Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

AFRIKA/949: Malawi - Diktatur oder Demokratie, Land am Scheideweg (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Januar 2011

Malawi: Diktatur oder Demokratie - Land am Scheideweg

Von Chifundo Phiri*


Blantyre, 26. Januar (IPS) - Bewegt sich Malawi auf eine Diktatur zu? Der Umgang des Präsidenten Bingu wa Mutharika mit seiner Stellvertreterin Joyce Banda und mit der Presse des südostafrikanischen Landes deutet in diese Richtung. So drohte der Staatschef den Medien im letzten Jahr mit ihrer Schließung, sollten sie mit ihrer Berichterstattung dem Ansehen der Regierung schaden. Auch wurde im Januar in der Wirtschaftsmetropole Blantyre ein Journalist verhaftet.

Nach außen gibt sich der Staatschef als Verfechter der Frauenrechte, was die internationale Gemeinschaft mit Anerkennung und Preisen quittierte. Auch die Entscheidung, das Amt des Vizepräsidenten erstmals einer Frau zu übertragen, vergrößerte sein Ansehen in der Welt.

Doch an der Heimatfront sieht alles anders aus. So beschloss die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) Mitte Dezember den Ausschluss der Vizepräsidentin Banda. Als Begründung hieß es, sie habe versucht, innerhalb der DPP Parallelstrukturen aufzubauen, und sich geweigert, die Nominierung von wa Mutharikas Bruder als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2014 zu unterstützen.

Bandas Rauswurf ist der bisherige Höhepunkt ihrer zunehmenden Diskriminierung innerhalb ihrer ehemaligen Partei. Nicht nur, dass sie ihrer Verantwortlichkeiten als Vizepräsidentin entzogen wurden, auch wurde sie Opfer einer DPP-internen Kampagne, die ihre Hoffnungen auf eine Kandidatur bei den Wahlen 2014 zunichte machte.


"Malawi für einen weiblichen Präsidenten noch nicht bereit"

Noel Masangwi, DPP-Regionalgouverneur des Südens, ließ unlängst verlauten, dass "Malawi für einen weiblichen Präsidenten noch nicht bereit ist". Bandas Etat für die Bezahlung ihrer Mitarbeiter wurde gekürzt, und Auftritten der Vizepräsidentin im staatlichen Rundfunk erfolgreich entgegengewirkt. So berichtete MBC, die einzige Fernsehstation Malawis, nur ein einziges Mal über die Arbeit ihres Büros.

2009 galten wa Mutharika und seine Vizepräsidentin noch als Dream-Team. Auch galt der Erdrutschsieg der DPP als ein Verdienst Bandas, die die Sympathie der malawischen Frauen genießt, die traditionell im politischen Leben ausgegrenzt werden.

Doch seither hat sich die Situation gründlich geändert, und der Staatschef, der sich einst mit seiner Stellvertreterin brüstete, untergräbt nun ihre Glaubwürdigkeit und betreibt ihren politischen Abstieg. Kritiker bewerten die Auswahl Bandas zur Vizepräsidentin deshalb als Makulatur und den Versuch, die internationalen Geber zu beeindrucken.

Die jüngsten Entwicklungen machen die Fortschritte, die das arme Land Malawi hinsichtlich der Frauenrechte gemacht hat, zunichte. Auch gefährden sie die demokratischen Prinzipien, die in der Landesverfassung und in internationalen, von Malawi ratifizierten Protokollen wie der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, der UN-Übereinkunft zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), dem Frauenrechtsprotokoll der Afrikanischen Union und des Frauen- und Entwicklungsprotokolls der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) festgeschrieben sind.


Klima der Angst

"Die Unterdrückung der Vizepräsidentin wirkt sich auch negativ auf die Situation der Politikerinnen des Landes aus. Viele von uns haben inzwischen Angst, sie zu unterstützen", sagt die Abgeordnete Anitta Kalinde, die von der Jugendliga der DPP attackiert worden ist. "Das ist eine traurige Entwicklung. Die Moral der Frauen leidet, und wir haben es mit einem Beispiel zu tun, wie eine Politikerin benutzt worden ist."

Norwegen gehört zu den Ländern, die die 50/50-Kampagne im Vorfeld der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2009 finanziell unterstützt haben. Die Kampagne zielte darauf ab, mehr Frauen den Zugang zu politischen Führungspositionen zu ermöglichen. Der Plan ging mit der Ernennung von sechs Ministerinnen und einer Vizepräsidentin sowie einem Frauenanteil im Parlament von 22 Prozent auf.

"Der höhere statistische Anteil von Frauen in der Politik ist positiv. Jedoch wird sich an der Ungleichheit der Geschlechter wenig ändern, wenn Frauen die Möglichkeit verweigert wird, sich aktiv politisch zu engagieren", meint Bjorn Johannessen, ein ehemaliger Botschafter Norwegens in Malawi.

Das Komitee für öffentliche Angelegenheiten (PAC), eine prominente religionsübergreifende Organisation, der Protestanten, Katholiken und Muslime angehören, kritisierten unlängst in einer Mitteilung die schlechte Behandlung von Banda. "Die Art und Weise, wie die Vizepräsidentin behandelt wird, ist respektlos und unerhört. Sie ist der geschlechtsspezifischen Gewalt gegen eine Politikerin gleichzusetzen und ein Anschlag auf demokratische Werte und Prinzipien." Die Vertreibung Bandas aus der DPP sei zudem ein eindruckvolles Beispiel für den Mangel an innerparteilicher Demokratie.

Derartige öffentliche Stellungnahmen zugunsten der Vizepräsidentin sind in Malawi dünn gesät, wo sich ein Klima der Angst breit macht. Dafür mehrt sich außerhalb des Landes Kritik. So hat die panafrikanische Frauenorganisation FEMNET in einem an die Vizepräsidentin gerichteten offenen Brief der Solidarität Anfang des Jahres gegen die Behandlung Bandas durch die DPP protestiert. "Solche Angriffe auf eine Politikerin im 21. Jahrhundert sind völlig inakzeptabel." (Ende/IPS/kb/2011)


* Der Autor dieses Beitrags, der erstmals in dem Nachrichtendienst 'Pambazuka News' erschienen ist, benutzt aus Sicherheitsgründen ein Pseudonym.

Links:
http://pambazuka.org/en
http://www.femnet.or.ke

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. Januar 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2011