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NAHOST/452: Israel - Nicht gehaltene Rede von Uri Avnery vom 3. Januar 2009 (Uri Avnery)


Ein krimineller Krieg

Uri Avnery, Rede für den 3.1.2009


Gush Shalom und 20 weiter Friedensorganisationen organisierten in Tel Aviv am 3. Januar eine Großdemonstration für den Frieden. Ihre zentrale Forderung: Sofortiger Waffenstillstand und das Ende der Blockade des Gaza-Streifens. Die Demonstranten wurden von rechtsextremen Randalierern attackiert. Auf Grund dieser Umstände konnte die Abschlusskundgebung nicht mehr durchgeführt werden.

Es folgt die - nicht gehaltene - Rede von Uri Avneri von der Friedensorganisation GUSH SHALOM:


Sie sagen uns, wir seien Verräter.
Sie sagen uns, wir würden Israel zerstören.
Sie sagen uns, wir seien Kriminelle.

Wir aber sagen ihnen:
Die Kriminellen sind jene,
die diesen kriminellen und unnötigen Krieg begonnen haben.

Ein unnötiger Krieg:
Weil es möglich gewesen wäre,
die Qassams von der Regierung stoppen zu lassen -
wenn die Blockade über 1,5 Millionen Bewohner von Gaza
aufgehoben worden wäre.

Ein krimineller Krieg
Weil er vor allem offen und schamlos
Ein Teil von Ehud Baraks und Zipi Livnis
Wahlkampagne ist.

Ich klage Ehud Barak an
Die IDF- Soldaten auszunützen,
Um mehr Sitze in der Knesset zu bekommen.

Ich klage Zipi Livni an,
das gegenseitige Abschlachten gut zu heißen,
um Ministerpräsidentin zu werden.

Ich klage Ehud Olmert an,
weil er seine Korruption
mit einem verheerenden Krieg
zu überdecken versucht.

Ich rufe Sie alle von dieser Tribüne
Und vor dieser mutigen und anständigen Hörerschaft auf:
Stoppt den Krieg sofort!
Stoppt das unnötige Blutvergießen
unserer Soldaten und der Zivilisten !
Stoppt das Blutvergießen
Der Bewohner des Gazastreifens!

Die Bodeninvasion
Wird eine zusätzliche Katastrophe verursachen,
ein gegenseitiges Massaker
und weitere Kriegsverbrechen!

Nach diesem Krieg wird kein General
Mehr in der Lage sein, seinen Fuß
Auf europäischen Boden zu setzen,
ohne befürchten zu müssen,
Dass er wegen Kriegsverbrechen verhaftet wird.

Uns wird gesagt
Es gäbe keine Alternative.
Das stimmt nicht.
Eine Feuerpause ist sogar jetzt möglich,
ja in jeder Minute -
wenn wir darin übereinstimmen,
die mörderische Belagerung aufzuheben,
wenn wir der Bevölkerung von Gaza erlauben,
in Würde zu leben,
wenn wir mit der Hamas reden.

Ich möchte mich an die Leute im Süden wenden,
an die Leute von Sderot, Ashdod und Beersheba:
Wir kennen eure Ängste.
Auch wenn wir nicht mit euch zusammen leben -
Wir kennen sie gut.
Aber wir wissen auch, dass dieser Krieg
Diese Situation nicht verändern wird.
Die Politiker nützen euch aus.
Die Politiker führen einen Krieg
Auf eurem Rücken. Und ihr wisst das.

Ich rufe Olmert, Barak und Livni auf:
Schickt die Soldaten nicht in den Streifen!
Alle drei von euch werden wegen Kriegsverbrechen angeklagt!
Alle drei werden den Preis zahlen.

Die Massen, die euch jetzt, zujubeln
Werden euch morgen strafen.
Was beim 2. Libanonkrieg geschah,
das wird diesmal wieder geschehen.

Und Ihr, die Ihr hier steht,
Frauen und Männer, Junge und Alte,
Juden und Araber,
Ihr, die Ihr hier gegen den schrecklichen Krieg
Vom ersten Tag, von der ersten Minute an
- isoliert und verflucht - protestiert habt,
Ihr seid die wahren Helden!

Ihr könnt stolz sein, sehr stolz,
weil ihr in der Mitte eines Hurrikan von Hysterie und Ignoranz steht
und nicht davon weggefegt worden seid.
Ihr habt Euren gesunden Menschenverstand behalten
Nicht nur zu Hause, sondern auch hier auf der Straße!

Millionen rund um die Welt sehen euch
Grüßen Euch, grüßen jeden einzelnen von Euch!

Als Mensch, als Israeli als Friedenssucher
Bin ich stolz, heute hier gewesen zu sein.



Übersetzung aus dem Englischen Ellen Rohlfs


Ein Bericht über diese Demo findet sich im Schattenblick unter:
www.schattenblick.de -> Infopool -> Bürger und Gesellschaft -> Fakten ->
BERICHT/858: Friedenswerkstatt Linz - Rundbrief 1/2009


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Quelle:
Uri Avnery, Januar 2009
www.uri-avnery.de
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2009