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ASIEN/612: Zur jüngsten Weltsicherheitsratsresolution gegen den Iran (Falkenhagen/Queck)


Zur jüngsten Weltsicherheitsratsresolution gegen den Iran

Übersetzt und zusammengestellt von Hans-J. Falkenhagen, Brigitte Queck


Die Resolution des Weltsicherheitsrats 1929, ausgearbeitet von den USA in Zusammenarbeit mit Frankreich, Deutschland und Großbritannien, dann noch erheblich von Russland und der VR China zusammengestrichen, abgeändert und entschärft, schließlich unter massiven Druck der USA mit 12 Stimmen gegen die Stimme der Türkei und Brasilien bei Stimmenthaltung von Libanon angenommen, "war das letzte Eigentor des Weltsicherheitsrats und ein Selbstschuss", erklärte der iranische Präsident Ahmadinedschad und er könnte damit des Pudels Kern getroffen haben, weil die Mehrzahl der UNO-Staaten sowieso anderer Meinung ist und die Resolution angesichts der realen Lage nicht für ernst nimmt, was unlängst auch Pakistan erklärt hat. Allerdings spricht man international infolge der Resolution 1929 von der Erhöhung einer Aggressionsgefahr gegen die Islamische Republik Iran, was nicht unterschätzt werden darf.

Auf dem Gipfeltreffen der Organisation für Kooperation der Shanghai-Vertragsstaaten in Taschkent (Teilnehmer sind die Mitgliedsländer Russland, VR China, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan, ferner mit Beobachterstaus Indien, Iran, die Mongolei und Pakistan sowie Belorussland und Sri Lanka mit dem Status von Dialogpartnern) erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow gegenüber einem Korrespondenten von ITAR-TASS, "dass der Bau des Atomkraftwerkes in Bushehr und die Lieferung russischer Verteidigungswaffen nicht unter die besagte Resolution fallen".

"Die Resolution legt keinerlei Beschränkungen in diesem Zusammenhang fest. Das gilt nicht nur für den Abschluss des Baus des Atomkraftwerks in Bushehr, sondern auch für Ausrüstungen jedweder Menge neuer Leichtwasser-Reaktoren", betonte der russische Außenminister.

Was die militärtechnische Zusammenarbeit betrifft, so führt die Resolution "Beschränkungen in der Zusammenarbeit mit dem Iran in Bezug auf Angriffswaffen" ein, aber "Verteidigungswaffen fallen nicht unter diese Beschränkungen", antwortete Lawrow auf die Frage über das Schicksal des Vertrages über die Lieferung von Komplexen der S-300 Raketen (Boden-Luft-Raketen zur Abwehr vor allem von Angriffen von Kampfflugzeugen).

Lawrow stellte fest, dass die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks in Bushehr nach wie vor für den August 2010 geplant ist. Mit dem Iran werden Pläne für den Bau neuer Atomanlagen erörtert. Lawrow sagte auch, dass Russland derzeit mit der iranischen Seite neue Pläne auf dem Gebiet der Ausrüstung von Atomkraftwerken diskutiert. Er präzisierte aber nicht näher, welche unter das Handelsgeheimnis fallen (s. u.a. ITAR-Tass vom 10.6.2010).

Diese und ähnliche Feststellungen aus Russland (s. z. B. auch ITAR-TASS vom 11.6.2010). haben für große Aufregung in Washington und anderen NATO-Hauptstädten gesorgt.

In der Tat, in der Resolution ist nur vom Verbot des Imports schwerer Waffen, die Angriffszwecken dienen, die Rede. Die Kontrolle von Lieferwegen ist de facto den USA nur zur See, nicht über die asiatischen Land- und Luftwege möglich.

So dürfte z.B. eine Kaperung von chinesischen Schiffen im Indischen Ozean und Arabischen Meer bzw. Persischen Golf auch sehr problematisch werden. Keinem Staat sind mit der Resolution Seepolizeiaufgaben übertragen worden. Und weitere Kontensperrungen und -beschränkungen sind bei dem Verfall des US-Dollars und des Euros sowie der Verlagerung des internationalen Zahlungsverkehrs in ganz neue Räume ohnehin eine Lachnummer. Im Grunde genommen sind Sanktionen, die von den USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich gegenüber dem Iran verhängt werden, eine gewaltiger Stimulus für die neuen Wirtschaftsmächte wie China, Indien, Brasilien und natürlich auch für Staaten wie Russland, die Ukraine und Belorussland, die das große Geschäft im Iran und über den Iran machen und Länder wie Deutschland aus dem Mittelost- und Asien-Raum zunehmend abhängen, weil sie sich wie Deutschland aus Nibelungentreue zu den USA da selbst herauskatapultiert haben.

