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EUROPA/787: Baskenland - Friedensnobelpreisträger unterstützen Konfliktlösungsinitiative (Euskal Herriaren Lagunak)


Euskal Herriaren Lagunak - Freundinnen und Freunde des Baskenlands

Friedensnobelpreisträger und weitere internationale Persönlichkeiten unterstützen Konfliktlösungsinitiative der baskischen Unabhängigkeitsbewegung

Von Uschi Grandel, 1. April 2010


Vier Friedensnobelpreisträger, darunter der südafrikanische Bischof Desmond Tutu, der nordirische langjährige Vorsitzende der nordirischen Sozialdemokraten John Hume, die ehemalige Präsidentin der Republik Irland und spätere Hochkommissarin der UNO für Menschenrechte, Mary Robinson, sowie der Brite Jonathon Powell, der als rechte Hand Tony Blairs ein zentraler Akteur im britisch-irischen Friedensprozess war, die Nelson Mandela Stiftung und weitere internationale Persönlichkeiten erklärten ihre Unterstützung für die Friedens- und Konfliktlösungsbemühungen der Abertzalen Linken, der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung.

Auf einer Pressekonferenz, die am Montag, den 29. März 2010, im Europaparlament in Brüssel stattfand, stellte der südafrikanische Anwalt Brian Currin die von 21 internationalen Persönlichkeiten unterstützte Erklärung der Öffentlichkeit vor:

"Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, begrüßen die vorgeschlagenen Schritte und die öffentlich erklärte Bereitschaft der baskischen Pro-Unabhängigkeitsbewegung (abertzale Linke), ihre politischen Ziele mit "ausschließlich politischen und demokratischen Mitteln" und "in der völligen Abwesenheit von Gewalt" zu erreichen.

Wird diese Willenserklärung vollständig in die Tat umgesetzt, kann dies ein großer Schritt in Richtung der Beendigung des letzten verbleibenden Konflikts in Europa sein.

Wir haben die Erwartung, dass sich in den kommenden Monaten eine Situation ergeben kann, in der die Bereitschaft zu friedlichen, demokratischen und nicht-gewalttätigen Mitteln irreversible Realität wird. Um dies zu erreichen, appellieren wir an ETA, diese Willenserklärung durch einen permanenten und vollständig verifizierten Waffenstillstand zu unterstützen.

Wird eine solche Erklärung von der Regierung entsprechend beantwortet, würde dies neue politische und demokratische Möglichkeiten schaffen, die es erlauben, die Differenzen zu lösen und einen dauerhaften Frieden zu erreichen."

Unterstützerinnen und Unterstützer (eine Erläuterung zu den Funktionen finden Sie im Anhang): Betty Williams (Friedensnobelpreisträgerin), Denis Haughey (Vorsitzender der Social Democratic Labour Party in Nordirland), John Hume (Friedensnobelpreisträger), Archbishop Desmond Tutu (Friedensnobelpreisträger), Mary Robinson (ehemalige Präsidentin der irischen Republik), President FW de Klerk (Friedensnobelpreisträger gemeinsam mit Nelson Mandela), Die Nelson Mandela Stiftung (mit dem Zusatz, dass diese Erklärung in vollem Einklang mit den ethischen Grundsätzen des Gründers Nelson Mandela ist), Aldo Civico, Sheryl Brown, Andrea Bartoli, Alan Smith, Christopher Mitchell, John P Linstrot, Hurst Hannum, Jon Etchemendy, William Kelly, Albert Reynolds (Ehemaliger Taoiseach - Ministerpräsident - der Republik Irland), Jonathon Powell (Büroleiter unter Premierminister Tony Blair), Nuala O'Loan, Raymond Kendall, Silvia Casale

(Anliegend finden Sie auch die Presseerklärung von Brian Currin mit Informationen zum Hintergrund der Konfliktlösungsinitiative.)

