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NAHOST/1037: Bahrain - Ausweisungsbefehl von US-Vertreter dämpft Hoffnungen auf Reformen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Juli 2014

Bahrain: Ausweisungsbefehl von US-Vertreter dämpft Hoffnungen auf Reformen

von Jim Lobe



Washington, 8. Juli (IPS) - Die kürzlich von der Regierung Bahrains angeordnete Ausweisung eines hochrangigen US-Vertreters hat Hoffnungen auf Reformen gedämpft, die eine Aussöhnung zwischen der von Sunniten geführten Regierung und der schiitischen Bevölkerungsmehrheit herbeiführen könnten.

Überraschend erklärte Bahrain den für Demokratie und Menschenrechte zuständigen US-Staatssekretär Tom Malinowski, der zu Besuch ins Land gereist war, am 7. Juli zur 'unerwünschten Person'. Menschenrechtsgruppen in den USA und im Golfstaat forderten daraufhin eine dezidierte Reaktion aus Washington. Das US-Außenministerium erklärte, man sei "zutiefst beunruhigt" über den Ausweisungsbefehl. Das Vorgehen stehe nicht im Einklang mit der "engen Partnerschaft zwischen den USA und Bahrain".

Die Tatsache, dass der Ausweisungsbefehl noch nicht einmal zwei Wochen nach der allseits begrüßten Entlastung von Khalil al-Marzouq, dem Vorsitzenden der schiitischen al-Wefaq-Partei, von Terrorismusvorwürfen erfolgte, hat die Irritationen weiter verstärkt.


Washington soll bilaterale Beziehungen überdenken

"Die USA sollten ihre Beziehungen zu der Regierung Bahrains überprüfen", meinte Brian Dooley, Golfstaatenexperte der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights First'. Die stets unberechenbarer reagierende Königsfamilie heiße einerseits die militärische Unterstützung aus den USA willkommen, diffamiere aber zugleich US-Diplomaten.

Vor seiner Ernennung zum Staatssekretär im vergangenen Jahr hatte sich Malinowski als Direktor der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' in Washington mit Kritik an Bahrain nicht zurückgehalten. Der Golfstaat wirft ihm nun vor, sich in seine inneren Angelegenheiten eingemischt und gegen diplomatische Regeln verstoßen zu haben.

Der Vorwurf bezieht sich offenbar darauf, dass Malinowski am 6. Juli an einem von al-Wefaq ausgerichteten Treffen teilgenommen hatte, ohne dass ein Vertreter des Außenministeriums zugegen gewesen war, wie Simon Henderson vom Institut für Nahostpolitik in Washington berichtete.

Den Äußerungen der bahrainischen Führung war zu entnehmen, dass Malinowski das Land "unverzüglich" zu verlassen habe. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, erklärte jedoch am 7. Juli, dass der Staatssekretär an Ort und Stelle bleibe. US-Regierungsvertreter seien in "engem Kontakt" mit den Amtskollegen in Manama. Später fügte sie hinzu, dass Malinowskis Besuch in Bahrain weit im Voraus mit der Regierung vereinbart worden sei.

Henderson zufolge ist es unüblich, Vertreter eines verbündeten Landes zu unerwünschten Personen zu erklären. Malinowski sei überdies noch nicht einmal in Bahrain stationiert, sondern lediglich zu Besuch erschienen. Sein unmittelbarer Vorgänger Michael Posner hatte Bahrain mehrfach ohne Zwischenfälle besucht und sich dort auch mit Vertretern der Opposition und Zivilgesellschaft getroffen.

Bahrain, wo die Fünfte Flotte der US-Marine stationiert ist, befindet sich in einer strategisch wichtigen Position in der Golfregion. Der Staat liegt dem Iran gegenüber und ist mit Saudi-Arabien durch einen Damm verbunden. Wie in den übrigen Monarchien in der Region sind auch die Mitglieder des Herrscherhauses von Bahrain Sunniten. Im Unterschied zu anderen Ländern des Golf-Kooperationsrates ist die Bevölkerung jedoch mehrheitlich schiitisch und fordert seit Längerem demokratische Reformen.

Während des so genannten 'Arabischen Frühlings' 2011 hatten in Bahrain Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Gruppen aus Schiiten und Sunniten Großdemonstrationen organisiert und die Regierung zu Reformen gedrängt. Gegen diese Proteste ging das Regime mit harter Hand vor und holte sich militärische Verstärkung aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Dutzende Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen getötet und tausende festgenommen sowie hunderte von den Sicherheitskräften gefoltert. Viele mussten erzwungene 'Geständnisse' unterzeichnen, wie aus einem im November 2011 veröffentlichten Untersuchungsbericht einer unabhängigen internationalen Kommission unter dem Vorsitz des US- ägyptischen Juristen Cherif Bassiouni hervorging.

Obwohl König Hamad zugesichert hat, die von der Kommission nahegelegten Reformen umzusetzen, können unabhängige Menschenrechtsgruppen bisher keine Fortschritte erkennen. Die religiös motivierte Gewalt in dem Staat nehme sogar weiter zu. Oftmals komme es zu Straßenkämpfen zwischen schiitischen Jugendlichen und dem Militär.

US-Präsident Barack Obama und seine Regierung werfen Manama Menschenrechtsverletzungen vor und fordern die vollständige Umsetzung der Empfehlungen der Bassiouni-Kommission. Dennoch hat Washington bislang keine konkreten Maßnahmen gegen Bahrain ergriffen. Im Rahmen eines Rüstungsgeschäftes im Umfang von 53 Millionen US-Dollar wurde lediglich die Lieferung von Waffen ausgesetzt, die gegen friedliche Demonstranten eingesetzt werden könnten. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/07/bahrains-expulsion-of-u-s-official-sets-back-ties-reform-hopes/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2014