2014