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AFRIKA/873: Atomstrom soll 25 Prozent der Energieversorgung liefern - ehrgeizige Pläne (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. Oktober 2010

Südafrika:
Atomstrom soll 25 Prozent der Energieversorgung liefern - Ehrgeizige Pläne

Von Jerome Mwanda


Nairobi, 13. Oktober (IDN*) - Südafrika will sich in Zukunft bei der Energieversorgung auf deutlich mehr Atomstrom stützen. Die Regierung vereinbarte mit Südkorea die Zusammenarbeit bei der Nutzung der Kernkraft und hat damit einen ersten Schritt in Richtung ihrer neuen Nuklearstrategie getan. In einer in Seoul unterzeichneten Absichtserklärung bekräftigten Südkoreas amtierender Außenminister Shin Kak-soo und die südafrikanische Energieministerin Dipuo Peters die geplante Kooperation ihrer Länder.

"Wir müssen von der Nutzung fossiler Brennstoffe wegkommen und sind dabei, die Vorbereitung unsrer Pläne abzuschließen", erklärte die südafrikanische Energieministerin im Vorwort des neuen Energieplans, zu dem auch die bessere Lenkung und Regulierung des Nuklearsektors gehört. Ein zusätzliches Medienprogramm betont nachdrücklich die Herausforderungen des südafrikanischen Energiesektors.

Eine öffentliche Konsultation in Sachen Atomenergie wird ebenfalls vorbereitet. Doch Peters hat seinen Standpunkt in dieser Frage bereits deutlich gemacht: "Zweifellos wird die Kernenergie in den nächsten Jahren bei der Stromversorgung eine Schlüsselrolle für die Grundlastkapazität spielen. Wir rechnen damit, dass es in Südafrika nach 2020 eine neue Generation von Grundlast-Atomkraftwerken geben wird", schreibt er im Vorwort des Strategiepapiers.

Weiter heißt es darin: "Zu unseren Plänen gehört auch der Abschluss zahlreicher bilateraler Verträge mit der Nuklearindustrie sowie der Aufbau neuer strategischer Beziehungen." Eines dieser bilateralen Kooperationsabkommen wurde am 8. Oktober in Südkoreas Hauptstadt Seoul unterzeichnet. Darin erklärten die beiden Länder ihr Einverständnis zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Nuklearsektor. Mit China sei eine ähnliche Vereinbarung geplant, berichteten die 'World Nuclear News' (WNN) aus London.

Das südafrikanische Energieministerium war nicht bereit, die im Plan beschriebene 'nukleare Transaktion' zu kommentieren. Noch fehlt die erforderliche Zustimmung des Parlaments. Südafrikas Gesamtenergieplan sieht vor, das Stromversorgungsprogramm fortzusetzen, das bis 2013 jährlich weiteren 150.000 Haushalten zu einer Basisversorgung verhilft. Dann wären seit 1994 mehr als 3,5 Millionen Haushalte an das Stromnetz angeschlossen.


Pläne von zwölf neuen Atomkraftwerken sind Makulatur

Nachdem es Südafrikas staatlichem Stromversorger Eskom seit den 80er Jahren gelungen war, mit zwei Druckwasserreaktoren sechs Prozent zur gesamten Elektrizitätsversorgung beizusteuern, kündigte das Unternehmen im Januar 2008 ein eindrucksvolles Expansionsprogramm an. Bis zu zwölf Milliarden Dollar sollten in zwölf neue Kernkraftwerke investiert werden. Den gigantischen Auftrag bot man dem französischen Atomkonzern Areva und der US-amerikanische Multi Westinghouse an.

Doch innenpolitische Turbulenzen und die globale Finanzkrise sorgten dafür, dass aus den ehrgeizigen Plänen nichts wurde. Im Dezember 2008 zog Eskom sein Vorhaben zurück. Die erforderliche Investition sei zu groß, hieß es damals.

Zwei Jahre später steht die Expansion der Atomenergie abermals auf dem Programm. Seit 1984, als Südafrikas erstes kommerzielles Kernkraftwerks ans Netz ging, ist der Stromverbrauch im Land enorm gestiegen. Das Land ist Teil des weit vernetzten 'Southern African Power Pool' (SAPP), dessen Mitglieder zusammen 54,7 Gigawatt Strom erzeugen. Den größten Teil des Stroms, rund 80 Prozent, liefern südafrikanische Kraftwerke.

Eskoms Kraftwerke haben Netzkapazität von netto 40,5 Gigawatt. 34,3 Gigawatt stammen aus Kohlekraftwerken und 1,8 Gigawatt sind Atomstrom. Das Unternehmen liefert 95 Prozent der in Südafrika verbrauchten Elektrizität und 45 Prozent des afrikanischen Strombedarfs.

Konversions- und Anreicherungsdienste sowie den atomaren Brennstoff für seine beiden Kernkraftwerke beschafft sich Eskom auf dem Weltmarkt. Fast die Hälfte des benötigten angereicherten Urans liefert die russische Tenex.


Mit Kernkraftwerken zur sicheren Energieversorgung

Südafrikas Atomindustrie war seit ihren Anfängen in den 40er Jahren um die Selbstversorgung im atomaren Brennstoffzyklus bemüht. 1959 genehmigte die damalige südafrikanische Apartheid-Regierung den Aufbau einer einheimischen Atomindustrie zu. Ein Jahr später begann in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Programm 'Atoms for Peace' der Bau eines ersten Forschungsreaktors.

2007 stellte Südafrika das Konzept für die Entwicklung seiner zukünftigen Atompolitik vor. Das ehrgeizige Programm mit seiner Priorität der Energiesicherung enthält alle Aspekte eines nuklearen Brennzyklus, einschließlich der Konversion, der Urananreicherung, der Herstellung von atomarem Brennstoff und dessen Wiederaufarbeitung. Auch der Bau einer neuen Urananreicherungsanlage von 5.0 bis 10.0 Millionen SWU pro Jahr ist darin vorgesehen. Als Partner sollten der französische Atomkonzern Areva, die Urenco-Gruppe oder das russische Spezialunternehmen Tenex gewonnen werden. (Ende/IPS/mp/2010)


* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte Informations- und Analysendienst IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland.

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http://www.iaea.org/
http://www.indepthnews.net/news/news.php?key1=2010-10-11%2018:52:16&key2=1


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. Oktober 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2010