Die Abertzale Linke begrüsst in ihrer Stellungnahme vom 31. März 2010 die Erklärung und bekräftigt ihre Entscheidung, unilateral mit ausschliesslich friedlichen Mitteln auf einen demokratischen Prozess ohne Gewalt und äussere Einflussnahme hinzuarbeiten. Sie bewertet "die Erklärung der internationalen Persönlichkeiten in all ihren Dimensionen als äusserst positiv" und als "wichtigen Beitrag zur Schaffung einer neuen Situation in Euskal Herria (dem Baskenland)" und appelliert an alle in der Erklärung angesprochenen Parteien, ihren Beitrag zu leisten.

Auch die sozialdemokratische baskische Pro-Unabhängigkeitspartei Eusko Alkartasuna begrüsst die Erklärung der internationalen Persönlichkeiten und beklagt das Schweigen der spanischen Regierung. Die spanische Tageszeitung El Pais berichtet in ihrer Ausgabe vom 1. April 2010, dass der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero ungehalten über die Unterstützung ist, die Brian Currin für die neuen Initiative zur Konfliktlösung zeigt. Er sieht sich Hardlinern der rechten Partei Partido Popular und wohl auch aus den eigenen Reihen gegenüber. Diese haben in den letzten Jahren den Kampf gegen die ETA als Begründung benutzt, um demokratische Rechte im Baskenland drastisch einzuschränken, den politischen Sektor der baskischen Unabhängigkeitsbewegung aus den demokratischen Institutionen zu verdrängen und politischen Dissens zu kriminalisieren. So ist es kein Zufall, sondern Ausdruck der Macht dieser Hardliner, dass ausgerechnet die Initiatoren des unilateralen Konfliktlösungsvorstosses der Abertzalen Linken, der ehemalige Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi und der ehemalige Generalsekretär der Gewerkschaft LAB Rafa Diez, seit Herbst 2009 "präventiv" inhaftiert sind und sich in spanischen Gefängnissen über 500 km vom Baskenland entfernt befinden.

Noch gibt es keine Stellungnahme von ETA (Euskadi Ta Askatasuna - Baskenland und Freiheit) zum Appell der internationalen Persönlichkeiten an die bewaffnete Organisation, "diese Willenserklärung durch einen permanenten und vollständig verifizierten Waffenstillstand zu unterstützen". Eine positive Reaktion von ETA würde es der spanischen Regierung jedoch noch schwerer machen, die Konfliktlösungsinitiative und ihre internationale Unterstützung weiter zu ignorieren.


Das Dokument der Abertzalen Linken "Zutik Euskal Herria (Steh auf Baskenland)" finden Sie in deutscher Übersetzung auf der Webseite www.info-baskenland.de:
http://www.info-baskenland.de/451-0-Steh|auf|Baskenland.html

Auf Info Baskenland wurde eine Seite speziell zum Thema Konfliktlösung eingerichtet, auf der wesentliche Dokumente, Berichte und Kommentare zum Thema zu finden sind:
http://www.info-baskenland.de/407-0-Konfliktloesung.html


Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Im Schattenblick finden Sie das Dokument unter:
www.schattenblick.de -> Infopool -> Politik -> Ausland
EUROPA/776: Steh auf, Baskenland! - neues Dokument der abertzalen Linken (Euskal Herriaren Lagunak)


Abertzale Linke: die Bedeutung des Begriffs "abertzale" in "abertzale Linke" ist eng verknüpft mit der speziellen Ausprägung der baskischen Unabhängigkeitsbewegung als progressive und internationalistische Bewegung. Als solche umfasst sie ein breites Spektrum von Organisationen, wie zum Beispiel politische Parteien, Gewerkschaften und kulturelle Organisationen, sowie bedeutende Teile der Frauen-, Umwelt- und Internationalismusbewegungen, die das gemeinsame Ziel der Befreiung des Baskenlandes haben. So wie Republikanismus eine besondere Bedeutung im irischen Kontext besitzt, kann der Begriff "abertzale" nicht nur einfach als Unabhängigkeitsbewegung übersetzt werden, ohne seine progressive Bedeutung zu betonen.


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PRESSEMELDUNG
BRIAN CURRIN: PRESSEKONFERENZ IM EUROPAPARLAMENT

Internationale Erklärung zur Konfliktlösung im Baskenland 29. März 2010 - 11.00 Uhr - Europaparlament, Brüssel

Gastgeberin der Pressekonferenz war die flämische Europaabgeordnete Frieda Brepoels (Nieuw-Vlaamse Alliantie). Brian Currin präsentierte eine internationale Erklärung zur Konfliktlösung im Baskenland, die von einer Vielzahl international bekannter Persönlichkeiten mit ihrer Unterschrift unterstützt wird. Brian Currin wurde 1950 in Südafrika geboren. Er hat sich als Menschenrechtsanwalt auf die Unterstützung von Friedensprozessen spezialisiert. Während des letzten Jahrzehnts der Apartheid war er nationaler Geschäftsführer des Verbands der Menschenrechtsanwälte. Im Jahre 1994 wurde er von Südafrikas neuem Präsidenten Nelson Mandela zum Vorsitzenden des Komitees "Gefängnis-Audit" berufen, dessen Aufgabe die Freilassung der politischen Gefangenen war. Später vertrat er Opfer vor der Wahrheitskommission. Er arbeitete außerdem in Sri Lanka, Rwanda, Malawi, Namibia, dem Nahen Osten, dem Baskenland und Nordirland zu Themen der Menschenrechte und der politischen Transformation.

Hintergrund

Am 16. Februar 2010 beendeten die regionalen Versammlungen der abertzalen Linken ihre Diskussion " Klärung der politischen Phase und der Strategie". Mehr als 600 Repräsentantinnen und Repräsentanten der über 270 lokalen Versammlungen präsentierten als Ergebnis die Erklärung "Zutik, Euskal Herria (Steh auf, Baskenland)", die die zukünftige Strategie definiert und festlegt. Zusammenfassend erklären sie:

1. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, ausschließlich friedliche und demokratische Mittel und Wege zu wählen. Diese Methoden ermöglichen die nötige Mobilisierung der Bevölkerung und die Aktionseinheit demokratischer und progressiver Kräfte im Baskenland als Garantie für den Beginn und die Weiterführung eines demokratischen Prozesses. Dieser demokratische Prozess muss sich in der völligen Abwesenheit von Gewalt und ohne äußeren Einfluss entwickeln. Wir unterstützen den Dialog und Verhandlungen aller politischen Kräfte. Diese müssen den Grundsätzen des Senators Mitchell folgen.

2. Eine wachsende Bündelung von Kräften in der Bevölkerung durch ausschließlich institutionelle und ideologische Auseinandersetzung bildet die Grundlage, um den spanischen Staat auf das Feld eines freien und demokratischen Austauschs von Ideen und politischen Projekten zu führen. Auf diese Weise werden wir in der Lage sein, eine Situation zu schaffen, in der baskische Bürgerinnen und Bürger frei, friedlich und demokratisch über ihre eigene Zukunft entscheiden.

3. Wir rufen die baskische Bevölkerung und alle progressiven, demokratischen und sozialen Kräfte im Baskenland dazu auf, ihre Kräfte zu vereinen, um diesen Prozess irreversibel zu machen, ohne dabei die eigene historische Identität zu verlieren. Wir rufen gleichermaßen die internationale Gemeinschaft dazu auf, diesen Prozess zu begleiten.

4. Wenn wir gemeinsam arbeiten und die Bevölkerung mobilisieren, wird uns dieser Weg in den kommenden Monaten neuen Fortschritt bringen und den Prozess unumkehrbar machen.


Intention und Kontext
Brian Currin erläuterte die Ziele der Erklärung international führender Persönlichkeiten im Kontext des baskischen Konflikts und beantwortete Fragen der Medien.

Videoaufzeichnungen
Videoaufzeichnungen der Pressekonferenz stehen unter folgenden FTP-Links zur Verfügung:

Videoaufzeichnung in geringer Auflösung für das Internet:
- ftp://video:exchange@greenmediabox.eu/brepoels
  Klick auf den Link, rechte Maustaste, "speichern als..."
  Videoname: 100329_brepoels_bru_en.flv

Videoaufzeichnung in hoher Auflösung:
- Die Benutzung eines FTP-Clients mit folgenden Einstellungen ist erforderlich:
  • Site: greenmediabox.eu
  • Login: video
  •Password : exchange
  •Videoname: 494_0968_04.MP4


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Internationale Unterstützerinnen und Unterstützer der Erklärung

Betty Williams: Friedensnobelpreisträgerin, ausgezeichnet für ihre Arbeit als Mitbegründerin der Peace People, einer Organisation, die eine friedliche Lösung des Konflikts in Nordirland anstrebte.

Denis Haughey: hauptamtlicher Assistent von John Hume (Vorsitzender der Social Democratic Labour Party in Nordirland). Er war Mitglied der Exekutive der Partei der Europäischen Sozialisten und der Sozialistischen Internationale. Er war an den Verhandlungen beteiligt, aus denen das Good Friday Agreement in Nordirland hervorging.

John Hume: Friedensnobelpreisträger, ausgezeichnet für seine Rolle, Nordirland den Frieden zu bringen. Er wird als einer der Architekten des nordirischen Friedensprozesses gesehen. Er erhielt außerdem den Gandhi Friedenspreis und den Martin Luther King Award.

Archbishop Desmond Tutu: Friedensnobelpreisträger und Empfänger des Albert Schweitzer Preises für Menschenrechte, sowie des Gandhi Friedenspreises. Er war Vorsitzender der Kommission für Wahrheit und Versöhnung in Südafrika und ist dort gegenwärtig Vorsitzender der Group of Elders.

Mary Robinson: war die erste weibliche Präsidentin der irischen Republik und im Anschluss daran Hochkommissarin der UNO für Menschenrechte. Sie ist Gründungsmitglied und Vorsitzende des Council of Women World Leaders.

President FW de Klerk: Friedensnobelpreisträger (gemeinsam mit Nelson Mandela), ausgezeichnet für seine Rolle bei der Beendigung der Apartheid in Südafrika. Er war der letzte Präsident des ehemaligen Apartheid-Staates Südafrika und stellvertretender Präsident während der Präsidentschaft von Nelson Mandela.

Die Nelson Mandela Stiftung (mit dem Zusatz, dass diese Erklärung in vollem Einklang mit den ethischen Grundsätzen des Gründers Nelson Mandela ist).

Aldo Civico: Direktor des Zentrums für Internationale Konfliktlösung an der Columbia Universität.

Sheryl Brown: Direktor für virtuelle Diplomatie, United States, Institut für Frieden, Washington DC.

Andrea Bartoli: Direktor des Instituts für die Analyse und die Lösung von Konflikten, George Mason University, Washington DC

Alan Smith: UNESCO, Vorsitzender des Instituts für Friedenserziehung, University of Ulster, Nordirland.

Christopher Mitchell: Professor (Emeritus) für Konfliktlösung, Institut für Konfliktanalyse und Konfliktlösung, USA

John P Linstrot: Senior Researcher, Internationales Institut für Friedensforschung, Oslo

Hurst Hannum: Professor für Internationales Recht. The Fletcher School of Law and Diplomacy, Tufts University

Jon Etchemendy: Provost (chief academic administrator) an der Stanford University.

William Kelly: Archive of Humanist Art

Albert Reynolds: Ehemaliger Taoiseach (Ministerpräsident) der Republik Irland

Jonathon Powell: Büroleiter des Premierministers Tony Blair. Er wurde als der engste Vertraute Tony Blairs angesehen.

Nuala O'Loan: Baroness (Mitglied des britischen Oberhauses, House of Lords), erste Leiterin des Büros des Polizeiombudmans für Nordirland und Sonderbeauftragte der Republik Irland für Timor-Leste.

Raymond Kendall: ehemaliger Generalsekretär von INTERPOL

Silvia Casale: ehemalige Präsidentin des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT)


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Quelle:
Euskal Herriaren Lagunak - Freundinnen und Freunde des Baskenlands
Dr. Uschi Grandel
Holzhaussiedlung 15, 84069 Schierling - Deutschland
E-Mail: info@info-baskenland.de
Internet: http://www.info-baskenland.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2010