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NAHOST/798: Israel warnt Sicherheitsrat und EU vor Anerkennung von Palästinenserstaat (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. April 2011

Nahost: Israel warnt Sicherheitsrat und EU vor Anerkennung von Palästinenserstaat

Von Mel Frykberg


Ramallah, 1. April (IPS) - Israel hat dem UN-Sicherheitsrat und der EU mit "unilateralen Maßnahmen" gedroht, sollte die UN-Vollversammlung Palästina im September zum unabhängigen und souveränen Staat erklären. Gemutmaßt wird, dass mit solchen Aktionen der Anschluss größerer, auf Palästinensergebiet gebauten israelischen Siedlungen gemeint sein dürfte.

Rund ein Dutzend lateinamerikanischer Staaten hat Palästina inzwischen als unabhängigen Staat anerkannt. Den Anfang machten Kuba, Nicaragua, Costa Rica und Venezuela, in den letzten Monaten folgten Brasilien, Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Guyana, Peru, Paraguay und Uruguay.

Ebenso forderte das israelische Außenministerium israelische Botschaften in mehr als 30 Ländern auf, dort auf möglichst hoher Ebene gegen die Bemühungen um eine internationale Anerkennung Palästinas durch die UN-Vollversammlung im September zu protestieren.

Norwegen hat das Büro des palästinensischen Repräsentanten in Oslo von einer allgemeinen zu einer diplomatischen Delegation erhöht. Darüber hinaus werteten in den vergangenen vier Monaten etliche Länder einschließlich USA, gefolgt von den israelischen Freundesländern Frankreich, Spanien und Portugal, die palästinensischen Vertretungen auf.

Weitere 100 Staaten, in der Mehrheit Entwicklungsländer, hatten Palästina bereits nach der Unabhängigkeitserklärung des damaligen Palästinenserführers Jassir Arafat von 1988 anerkannt.


Südafrikanische Universität boykottiert israelische Hochschulen

Die lateinamerikanische Anerkennungswelle könnte bald auch Afrika und Asien erreichen. Ein erstes Signal kam aus Südafrika, wo die Universität von Johannesburg im März die Zusammenarbeit mit der israelischen Ben-Gurion-Universität einstellte und sich zum Boykott weiterer israelischer Hochschulen entschloss.

Das ehemalige Apartheidregime und Israel waren einst enge Verbündete gewesen. Israel förderte den Aufbau der für ihre Brutalität bekannten südafrikanischen Sicherheitskräfte und unterstützte das inzwischen eingestellte Atomprogramm des Burenstaates. Als Gegenleistung soll Südafrika das israelische Nuklearprogramm mit Uran versorgt haben.

Im September letzten Jahres hatte US-Präsident Barack Obama gegenüber der UN-Vollversammlung erklärt, er hege den Wunsch, Palästina binnen eines Jahres als neues UN-Mitgliedsland begrüßen zu können. Israel und die Palästinenser einigten sich darauf, ihre am 2. September 2010 in Washington aufgenommenen Gespräche mindestens ein Jahr lang fortzuführen. Palästinas Ministerpräsident Salam Fajjad sagte bis September 2011 den Aufbau staatlicher Institution zu.


Besatzung "moralisch und politisch unhaltbar"

Ende März forderte der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Israel auf, den Siedlungsbau im Westjordanland einzustellen und jedwede Form der Gewalt und Provokation zu unterlassen. Wie Ban auf einem UN-Treffen mit lateinamerikanischen und karibischen Staaten zur Unterstützung des Nahost-Friedensprozesses in Uruguay am 30. März erklärte, ist die 1967 vorgenommene israelische Besatzung der Palästinensergebiete "moralisch und politisch unhaltbar und muss zu einem Ende kommen". Den Palästinensern sprach er das legitime Recht auf einen unabhängigen und existenzfähigen Staat zu.

Israels Entrüstung über die die internationale Kritik an seiner Nahostpolitik erreichte am 31. März einen Höhepunkt, als der Präsident der Palästinenserbehörde (PA) Mahmud Abbas Israel erneut dazu aufrief, den Bau jüdischer Siedlungen in den Palästinensergebieten einzustellen, damit die Friedensgespräche fortgesetzt werden könnten.

Nach Ansicht von Samir Awad, Wissenschaftler an der Birseit-Universität in Ramallah, geht es den Israelis darum, Tatsachen zu schaffen. Die internationale Meinung sei ihnen weitgehend egal, und eine Zweistaatenlösung liege trotz gegenteiliger Äußerungen nicht in ihrem Interesse. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2011