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NAHOST/863: Palästinenser bereiten sich vor UN-Abstimmung auf Angriffe israelischer Siedler vor (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. September 2011

Nahost: Palästinenser bereiten sich vor UN-Abstimmung auf Angriffe israelischer Siedler vor

Von Jillian Kestler-D'Amours


Jerusalem, 19. September (IPS) - Palästinensische Aktivisten im Westjordanland haben Hilfsteams zusammengestellt, die die erwarteten Übergriffe israelischer Siedler im Zuge der UN-Abstimmung über einen unabhängigen palästinensischen Staat dokumentieren und abwehren sollen. Vorangegangen waren Berichte, wonach die Siedler von der israelischen Armee trainiert und bewaffnet wurden und die Palästinenser für das UN-Votum bestrafen wollen.

Den in nächster Nachbarschaft zu den illegalen Siedlungen lebenden Palästinensern hätten die Teams aus palästinensischen, israelischen und internationalen Aktivisten dabei geholfen, ihre Häuser vor möglichen Kampfhundeinsätzen zu sichern, erläuterte Issa Amro von der Organisation 'Jugend gegen Siedlungen' mit Sitz in Hebron im Westjordanland. Auch wurden Familien beraten, wo sie ihre Kinder am besten verstecken, sollte es zu Übergriffen kommen.

"Wir erstellen für die Menschen Schutzpläne. Da wir keine Waffen haben, geben wir ihnen das, was wir besitzen: Kameras. Sie sind die verlässlichsten Zeugen und gewährleisten in diesen Tagen den besten Schutz, da die Siedler nicht wollen, dass wir der Welt zeigen, wie aggressiv sie sind", meinte Amro. "Auch wollen sie keine Bilder, auf denen israelische Sicherheitskräfte zu sehen sind, die gegen internationales Recht verstoßen, indem sie Palästinenser in den von Israel kontrollierten Gebieten nicht gegen Angriffe der Siedler schützen."

Ende August hatten die israelischen Medien berichtet, dass die Armee israelische Siedler im Westjordanland mit Tränengas und Rauchgranaten ausrüste und trainiere, um palästinensische Demonstranten nach der UN-Abstimmung über einen palästinensischen Staat auseinander zu treiben. Am 18. September kündigten die Räte der israelischen Siedler die Durchführung von 'Souveränitätsmärschen' gegen die Bildung eines palästinensischen Staates an. Schätzungen zufolge leben derzeit 500.000 israelische Siedler inmitten von 2,5 Millionen Palästinensern illegal im von Israel besetzten Westjordanland.


Übergriffe israelischer Siedler nehmen zu

Laut dem UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) in den besetzten Territorien nimmt die Gewalt von Seiten israelischer Siedler im Westjordanland zu und könnte die Vertreibung vieler palästinensischer Gemeinden nach sich ziehen. Am 9. September berichtete OCHA, dass Siedler ein bewohntes Zelt in der Ortschaft Susiya im Süden von Hebron in Brand gesetzt hatten. Ein Palästinenser wurde bei dem Vorfall verletzt und eine zwölfköpfige Familien einschließlich sieben Kinder vertrieben.

OCHA berichtete ferner, dass israelische Siedler im Zeitraum 7. bis 13. September sieben Palästinenser bei drei unterschiedlichen Gelegenheiten verletzt hatten. Bei weiteren 16 Vorfällen wurden Fahrzeuge und Bäume von Palästinensern zerstört. Seit Anfang 2011 wurden mindestens 6.680 Bäume in palästinensischen Dörfern von israelischen Siedlern abgeholzt oder in Brand gesetzt.


Friedliche Gegenwehr

Als Antwort auf die Gewaltwelle hatten die palästinensischen Volkskomitees im Westjordanland am 19. September ihre Kampagne gestartet, die die Übergriffe filmen und die Siedler dadurch abhalten sollen, Palästinenser zu attackieren. "Die Siedler handeln jenseits des Gesetzes und setzen die Waffen ein, die sie von Israel erhalten, um uns anzugreifen", meinte Mohammad Khatib vom Volkskomitee von Bil'in, einem Dorf im Westjordanland. "Wir werden uns aber nicht mundtot machen lassen."

Die Kampagne, die unter dem Motto 'Wir weigern uns, schweigend zu sterben' ('Refusing to Die in Silence') stattfindet, sieht einen Korso aus Fahrzeugen durch das Westjordanland vor, in denen palästinensische, israelische und internationale Freiwillige sitzen, die alle Übergriffe auf Palästinenser dokumentieren wollen. "Sollten die Filmaufnahmen die israelischen Siedler nicht von Gewalt abschrecken, werden wir unsere Leute mit unseren Körpern schützen, ohne uns zu Gewalt hinreißen zu lassen", erläuterte Khatib gegenüber IPS. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2011