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LATEINAMERIKA/1277: Peru - Bau von Inambari-Staudamm nach Protesten ausgesetzt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Juni 2011

Peru: Bau von Inambari-Staudamm nach Protesten ausgesetzt

Von Milagros Salazar


Lima, 21. Juni (IPS) - Die peruanische Regierung des scheidenden Staatspräsidenten Alan García hat nach Protesten der Bevölkerung im Süden des Landes den Bau des Wasserkraftwerks Inambari ausgesetzt. Das Vorhaben ist Teil eines Energieabkommens mit Brasilien und wird nach Ansicht der Projektgegner Garcías Nachfolger Ollanta Humala beschäftigen.

"Inambari gibt es nicht mehr", erklärte Tatiana Berger, Presseberaterin des Energie- und Bergbauministeriums, nach der öffentlichen Bekanntgabe der Regierung, die temporäre Genehmigung für Vorarbeiten an dem Projekt durch das brasilianische Energieunternehmen Egasur sei definitiv abgelaufen.

Bekannt gegeben wurde die Entscheidung nach Verhandlungen mit den Bürgermeistern und Vertretern der Staudammanrainer der südperuanischen Region Puno. Berger betonte, dass eine Fortsetzung des Projekts in Übereinstimmung mit dem Ureinwohnerabkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von der Rücksprache mit den betroffenen indigenen Völkern abhänge. Eine Fortführung des Staudamms sei jedoch aufgrund des breiten Widerstands unwahrscheinlich.


Widerstand gegen Umsiedlung

Entstehen soll das Wasserkraftwerk im Drei-Regionen-Eck Puno, Cusco und Madre de Dios im Südosten Perus. Der Bau und die Flutung von 37.800 Hektar Land machen die Umsiedlung von 70 indigenen Dörfern erforderlich, wie aus einer Egasur-Machbarkeitsstudie hervorgeht.

Doch kritische Stimmen warnen, dass mit der Ankündigung der Regierung der Fall Inambari noch lange nicht vom Tisch ist. Denn der Regierungsbeschluss bedeute nicht notwendigerweise das Aus für den Staudamm.

"Wir haben lediglich eine Verschnaufpause durchgesetzt. Wir wollen jedoch einen endgültigen Baustopp", betonte der Vorsitzende des 'Komitees für den Kampf der Provinz Carabaya in Puno', Hernán Vilca. "Darauf werden wir auch nach dem Amtsantritt von Präsident Humala bestehen." Humala wird am 28. Juli als neuer Staatspräsident Perus verteidigt.

Die Sorge Vilcas ist berechtigt, denn im Grunde hat die Regierungsresolution keinen neuen Sachverhalt geschaffen. Tatsächlich ist die Frist für eine weitere Verlängerung der temporären Egasur-Konzession bereits seit acht Monaten abgelaufen, der Zeitrahmen für eine mögliche Verlängerung überschritten. "Das einzig Positive an dem Regierungsbeschluss ist, dass der Fall nun international bekannt geworden ist", kommentierte der Anwalt César Gamboa von der Naturschutzorganisation 'Umweltrecht und natürliche Ressourcen' (DAR).


Egasur hat Abmachungen erfüllt

In einem auf den 7. Oktober 2010 datierten Schreiben an die Generaldirektion für Elektrizität im peruanischen Ministerium für Energie und Bergbau hatte Egasur die offizielle Bestätigung eingefordert, "dass unsere Verpflichtungen in Bezug auf die temporäre Konzession mit der Vorlage von Machbarkeitsstudien erfüllt sind".

Der Brief, der IPS in Kopie vorliegt, verdeutlicht, dass Egasur die von Peru gewünschten technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Studien als Teil der umfassenden Machbarkeitsstudie innerhalb des eingeräumten Zeitrahmens von einem Jahr durchgeführt hat. Dem Umweltschützer Gamboa zufolge kann sich das Unternehmen nun, nachdem es seine Auflagen erfüllt hat, um eine endgültige Konzession bemühen und die notwendige Umweltverträglichkeitsstudie (EIA) nachreichen.

Für Brasilien ist das Thema längst nicht abgeschlossen. Einen Tag nach Bekanntwerden der Resolution erklärte ein Sprecher von Electrobrás, einem Egasur-Partnerunternehmen, der regionalen Wirtschaftsnachrichtenagentur BNamericas, das Projekt sei nach wie vor umsetzbar.


Stromüberschüsse für Brasilien

Der Staatssekretär im brasilianischen Bergbau- und Energieministerium, Altino Ventura, erklärte gegenüber IPS, dass Peru und Brasilien gleichermaßen am Bau des Inambari-Projekts interessiert seien. Das Vorhaben ziele in erster Linie darauf ab, den Energiebedarf Perus zu decken. Die Produktionsüberschüsse seien für Brasilien bestimmt.

Doch peruanische Experten wenden ein, dass sich Peru bisher noch nicht auf den Energiebedarf für die angestrebte Vertragslaufzeit von 30 Jahren festgelegt habe. Aus diesem Grund könne auch kein Prozentsatz für einen endgültigen inländischen Konsumverbrauch genannt werden.


Auch andere Projekte umstritten

Im Rahmen des bilateralen Abkommens ist der Bau weiterer Kraftwerke in Mainique, Cusco, Paquitzapango und in Junín vorgesehen. Auch das Projekt in Mainique wurde inzwischen auf Eis gelegt. Da es im Megantoni-Nationalpark entstehen soll, bedarf es der Zustimmung der für Schutzgebiete zuständigen Behörde, die bisher nicht erteilt wurde.

Probleme gibt es auch mit dem Paquitzapango-Projekt. Auch in diesem Fall ist die temporäre Konzession inzwischen ausgelaufen. Die Chancen, dass das Projekt erneut aufgenommen wird, sind angesichts des breiten Widerstands der indigenen Asháninka unwahrscheinlich.

"Was uns Sorgen bereitet, ist das gute Verhältnis des künftigen Präsidenten Humala zu Brasilien", meinte der Bürgeraktivist Vilca. "Wir werden deshalb auf der Hut sein und Briefe an alle Ministerien schicken."

Wie Berger, die Presseberaterin im peruanischen Energie- und Bergbauministerium, erklärte, steht es Egasur und anderen Unternehmen frei, sich um neue temporäre Konzessionen zu bemühen. Das im Juni 2010 mit Brasilien unterzeichnete Energieabkommen bleibe in Kraft und man warte auf neue von brasilianischen Unternehmen finanzierte Projekte, die der Übereinkunft Leben einhauchten. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2011