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ASIEN/921: Philippinen - Langsamer Wiederaufbau nach Taifun 'Haiyan' (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2014

Philippinen: Langsamer Wiederaufbau nach Taifun 'Haiyan' - Regierung wird Untätigkeit vorgeworfen

von Diana Mendoza


Bild: © Europäische Kommission DG ECHO/Pio Arce/Genesis Photos-World Vision/CC-BY-ND-2.0

Ein Jahr nach dem Taifun 'Haiyan' sind noch mehr als vier Millionen Menschen obdachlos
Bild: © Europäische Kommission DG ECHO/Pio Arce/Genesis Photos-World Vision/CC-BY-ND-2.0

Manila, 12. November (IPS) - Viele Menschen rieben sich aus Unmut über den schleppenden Wiederaufbau auf den Philippinen nach dem Wirbelsturm 'Haiyan' mit Schlamm ein. Andere entzündeten Kerzen in Lampions oder ließen weiße Tauben und Ballons aufsteigen, um der Toten zu gedenken und für Kraft zu beten. Wieder andere begaben sich zu einem großen Gräberfeld mit weißen Kreuzen, um Blumen niederzulegen und zu trauern.

Solche Szenen waren am 8. November in Tacloban zu beobachten. Die Stadt gilt als 'Ground Zero' der Philippinen, nachdem dort vor einem Jahr der Taifun 'Haiyan', auf den Philippinen 'Yolanda' genannt, mit Windgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde gewütet hatte. Der Sturm und die durch ihn ausgelösten sieben Meter hohen Wellen töteten mehr als 6.500 Menschen und verursachten immense Schäden. Von hunderten Bewohnern der Stadt fehlt seither jede Spur. Für die Bevölkerung war Haiyan der schlimmste Sturm, der das Land je getroffen hat.


Folgen der Katastrophe noch längst nicht überwunden

Auf Medienportalen wurden damals tausende Geschichten erzählt, die von Verlust, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit, Hunger, Krankheiten und Armut handelten, in einigen Fällen auch von außergewöhnlicher Stärke. Ein Jahr später ist Tacloban, etwa 580 Kilometer südöstlich von Manila gelegen, noch immer nicht zur Normalität zurückgekehrt. Vertreter der internationalen Gebergemeinschaft rechnen damit, dass dies mindestens acht Jahre dauern könnte.

Doch im Vergleich zu anderen Unglücksorten hat das Land verhältnismäßig schnell zu einer relativen Normalität zurückgefunden. In Aceh in Indonesien etwa, wo der Tsunami von 2004 große Zerstörungen angerichtet hatte, dauerte der Genesungsprozess deutlich länger. Die in Manila ansässige Asiatische Entwicklungsbank (AsDB) stellte in einem Bericht fest, dass bereits viel erreicht worden sei, "auch wenn der Wiederaufbau sich weiterhin mühselig gestaltet".

Stephen Groff, Vizepräsident der Bank und zuständig für die Region Ostasien und Südostasien, erklärte, dass andere Staaten nicht so gut mit einer so immensen Krise hätten umgehen können. "Yolanda war der stärkste Taifun, der bisher dieses Land erreicht hat. Er hat eine große Region in Mitleidenschaft gezogen, in der einige der ärmsten Gebiete der Philippinen liegen."

Experten zufolge hat den Philippinern nach der Katastrophe vor allem 'bayanihan' geholfen - ein Gefühl des nachbarschaftlichen Miteinanders. Immerhin waren von dem Sturm mehr als 14,5 Millionen Menschen in 171 Städten und Gemeinden in 44 Provinzen betroffen. Mehr als eine Million Wohneinheiten, 33 Millionen Kokospalmen, 600.000 Hektar Agrarland, 248 Sendemasten und 1.200 öffentliche Strukturen wie Provinz-, Gemeinde- und dörfliche Bauten, Hospitäler und Schulen wurden beschädigt. Über vier Millionen Philippiner sind derzeit noch obdachlos.

Präsident Benigno Aquino III. wurde von Bewohnern dieser Regionen scharf kritisiert. Efleda Bautista von der Gruppe 'People Surge', zu der sich Taifun-Überlebende zusammengeschlossen haben, warf der Regierung "Nachlässigkeit, Korruption, Täuschung und Repression" vor.

Die Demonstranten verbrannten am 8. November ein überlebensgroßes Bild von Aquino. Am Morgen zogen mehr als 5.000 Menschen mit Lampions, Laternen und Kerzen durch die Stadt Tacloban, um der Opfer des Sturms zu gedenken. Die Römisch-Katholische Kirche erklärte den Tag zum nationalen Tag des Gebets. Kirchenglocken läuteten und Sirenen heulten, bevor an den Gräbern von fast 3.000 Menschen eine Messe abgehalten wurde. Hunderte Fischer forderten die Regierung auf, ihnen neue Wohngelegenheiten und Jobs zur Verfügung zu stellen. Sie warfen den Behörden vor, Hilfsgelder zweckentfremdet zu haben.

Kurz vor dem Jahrestag erklärte Staatschef Aquino bei einem Besuch auf der Insel Samar: "Ich wünschte, wir kämen schneller voran. Die traurige Wirklichkeit sieht aber so aus, dass Arbeit von einem solchen Ausmaß nicht über Nacht geleistet werden kann." Die Regierung geht davon aus, dass der Wiederaufbau der von dem Sturm geschädigten Gemeinden umgerechnet etwa 3,8 Milliarden US-Dollar kosten wird. Auf einer Länge von 27 Kilometern soll zudem an der Küste ein vier Meter hoher Deich gebaut werden, damit sich die Auswirkungen möglicher weiterer Katastrophen begrenzen lassen.

Alfred Romualdez, Bürgermeister von Tacloban, berichtet, dass zwei Millionen Einwohner der Stadt nach wie vor in Zelten leben. Erst 1.422 Familien wären in dauerhafte Wohneinheiten umgezogen. Bereits wenige Monate nach dem Sturm waren aber bereits neue Strommasten aufgestellt worden. Auch seien verschlammte Gebiete in Getreide- und Reisfelder umgewandelt worden. Ebenso sind sanitäre Anlagen wieder instandgesetzt worden.


Hilfe aus der Region, Nordamerika und den Emiraten

Die AsDB berät zurzeit über die Bereitstellung weiterer 150 Millionen Dollar für die Taifun-Opfer. 900 Millionen Dollar sind bereits für den Wiederaufbau zugesagt worden. Die US-Entwicklungsbehörde USAID wird voraussichtlich zehn Millionen Dollar an technischer Hilfe für etwa 18.400 Projekte im ganzen Land bereitstellen.

Diese Vorhaben sollen besonders hart getroffenen Gebieten im Umkreis von Tacloban, wie Guian im Osten Samars, zugutekommen. Dorthin fließen zudem zehn Millionen Dollar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Die Regierung Kanadas hat 3,3 Millionen Dollar angeboten, um unter anderem in den Provinzen Leyte und Iloilo die Wasserversorgung wieder in Gang zu bringen. Die Regierung in Manila sicherte unterdessen einen transparenten Umgang mit den bereitgestellten finanziellen Hilfen zu. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/11/filipinos-take-to-the-streets-one-year-after-typhoon-haiyan/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2014