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NAHOST/673: USA frieren Militärhilfe für Libanon ein - Erstarken der Hisbollah befürchtet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. August 2010

Nahost: USA frieren Militärhilfe für Libanon ein - Erstarken der Hisbollah befürchtet

Von Eli Clifton


Washington, 12. August (IPS) - Die Vereinigten Staaten haben Militärhilfe in Höhe von 100 Millionen Dollar an den Libanon vorerst zurückgestellt. Mehrere einflussreiche Kongressmitglieder erwirkten das Einfrieren der Gelder, nachdem die libanesische Armee in der vergangenen Woche israelische Soldaten an der gemeinsamen Grenze angegriffen hatte. Zwei Soldaten und ein Journalist aus dem Libanon sowie ein israelischer Soldaten starben dabei.

Der Vorstoß ging von dem Demokraten Howard Berman aus, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im US-Repräsentantenhaus ist. Zur Begründung sagte er, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass amerikanische Waffen gegen Israel eingesetzt würden.

"Bis wir mehr über den Zwischenfall und über den Einfluss der Hisbollah auf die libanesischen Streitkräfte wissen- und zudem sicherstellen können, dass die Streitkräfte des Landes zuverlässig sind - kann ich nicht mit gutem Gewissen zulassen, dass die USA weiter Waffen an den Libanon liefern", erklärte Berman.


Angst vor starker Hisbollah

Im Hintergrund stehen Befürchtungen einer Unterwanderung der libanesischen Streitkräfte durch die Hisbollah. Schon seit längerem weisen Experten auf die Möglichkeit hin, dass die US-Militärhilfe letztlich bei der schiitischen Miliz landet und gegen Israel eingesetzt wird.

Bermans Initiative wird von mindestens drei anderen Abgeordneten unterstützt: Nita M. Lowey, Howard P. McKeon, und Eric Cantor verlangen eine Überprüfung der Hilfe an Beirut. Weitere Delegierte kritisierten die Schüsse auf die israelischen Soldaten, während das Weiße Haus ebenso wie mehrere Nahost-Experten befürchtet, dass ein Stopp der Militärhilfe die Möglichkeiten der libanesischen Regierung schwächt, die Hisbollah in Schach zu halten.

"Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass die Unterstützung der libanesischen Regierung und der Streitkräfte in unserem nationalen Interesse liegt, um die Stabilität in der Region aufrecht zu erhalten", teilte Außenamtssprecher PJ Crowley mit. Vor allem gehe es darum, den Einfluss des Iran auf den Libanon einzudämmen und die Souveränität der Regierung in Beirut zu garantieren.

Der Libanon könne mit der Gefahr durch eine bewaffnete Organisation wie die Hisbollah am ehesten dadurch umgehen, indem das Militär seine eigenen Kapazitäten stärken. Die Truppen müssten in der Lage sein, auch die Gebiete des Landes zu kontrollieren, auf die die Regierung zurzeit möglicherweise noch keinen vollständigen Zugriff habe, sagte Cowley.


Iranische Annäherungsversuche an Beirut

Die libanesische Regierung reagierte empfindlich auf Bermans Forderung, die Militärhilfe an strenge Auflagen zu knüpfen, wie etwa, dass sie nicht gegen Israel eingesetzt werden darf. "Jegliche Hilfe für die Armee ohne Auflagen ist willkommen. Wer die Armee jedoch nur unter der Bedingung unterstützen will, dass sie das Staatsgebiet, das Volk und die Grenze nicht gegen Israel verteidigen darf, kann sein Geld behalten - oder gleich an Israel überweisen", erklärte der libanesische Verteidigungsminister Elias Murr gegenüber der Presseagentur Associated Press.

Der Iran nutzte die Initiative aus dem Kongress sofort zu Annäherungsversuchen an Beirut. Teheran bot seinerseits Militärhilfe an, die vermutlich auch Thema bei einem Staatsbesuch von Präsident Mahmud Ahmadinedschad im September sein wird.

Seit 2006 haben die USA Militärhilfe im Umfang von über 720 Millionen Dollar an den Libanon geleistet. Unter anderem lieferten sie Humvee- Geländewagen, leichte Waffen, Nachtsichtgeräte und bildeten Soldaten aus. Die libanesische Regierung hat sich allerdings mehrfach darüber beschwert, dass die Unterstützung nicht rechtzeitig komme.

Das US-Außenministerium wies jeden Zusammenhang zwischen der Aussetzung der Militärhilfe und dem kürzlichen Grenzzwischenfall entschieden zurück. "Wir haben keinerlei Hinweise, dass unsere Ausbildungsprogramme mit den Vorgängen in Verbindung standen", sagte Sprecher Crowley. "Wir werden über die künftige Hilfe und die Programme für den Libanon nun mit dem Kongress diskutieren." (Ende/IPS/sv/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2010