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LATEINAMERIKA/1270: Ecuador - Militäranschlag auf illegalen Goldbergbau (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Mai 2011

Ecuador: Militäranschlag auf illegalen Goldbergbau - Rechtsstreitigkeiten erwartet

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 30. Mai (IPS) - Die Regierung hat dem illegalen Bergbau den Krieg erklärt. Rund eine Woche nach einem umstrittenen Militäreinsatz in der Provinz Esmeraldas an der kolumbianischen Grenze sagte Staatspräsident Rafael Correa am 28. Mai in Quito, dass er der Verseuchung von Mensch und Natur nicht länger tatenlos zusehen werde. Bei der Operation hatten Soldaten Dutzende Bagger und andere Maschinen in die Luft gesprengt.

Die zwischen 100.000 und 200.000 US-Dollar teuren Bagger waren in den letzten Monaten dazu verwendet worden, "illegal Gold im Wert von 130 Millionen Dollar zu schürfen", teilte der ecuadorianische Minister für nicht erneuerbare natürliche Ressourcen, Wilson Pástor, mit. Er wies darauf hin, dass für 30 Gramm Gold eine Tonne Erdreich bewegt werden müssen.

"Die Militäreinsätze werden fortgeführt", sagte Staatschef Correa mit Hinweis auf andere Provinzen wie Zamora, Morona-Santiago und Napo, in denen ebenfalls Rohstoffe illegal ausgebeutet würden. "Ich werde nicht erlauben, dass ein Gebiet, wie klein es auch immer sein mag, zum Niemandsland wird und unsere Flüsse, Wälder und Menschen vergiftet werden."

Der Goldbergbau in acht Dschungelgebieten der Kantone Eloy Alfaro und San Lorenzo in der Provinz Esmeraldas sei "komplett illegal" und ein Verstoß gegen die Bergbau-, Umwelt- und Steuergesetze gewesen, so Pástor, und seine Amtskollegin aus dem Umweltressort, Marcela Aguiñaga, kürzlich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Der Militäreinsatz war gefilmt und am 23. Mai im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt worden. Die Bilder zeigen Luftaufnahmen von riesigen Kratern in mindestens acht unterschiedlichen Gebieten landeinwärts auf der Höhe der Hafenstadt San Lorenzo nahe der kolumbianischen Grenze.


Flüsse belastet

Den beiden Ministern zufolge seien durch den "von Drogenhändlern finanzierten" illegalen Bergbau die Zuflüsse des Rio Santiago - Bogotá, Tululví, Cachaví, Huimbí, Palaví, Zapallito und Estero María mit Arsen und Quecksilber verseucht worden. Die giftigen Rückstände erhöhten das Risiko, an Krebs zu erkranken, so Aguiñaga.

"Ecuador ist kein Niemandsland. Schluss mit dem illegalen Bergbau. Schluss mit der Geldwäsche. Schluss mit der Ausplünderung unserer Ressourcen", sagte Pástor. Die illegalen Aktivitäten gingen mit Umweltsünden, Steuerflucht, der illegalen Einfuhr von Maschinen und anderen Verbrechen einher und müssten dringend gestoppt werden.

Nach Angaben von Aguiñaga hatte eine Richterin den Militäreinsatz am 19. Mai genehmigt. Einem Sprecher von Staatspräsident Correa zufolge hatte zuvor ein Richter aus Esmeraldas alle Bergbauaktivitäten in der Provinz untersagt.

Der Militäreinsatz hat in Ecuador eine Kontroverse über die Rechtmäßigkeit der Aktion ausgelöst. Nach Ansicht des ehemaligen Staatspräsidenten Osvaldo Hurtado (1981-1984) "müssen sich Correa und sein Verteidigungsminister Javier Ponce vor Gericht für die Operation verantworten". In einem Rechtsstaat könne ein Richter die Sicherstellung von Gütern anordnen, nicht aber die Zerstörung ohne vorangegangenes Verfahren.

Innenminister José Serrano zufolge geht es nicht um die Frage der Legalität oder Illegalität der Aktion, "sondern um Verbrechen wie Steuerbetrug, Rohstoffschmuggel, Geldwäsche und die Ausbeutung von Arbeitern".


Angriff auf Justiz

Pástor wiederum erklärte, die Sicherstellung von Baggern sei angesichts negativer Erfahrungen mit Richtern und Staatsanwälten in den letzten Jahren unzureichend. So sei es vorgekommen, dass ein Richter vor Abschluss der Voruntersuchung die Rückgabe der Bagger an ihre Besitzer angeordnet habe.

Die Argumentation sei rechtlich nicht zu halten, meinte dazu der Anwalt Juan José Montero. Es sei ein Widerspruch, den Militäreinsatz in Esmeraldas mit einem richterlichen Befehl zu entschuldigen, aber das Misstrauen gegenüber der Justiz als Begründung für die illegitime Zerstörung von Bergbaumaschinen zu rechtfertigen.

Wie die Regierung ausdrücklich betonte, richten sich die Militäreinsätze nicht gegen die kleinen Bergleute. Diejenigen, die durch den Militäreinsatz ihren Job verloren hätten, würden nun in die Beseitigung der Umweltschäden eingebunden, hieß es in Quito. Pástor zufolge werden die acht betroffenen Gebiete dem Zuständigkeitsbereich des staatlichen Bergbauunternehmens ENM unterstellt, das Verträge mit kleinen und mittelständischen Goldsuchern schließen darf.

Die Aussicht, dass der Staat wegen der Zerstörung der Bergbaumaschinen verklagt werden könnte, nahm Pástor gelassen. Zunächst müssten sich die Bergbauunternehmen für die Umweltschäden wie den Verlust von Wald und fruchtbaren Böden, der Verseuchung der Gewässer und Veränderungen des Verlaufs von Flüssen und Bächen verantworten. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2011