Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


SCHLESWIG-HOLSTEIN/2214: Studie zur Kandidatensuche - "Parteien müssen sich öffnen" (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 02 / Juni 2018
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Studie zur Kandidatensuche - "Parteien müssen sich öffnen"


Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um erfolgreich für Landtag oder Bundestag zu kandidieren? Nach welchen Gesichtspunkten wählen Parteien ihre Kandidaten aus? Mit diesen Fragen befasst sich eine aktuelle Studie des Instituts für Parlamentarismusforschung an der Uni Halle. Ende April stellten die Politikwissenschaftler ihre Ergebnisse rund 70 Gästen vor, die auf Einladung des Landesbeauftragten für politische Bildung ins Landeshaus gekommen waren.


Vor der Bundestagswahl 2017 hat das Forscherteam bundesweit 166 Parteiveranstaltungen besucht und mehr als 10.000 Fragebögen von Delegierten und Kandidaten ausgewertet. Eine wesentliche Erkenntnis: "In Deutschland kann jeder Abgeordneter werden", wie Studienleiter Benjamin Höhne betont - unabhängig von Bildungsstand, Geschlecht oder dem eigenen Geldbeutel. Aber "der Weg ist lang", so Höhne. Denn bis ein Parteimitglied eine aussichtsreiche Kandidatur erreiche, müsse es die "Ochsentour" bewältigen, also das oft jahrzehntelange Engagement auf Orts- und Kreisebene. Mehr als 60 Stunden pro Monat sind Bundestagskandidaten nach eigenen Angaben ehrenamtlich aktiv. Vorteile habe, wer einen "politiknahen Beruf" ausübe, unterstreicht Politikwissenschaftler Daniel Hellmann. Wer bereits im Parteiapparat arbeite oder einen Posten in einer Fraktion oder einem Ministerium habe, der besitze einen Wissensvorsprung und sei besser vernetzt.


"Blick nach innen" dominiert

Die enge Bindung an die Partei sei für Parteitagsdelegierte entscheidend, berichten die Forscher. Der Kandidat müsse als "einer von uns" gelten. Ob er beim Wahlvolk tatsächlich ankomme, spiele dagegen kaum eine Rolle. "Parteien sind in sich geschlossene Systeme", so Hellmann: "Die Bevölkerung bleibt weitgehend außen vor", und "Seiteneinsteiger" bekämen selten eine Chance.

Dieses Denken berge Gefahren, merkt Studienleiter Höhne an. Denn die Parteien verlieren fast durchgehend an Mitgliedern. SPD und CDU etwa hätten sich seit 1990 mehr als halbiert. Entsprechend sinke die Zahl der geeigneten Bewerber. Sein Vorschlag: Statt nur den "Blick nach innen" zu richten, sollten "attraktive Kandidaten" gesucht werden, "die die Sprache der Menschen sprechen". Die Nominierung von Wahlkreisbewerbern und die Aufstellung der Listen müssten auf einer breiteren Basis stehen. So sei es denkbar, wichtige Posten nicht nur durch Delegierte vergeben zu lassen, sondern alle Parteimitglieder zu fragen. Oder gar, wie bei den Vorwahlen in den USA üblich, auch die potentiellen Wähler zu beteiligen. "Deutschland ist ein föderales Land", so Höhne: "Das bietet viele Möglichkeiten zum Experimentieren."

Mehr zur Studie unter:
www.iparl.de

*

Quelle:
Der Landtag, Nr. 02 / Juni 2018, S. 18
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
Referat für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel
Tobias Rischer (V.i.S.d.P.)
Telefon: (0431) 988-0
E-Mail: registratur@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang