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LATEINAMERIKA/1095: Kolumbien-aktuell Nr. 494 vom 24. Juni 2010 (ask)


Kolumbien-aktuell Nr. 494 vom 24. Juni 2010


I. Artikel

1. Die Campesinos von El Prado und das INCODER (von Stephan Suhner):

Die Kleinbauernfamilien von El Prado befinden sich nach Vertreibungen von 1995 zum wiederholten Mal in einer humanitären Notlage. Wie auch schon im jüngst dokumentierten Fall Las Pavas zeichnet sich als Konfliktakteur immer stärker die staatliche Landreformbehörde aus. Während die Familien keinen Zugang zu Wasser mehr haben, wäscht die Behörde ihre Hände in Unschuld.

http://www.askonline.ch/themen/Landwirtschaft/PradovsINCODER.pdf


2. Kolumbien im Visier bei der Jagd nach Gold (von Sylvia Meyer):

Junior-Goldunternehmen aus Kanada investieren verstärkt in Kolumbien. Der steigende Goldpreis schürt Hoffnungen auf ein neues Eldorado. So genannte greenfield discoveries zeigen, dass der Goldrausch in Kolumbien noch lange nicht beendet ist. Leidtragende des neuen Kolonialismus sind auch gut 500 Jahre nach der Eroberung die autochthone Bevölkerung und die Natur. Selbst Reservate sind im Visier.

http://www.askonline.ch/themen/Wirtschaft_MR/NeuerGoldrauschinKolumbien.pdf


3. Neue Zeugenaussage zur Verwicklung in Paramilitarismus (von Sylvia Meyer):

Nach jüngsten Anschuldigungen von Ex-Polizeichef Juan Carlos Meneses unterhielt der jüngere Bruder des scheidenden kolumbianischen Präsidenten in den 1990-er Jahren im Bundesstaat Antioquia enge Verbindungen zu der paramilitärischen Gruppe "Die 12 Apostel". Die Uribes hingegen stellen das Geständnis als Strategie zur Diffamierung des Präsidenten und seiner Anhänger dar. Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, der den Vorwürfen nachgeht, ist für ‘lvaro Uribe "ein nützlicher Idiot".

http://www.askonline.ch/themen/KriegundFrieden/Verbindungen_Paras.pdf


4. Ungelöster Arbeitskonflikt bei Glencores Tochterfirma (von Stephan Suhner):

Seit dem Morgen des 17. Juni streiken die Kumpel bei Carbones de la Jagua. Nach Scheitern der Verhandlungen hat der Streik am vergangenen Donnerstag um 6.30 begonnen. Gewaltsame Repressionen der Streikbewegung sind nicht auszuschliessen.

http://www.askonline.ch/themen/Wirtschaft_MR/Streik.pdf


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II. Apropos

Wahlen in Kolumbien - siempre lo mismo: Der Monatsbericht der ask! widmet sich im Juni natürlich den Wahlen in Kolumbien. Der vierseitige Bericht stellt den gewählten Nachfolger von Uribe vor und kommentiert die Ereignisse.

Mehr Infos:
http://www.askonline.ch/monatsberichte/Monatsbericht_6_2010.pdf


Interamerikanischer Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Staat für aussergerichtliche Hinrichtung an Manuel Cepeda Vargas: Mit dem historischen Urteil bezüglich des Mordes aus dem Jahr 1994 setzt der Gerichtshof ein Zeichen: Zum ersten Mal wird der kolumbianische Staat bezüglich der aussergerichtlichen Hinrichtung eines Oppositionsführers schuldig gesprochen. Cepeda war gewählter Senator der Union Patriota. Durch die Ermordung des letzten gewählten Senators der UP am 09. August wurde auch letztlich die linke Opposition systematisch zum Schweigen gebracht. Das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo wertet das Urteil daher als wichtigen Schritt zur Vergangenheitsbewältigung.

Mehr Infos:
http://www.colectivodeabogados.org/Corte-interamericana-condena-al


Internationaler Gewerkschaftsbund - Kolumbien weiterhin an Weltspitze der Gewerkschaftermorde: Am 9. Juni 2010 hat der Internationale Gewerkschaftsbund IGB/ITUC seinen Jahresbericht 2009 veröffentlicht. Er stellt eine generelle Zunahme der Verletzungen der Arbeitsrechte fest, insbesondere im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise. Besonders besorgniserregend ist die starke weltweite Zunahme von Morden an Gewerkschaftern. 2009 wurden weltweit 101 Gewerkschafter ermordet, 30 Prozent mehr als 2008. Fast die Hälfte der insgesamt Getöteten wurde in Kolumbien ermordet, das damit weiterhin weit abgeschlagen der Spitze steht. Es folgen Guatemala mit 16 Morden - also einem Drittel, Honduras mit zwölf Morden, Mexiko und Bangladesch jeweils mit sechs Morden. In vielen Ländern werden die Gewerkschafter sonstig mannigfach unter Druck gesetzt oder sitzen ungerechtfertigte lange Haftstrafen ab, wie etwa in der Türkei, in Iran, Zimbabwe, Pakistan oder Südkorea. Hervorzuheben ist der Versuch der Unternehmen, das Streikrecht mit Gewalt zu unterbinden und den Beitritt von Arbeitern zu Gewerkschaften zu verhindern respektive deren Austritt und die Spaltung von Gewerkschaften zu fördern.

Mehr Infos:
www.ituc-csi.org/http://www.ituc-csi.org/jahrliche-ubersicht-des-igb.html


Kolumbien von Schmähliste zu Gewerkschaftsrechten gestrichen: In Genf fand vom 2. bis 18. Juni die 99. Session der Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) statt. Jedes Jahr beleuchtet die Kommission für Normen der OIT die Situation der Gewerkschaftsrechte in 25 Ländern mit besonders gravierenden Problemen. Die Kommission stützt sich dabei auf Expertenberichte und auf Verhandlungen zwischen den Sprechern der Arbeiter-und der Unternehmerschaft. Bis am 4. Juni 2010 war Kolumbien auf der Liste der 25 Länder, die die Gewerkschaftsrechte am meisten verletzen. Der Gewerkschaftsdachverband denunziert, dass Kolumbien nun von der Liste gestrichen wurde, weil der Unternehmerblock grossen Druck ausübte, die ganze Liste abzulehnen, falls Kolumbien darauf erscheine. Als Kompromiss wurde beschlossen, eine hochrangige tripartite Delegation nach Kolumbien zu senden. Dies ist zwar auch ein Eingeständnis, dass die Situation in Kolumbien nicht gut ist, ist aber in den Augen der CUT eine schwächere Massnahme als die Aufführung auf der Liste. Sie hat sich deshalb zusammen mit dem Verband CTC gegen eine Streichung von der Liste gewehrt. Einzig der Verband CGT hat mit den Unternehmern gestimmt und dafür harte Kritik der anderen Gewerkschaften geerntet.

Mehr Infos:
http://www.ilo.org/global/What_we_do/Officialmeetings/ilc/ILCSessions/99thSession/lang--en/index.htm


UN-Bericht zur Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten in Kolumbien: Die UN-Sonderberichterstatterin zur Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten Gabriela Carina Knaul de Albuquerque e Silva weist in ihrem jüngst erschienenen Bericht auf verschiedene Probleme des kolumbianischen Justizwesens hin. Basierend auf ihrem Besuch vom vom 7. bis zum 16. Dezember 2009 und Interviews in verschiedenen Städten und mit verschiedenen Vertretern diverser Institutionen erarbeitete sie eine siebenseitige Liste mit Empfehlungen zur Verbesserung der Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten.

Der Bericht ist auf Spanisch online abrufbar unter:
http://www2.ohchr.org/english/issues/judiciary/docs/A.HRC.14.26.Add.2.pdf


Zweites schweres Grubenunglück in Amaga: Am Mittwoch den 16.06.2010 starben bei einem Grubenunglück in der legalen Mine Carbones San Fernando im Bundesstaat Antioquia vermutlich 73 Bergleute untertage. Aufgrund einer Explosion, vermutlich durch eine hohe Methangaskonzentration verursacht, stürzte die Grube um 22.45 Uhr Ortszeit ein. Die Bergungsarbeiten dauern an. Dies ist das zweite schwere Grubenunglück in Amaga. Bereits 1977 starben 88 Menschen in der Mine. Im letzten Jahr kam ein Bergmann ums Leben.

Mehr Infos:
http://www.caracol.com.co/nota.aspx?id=1314401


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III. Tipps und Hinweise

Petition Agrotreibstoffe online: Noch bis im zum 06. September kann die Petition Agrotreibstoffe online unterzeichnet werden unter: http://www.petition-agrotreibstoffe.ch/petition.php. Die Petition der Plattform Agrotreibstoffe wird von 33 Organisationen getragen und fordert: "Die Einführung von Zulassungskriterien, welche sozial und ökologisch problematische Agrotreibstoffe generell ausschliessen. In die Kriterien müssen dabei insbesondere die Ernährungssicherung in den Herkunftsländern sowie indirekte Verdrängungseffekte einbezogen werden."

"En medio del Magdalena Medio" von Alfredo Molano Bravo: In seinem neuen Buch rekonstruiert der Autor die Geschichte der Region Magdalena y Medio und zeigt die Arbeit des Friedensprogramms Programa de Desarrollo y Paz del Magdalena Medio (Pdpmm) auf. Eine Vorbesprechung des Buches findet sich unter:

http://www.elespectador.com/impreso/nacional/articuloimpreso-203421-medio-del-magdalena-medio?page=0,1

Film zum Fall Las Pavas - En tierra de otros: Mit Hilfe der (kolumbianischen) Diakonie haben die Kleinbauern aus Las Pavas einen Film über die Landrechtsfrage in Kolumbien gedreht. In dem ca. 30- minütigen Film mit englischen Untertiteln berichtet unter anderem Misael Payares über die Geschichte des Landkonfliktes auf ihrem Territorium. Die ask unterstützt die Verbreitung des Filmes und versendet die CD gegen einen Unkostenbeitrag von 6 CHF für Material und Versand. Bestellen können Sie
per Mail unter kommunikation@askonline.ch
oder ganz einfach per Telefon +41 31 311 40 20


Wenn Sie die Arbeit der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien unterstützen möchten, freuen wir uns über Spenden auf das Konto der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, Buchhaltung Basel, 6003 Luzern, auf das Konto 60-186321-2. Die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien ist als gemeinnützig anerkannt und die Spenden sind steuerlich absetzbar.


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Quelle:
Kolumbien-aktuell No. 494 vom 24. Juni 2010
Herausgeber: ask Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien
Kommunikation und Administration, Gisela Grimm
Neuengasse 8, CH-3011 Bern
Tel +41 31 311 40 20
E-mail: kommunikation@askonline.ch
Internet: www.askonline.ch


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2010