Wie kam diese abgespeckte Resolution nach langem Tauziehen zustande? wird gefragt.

Aus Russland und der VR China, aber auch aus anderen Staaten, die der Resolution widerwillig zustimmten, verlautet, dass man, nachdem die Fallen für die westliche Wirtschaft eingebaut waren, dem ausgedünnten Resolutionsentwurf zugestimmt habe, weil man das aufdringliche Washingtoner Sanktions-Generve letztlich satt hatte.

Während in den westlichen Medien die Wellen über die neuen Sanktionen gegen den Iran hochgingen, nahm der iranische Präsident Ahmadinedschad am 8. Juni an dem Gipfel der CICA (Konferenzen über Zusammenarbeit und Vertrauensmaßnahmen in Asien) in Istanbul teil, wo er herzlich empfangen wurde und wichtiger Gesprächs- und Verhandlungspartner war. Auf dem CICA-Gipfel waren u.a. vertreten: der russische Premierminister Putin, der kasachische Präsident Nazarbajew, der aserbaidschanische Präsident Alijew, die Interimspräsidentin von Kirgisistan Otunbajewa, der Präsident von Pakistan Ali Zardari, als Sonderemissär des chinesischen Präsidenten Staatsberater Dai Bingguo, außerdem z. B. die Premierminister von Oman, Kambodscha und von Jordanien. Vertreten war auch die palästinische Autonomiebehörde. Obgleich nicht zu Asien gehörend, banden sich in die Arbeit der CICA auch die Ukraine und Mazedonien ein. So nahm auch der neue ukrainische Präsident Janukowitsch an dem Gipfeltreffen in Istanbul teil.

Die Hohe Repräsentantin für Außenpolitik der EU, Catherine Ashton, war ebenfalls in Istanbul anwesend. Der in Istanbul anwesende mazedonische Präsident sagte, dass Mazedonien in Istanbul auf der CICA vertreten ist, um den Anschluss an die modernen Zukunftsmärkte, die in Asien und im Mittleren Osten liegen, nicht zu verpassen. Und das gleiche Motiv leitete den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch, an dem CICA-Gipfel teilzunehmen. Ahmadinedschad führte zahlreiche Gespräche mit dort anwesenden Staatsmännern und -frauen und natürlich auch mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül.

Mitgliedsstaaten der CICA sind derzeit: der Iran, Afghanistan, Aserbaidschan, die VR China, Ägypten, Indien, Jordanien,, Kasachstan, Kirgisistan, die Mongolei, Pakistan, Palästina, Südkorea, Russland, Tadschikistan, Thailand, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, Usbekistan und Vietnam.

Von Istanbul kommend reiste der iranische Präsident Ahmadinedschad anschließend nach Tadschikistan, wo er an der Wasserkonferenz teilnahm und ein wichtiges Gesprächspartner von Staatspräsident Rahmon war.

Er flog dann nach Shanghai, offiziell um an der Shanghai 2010 World Expo teilzunehmen, aber auch um politische und wirtschaftliche Verhandlungen mit hochrangigen Regierungsvertretern zu führen. Die iranisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen werden weiter zügig ausgebaut und daran ändern solche Resolutionen wie die Resolution des Weltsicherheitsrats 1929 nicht das Geringste. Die Länder der Welt bekunden außer eben Deutschland, Frankreich und Großbritannien, dass die Welt an der Seite des Irans gegen eine drohende militärische Aggression der USA und Israels steht. Und Deutschland sollte aufhören, sich aus Nibelungentreue von den aufstrebenden Zukunftsmärkten der Welt weiter abzunabeln.

Präsident Ahmadinedschad kehrte am Sonnabend den 12. Juni nach Teheran zurück. Auf dem Gipfeltreffen der Organisation für Kooperation der Shanghai-Vertragsstaaten in Taschkent ließ er sich von seinem Außenminister Mottaki vertreten.


Quellen:
www2.irna.ir/fr/news/view/line-97/100609682092336.htm
www2.irna.ir/fr/news/view/line-97/1006052633110903.htm
www2.irna.ir/fr/news/view/line-96/1005244878121617.htm
www2.irna.ir/fr/news/view/line-98/1006110914113950.htm


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Quelle:
Copyright 2010 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2010