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NAHOST/816: Ägyptische Aktivisten unterstützen "Dritte Intifada" (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Mai 2011

Nahost: Ägyptische Aktivisten unterstützen 'Dritte Intifada'

Von Adam Morrow and Khaled Mussa al-Omrani

Proteste vor Israels Botschaft in Kairo - Bild: © Khaled Moussa/IPS

Proteste vor Israels Botschaft in Kairo
Bild: © Khaled Moussa/IPS

Kairo, 11. Mai (IPS) - Seit dem Sturz von Hosni Mubarak finden in Ägypten und in anderen arabischen Ländern Vorbereitungen für eine sogenannte 'Dritte Intifada' statt. Im Rahmen der geplanten 'Erhebung' gegen die israelische Besatzung Palästinas sind nach Aussagen ägyptischer Aktivisten ab dem 13. Mai ausschließlich friedliche Proteste vorgesehen.

Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen palästinensischen Intifadas von 1987 bis 1993 und 2000 bis 2005 soll sich diesmal die ganze arabische Welt beteiligen, wie der ägyptische Journalist Abdelhalim Kandil berichtete.

Aufgefordert zur 'Dritten Intifada' hatte eine Facebook-Seite pro-palästinensischer arabischer Gruppen Anfang März. Als Stichtag für die Aktivitäten wurde der 15. Mai genannt, der 63. Jahrestag der Vertreibung hunderttausender Palästinenser von dem Gebiet, das zum Staat Israel werden sollte.

Zwei Wochen nach dem Aufruf zählte die Facebook-Seite 230.000 Besucher. Daraufhin beschwerte sich Israel bei facebook.com in Kalifornien und bewirkte am 29. März die Entfernung der Seite. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten bereits 500.000 Einträge vorgelegen.

Die entfernte Seite wurde durch Nachahmerseiten ersetzt, die für "die Befreiung der Palästinenser vom (Mittel-) Meer bis zum (Jordan-) Fluss" und für die "Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat im historischen Palästina" in Übereinstimmung mit der Resolution 194 des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahre 1948 werben.


Solidaritätsbekundung

Eine arabischsprachige Webseite - www.3rdintifada.com - legte kurz darauf den Aktionsplan für die dritte Initifada vor und rief für den 13. und 14. Mai zu weltweiten friedlichen Protesten vor den israelischen Botschaften und Konsulaten auf. Die Kundgebungen sollen den Demonstranten Gelegenheit gegen, "ihren Zorn über die fortgesetzte Besatzung Palästinas und die Vertreibung von Millionen Palästinensern aus ihrer rechtmäßigen Heimat auszudrücken".

Den ursprünglichen Vorstellungen der Organisatoren zufolge sollten am 15. Mai mehrere Millionen Menschen aus Ägypten, Jordanien, Syrien und Libanon in Richtung Israel aufbrechen. Der Plan wurde später zugunsten weniger aufwändiger Aktionen wie Demonstrationen vor den israelischen Botschaften in Jordanien und Ägypten, den beiden einzigen arabischen Staaten mit diplomatischen Beziehungen zu Tel Aviv, aufgegeben. Geplant sind ferner Protestkundgebungen an den syrischen, libanesischen und palästinensischen Grenzen zu Israel.

Wie Munib Mohamed, ein 26-jähriger Aktivist aus Kairo und Administrator des Ägypten-Büros von 3rdintifada.com erklärte, sei man von dem Plan abgerückt, um Reibereien mit den Behörden der betreffenden Länder zu verhindern. Allerdings sei man fest entschlossen, am 13. Mai in ägyptischen Städten Millionen Menschen zusammenzubringen, die später auf dem Tahrir-Platz in Kairo erwartet würden.

Vom Tahrir-Platz werde es dann weiter zur israelischen Botschaft, zu Büros der Vereinten Nationen und den Niederlassungen transnationaler Unternehmen gehen, die mutmaßlich mit Israel sympathisierten, berichtete Mohamed. Die gesamte Aktion werde friedlich und mit der Zustimmung von Ägyptens Obersten Rat der Streitkräfte (SCAF) verlaufen. Der SCAF führt seit der Vertreibung Mubaraks die Regierungsgeschäfte des nordafrikanischen Landes. "Unser Ziel ist die Befreiung Palästinas mit friedlichen politischen Mitteln."

Eine Vielzahl prominenter revolutionärer Jugendverbände hat bereits ihre Teilnahme angekündigt. Zu ihnen gehört die Bewegung vom 6. April, die bei der ägyptischen Revolution vom 25. Januar eine entscheidende Rolle spielte. "Die Situation der Palästinenser ist über alle Parteigrenzen hinweg eine Quelle stetigen Schmerzes", meinte die Pressekoordinatorin der Gruppe, Injie Hamdi. "Aus diesem Grund rufen wir und alle gleichgesinnten Jugendorganisationen zur Teilnahme an den Demonstrationen vom 13. bis 15. Mai auf dem Tahrir-Platz und vor der israelischen Botschaft auf."

In den drei Monaten seit dem Rücktritt Mubaraks ist es in Ägypten zu zahlreichen Protestmärschen und Kundgebungen vor der israelischen Botschaft in Kairo und dem israelischen Konsulat in Alexandria gekommen. Bei diesen Gelegenheiten wurden auch Flyer mit Details über die geplanten Demonstrationen verteilt. Die Idee, auch in Rafah zu protestieren, dem ägyptischen Grenzübergang zum Gazastreifen, wurde nach der Ankündigung des neuen ägyptischen Außenministers, den Übergang wieder zu öffnen, fallen gelassen.


Hilfskonvoi für Menschen im Gazastreifen

Allerdings plant die Vereinigung der arabischen Ärzte am 15. Mai die Entsendung eines Konvois mit humanitärer Hilfe an Bord in Richtung Gazastreifen. Die Schließung des Rafah-Grenzübergangs und die fünfjährige Blockade des Gazastreifens durch Israel hatten die Küstenenklave vom Rest der Welt abgeschnitten und die 1,8 Millionen Menschen im Gazastreifen großer Armut und Entbehrung preisgegeben.

Die radikal-islamische Hamas, die im Gazastreifen regiert, hat sich bisher nicht offiziell zu den geplanten Protestaktionen geäußert. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der im Westjordanland das Sagen hat, sprach sich hingegen strikt gegen die 'Dritte Antifada' aus. Die beiden Fraktionen haben sich in diesem Monat nach vierjähriger Feindschaft auf die Bildung einer nationalen Einheitsregierung verständigt. Unklar ist jedoch ist die künftige Position der Einheitsregierung gegenüber Israel. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2011