Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


SCHLESWIG-HOLSTEIN/2160: Wolfgang Kubicki (FDP) - "Engagiert debattiert" (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / April 2017
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

BILANZ - Wolfgang Kubicki (FDP):
"Engagierte, zugespitzte Debatten stärken die Demokratie"


"Auch wenn Franz Müntefering einer der großen Sozialdemokraten war und ist, bedeutet dies nicht, dass er mit seinen Einschätzungen immer richtig lag. So ist eine seiner bekanntesten Feststellungen - 'Opposition ist Mist' - jedenfalls nicht auf den Schleswig-Holsteinischen Landtag übertragbar. Abgesehen davon, dass die Opposition ausdrücklich Verfassungsrang hat und damit eine zentrale Rolle im parlamentarischen Gefüge des Landes spielt, ist es gelegentlich auch möglich, von den angeblich harten Oppositionsrängen aus nicht nur zu kontrollieren und konstruktiv zu kritisieren, sondern auch gesetzgeberische Gestaltungskraft zu entfalten. Vielleicht ist also Oppositionsarbeit noch viel eher das 'langsame Bohren von harten Brettern', von dem Max Weber in seiner berühmten Schrift 'Politik als Beruf' gesprochen hat.

Meine Fraktion hat in der 18. Wahlperiode in unterschiedlichen Feldern Gesetzesvorhaben angestoßen und Anträge eingebracht, die am Ende die erforderliche Mehrheit gefunden haben - mit Namen: Hundegesetz, Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes bei der Eingliederungshilfe oder die Anschaffung von Tablets für die Landespolizei. Es spricht für die politische Kultur des Schleswig-Holsteinischen Landtages, dass sich gute Ideen durchsetzen können, auch wenn sie vom politischen Mitbewerber kommen.

Ein Parlament ist grundsätzlich keine 'Schwatzbude', in der Entscheidungen der Regierung rhetorisch ummantelt und abgenickt werden - in Schleswig-Holstein gilt das umso weniger. Der Kieler Landtag hat - verglichen mit anderen Parlamenten in der Bundesrepublik - ein verhältnismäßig großes Selbstbewusstsein gegenüber der eigenen Regierung. Hinzu kommt: Die bisweilen härter als anderswo geführten Auseinandersetzungen im Plenum sind nicht nur deutlich spannender als beseelt vorgetragene Beteuerungen, man sei 'gar nicht so weit auseinander'. Sie sind auch notwendig, um die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Diskutanten deutlich zu machen und um den Wählerinnen und Wählern hiermit eine bessere Grundlage für ihre Wahlentscheidung zu geben.

Wenn die Menschen den Eindruck bekommen, eigentlich ginge es in der politischen Auseinandersetzung um nichts, weil sich die politischen Protagonisten genau so verhalten, stellt sich ihnen eher die Frage, welchen Ausschlag die eigene Stimme bei der Landtagswahl gibt. Mit anderen Worten: Engagierte, zugespitzte und sogar grenzwertige Debatten, die bis an die Grenze der Beleidigung gehen können, sind das beste Mittel gegen Rechtspopulisten und für die Stärkung unserer Demokratie. Die relative Schwäche der Rechten im Land ist nicht zuletzt auf die Debattenkultur im Landtag zurückzuführen. Darauf können alle Beteiligten stolz sein.

Selbstverständlich gab es aus Sicht der FDP-Fraktion auch Tiefpunkte der parlamentarischen Zusammenarbeit. Insbesondere dann wurde es schlimm, wenn sich der Gestaltungsanspruch der Koalition darin erschöpfte, als 'schlecht' definierte Gesetze der Vorgängerkoalition einfach wieder zurückzuschrauben. Dies betraf unter anderem die Regelungen zu den Straßenausbaubeiträgen, zum Glücksspiel oder zum Sparkassengesetz. Hier hat aus unserer Sicht die inhaltliche Rechtfertigung häufig gefehlt.

Nicht zuletzt sei erwähnt, dass die parlamentarische Arbeit auch in dieser Wahlperiode ohne die zuverlässige und sachkundige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen sowie der Landtagsverwaltung nicht denkbar gewesen wäre. Ihnen danke ich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion sehr herzlich."


Mein persönliches Highlight der vergangenen fünf Jahre

"Es gab etwas, was gemeinhin als 'Sternstunde des Parlaments' bezeichnet wird. Die sehr differenziert und ohne parteipolitische Einschränkungen geführte Debatte über die Einführung eines Gottesbezuges in die Landesverfassung war - auch für mich als Alterspräsidenten des Landtages - einer der parlamentarischen Höhepunkte der Wahlperiode."

*

Quelle:
Der Landtag, Nr. 01 / April 2017, S. 9
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Referat für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel
Tobias Rischer (verantwortlich)
Telefon: 0431/988 1120
E-Mail: tobias.rischer@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang