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AFRIKA/842: Südliches Afrika - Lahme Landreformen, Mangel an Geld und technischem Know-how (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. August 2010

Südliches Afrika: Lahme Landreformen - Mangel an Geld und technischem Know-how

Von Fidelis Zvomuya


Raffingora, Simbabwe, 17. August (IPS) - Versuche zur Landreform missglücken im südlichen Afrika fast immer, heißt es in einer Studie der Vereinigungen von Agrar-Gewerkschaften im südlichen Afrika (SACAU). Insbesondere sei dies in Simbabwe, aber auch in Südafrika zu beobachten. Die Hauptursache für das Scheitern ist der Untersuchung zufolge fehlende finanzielle staatliche Unterstützung. Konflikte aufgrund mangelnder Ressourcen sind häufig die Folge.

Zu sehen ist das beispielsweise an der Yomba-Farm in der Nähe der Stadt Raffingora, 150 Kilometer nordwestlich von Harare, der Hauptstadt von Simbabwe. Die Farm produzierte 15 Prozent des nationalen Baumwollbedarfs und deckte zehn Prozent der Nachfrage nach Weizen, als sie noch eine der größten des Landes war. Jetzt erstreckt sich über die mehr als 2.800 Hektar hauptsächlich dürres, ödes Land.

"Als ich hierher kam, hatte ich keinen Pfennig in der Tasche", sagt Mavis Muchena. "Ich wollte ein neues Leben beginnen. Die Regierung hatte uns finanzielle Unterstützung versprochen, und wir sollten auch Traktoren bekommen. Aber bis heute ist nichts passiert." Muchena kam vor zehn Jahren als eine von hundert Menschen aus dem nordsimbabwischen Bezirk Guruve auf die Yomba-Farm. Bewaffnet mit Macheten und Gewehren drohten sie, den Besitzer der Farm zu töten, sollte er sich der Landnahme widersetzen - was er nicht tat.

Im Jahr 2000 ereignete sich unter der Regie von Präsident Robert Mugabe die größte forcierte Umverteilung von Land, die es je in der Geschichte des südlichen Afrikas gegeben hat. Die Armee wurde ausgesandt, um weiße Farmer von ihrem Landbesitz zu vertreiben, ehemalige Freiheitskämpfer wurden damit beauftragt, beschlagnahmte Ländereien zu beaufsichtigen. Ganze Dörfer wurden aufgebaut, um die Landbesetzer zu beherbergen.


Kein Geld zum Erhalt der Maschinen

Muchena gehören rund 40 Hektar der Yomba-Farm. Sie bewirtschaftet nicht einmal zehn Prozent des Landes, das ihr die Regierung nach der Besetzung offiziell zugesprochen hat. Auf rund vier Hektar pflanzt Muchena Baumwolle, Mais, Soja, Sonnenblumen und Erdnüsse an. "Ich habe keine Maschinen, kein Geld, keinen Dünger. Ich kann das Land nicht bewässern und habe nicht einmal genügend Saatgut für die 40 Hektar, die ich besitze", sagt Muchena. Zwar habe sie, als sie gemeinsam mit anderen das Land besetzt habe, auch Arbeitsgeräte vorgefunden. Doch weil sie nicht wussten, wie die Maschinen richtig eingesetzt werden, gingen diese schon bald kaputt. Und so erging es vielen Landbesetzern.

"Die Landfrage ist emotional stark aufgeladen", kommentiert Michael Aliber vom Institut für Armut, Land und Agrarwissenschaften der University of the Western Cape. Das Thema sei in mehrerlei Hinsicht komplex. "Land ist schließlich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der sinnvoll genutzt werden muss."

Der SACAU-Studie zufolge ist es häufig wichtiger, Besitz- und Pachtverhältnisse zu klären, als Land umzuverteilen. So sieht es auch Aliber - den ehemaligen Landbesetzern werde nicht immer ein rechtmäßiger Besitztitel verliehen. "Die Menschen beklagen sich, dass sie keinen Kredit bekommen, weil ihnen das Land, das sie bewirtschaften, offiziell gar nicht gehört."


Fehlende staatliche Unterstützung

Dass die Landreform in Simbabwe gescheitert ist, liegt vor allem daran, dass ein vernünftiges Management fehlt, ist Sam Moyo überzeugt, Direktor des Afrikanischen Instituts für Agrarstudien in Simbabwe. Es habe kaum zentrale Planung im Vorhinein gegeben und auch eine Unterstützung nach Landnahme sei weitgehend ausgeblieben.

Moyo hält die Landreform neben der fatalen Dürre, die das Land ungefähr zur gleichen Zeit heimsuchte, dafür verantwortlich, dass die Hälfte der Bevölkerung - und damit rund sechs Millionen Menschen - Hunger leidet und von Nahrungsmittelspenden abhängig ist. "Mugabe hat es nicht geschafft, den Agrarsektor nach der Landreform so stark zu machen, dass er die Bevölkerung ernähren und die Wirtschaft ankurbeln kann", kritisiert Moyo. In den vergangenen Jahren sei die landwirtschaftliche Produktion um 75 Prozent gesunken. Die Wirtschaft liege am Boden. Schuld sei die ausufernde Korruption. Sie habe dazu geführt, dass Gelder, die für bedürftige Farmer bestimmt waren, an politische Klientel umgeleitet worden seien.

"Simbabwe steht nicht alleine da. Auch das aktuelle südafrikanische Modell zur Landreform ist nicht nachhaltig", sagt Moyo. Bereits 1994 versprach Südafrika eine radikale Landumverteilung, bei der bis 2014 30 Prozent der Farmen im Besitz von Weißen an Schwarze transferiert werden sollten. Weiße Farmer haben dem Wissenschaftler zufolge allerdings die Preise für ihre Grundstücke künstlich in die Höhe getrieben. "16 Jahre nach Beginn der Reform sind nicht einmal vier Prozent überführt worden." (Ende/IPS/jt/2010)


Links:
http://www.sacau.org/
http://www.plaas.org.za/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52490

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. August 2010