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RUSSLAND/139: Nach den Wahlen - russische Delegation im Dialog mit Studierenden (idw)


Stiftung Universität Hildesheim - 15.12.2011

Russland nach den Wahlen. Russische Delegation im Dialog mit Studierenden


Wo steht Russland nach den Wahlen? Wie stabil ist das System Putin? Und was sagt die junge Generation dazu? Dialog auf Augenhöhe: An der Stiftung Universität Hildesheim diskutierte eine Delegation der Partneruniversität Nowgorod mit Studierenden der Politikwissenschaft über die neuesten Entwicklungen in Russland.

Angedockt war die Veranstaltung an Seminare der Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Marianne Kneuer, die an der Universität Hildesheim Transformations- und Demokratisierungsprozesse - deren Verlauf, Erfolg oder Nichterfolg - erforscht.

"Direkte Dialoge sind nicht nur informativ, sondern wesentlich, damit wir einander besser verstehen, damit wir lernen, wie der andere denkt und warum er so denkt. Der Schriftsteller Leo Tolstoj hat den Dialog als zentrales Mittel der Bildung dargestellt. Bildung gilt demnach als Begegnung der Menschen, die formt. In diesem Sinne ist unser Dialog heute ein solch bildender Ansatz", erklärte Prof. Dr. Marianne Kneuer, Institut für Sozialwissenschaften. Der Zeitpunkt des Besuches der achtköpfigen Delegation mit dem Rektor der russischen Partneruniversität Nowgorod, Prof. Dr. Weber, an der Spitze, hätte nicht besser gewählt werden können. In Russland sind höchst spannende Entwicklungen zu beobachten, vor allem für Politikwissenschaftler.

Die russischen Kollegen beleuchteten in der Diskussion an der Universität Hildesheim die aktuelle Debatte in Russland. Warum die führende Partei "Einiges Russland" in der Wahl viele Stimmen verloren habe? Das ließe sich zurückführen auf unbewältigte Probleme wie die soziale Ungleichheit, eine riesige Kluft zwischen Armen und Reichen, Korruption und Kriminalität. Die Studierenden stellten Fragen über die Demonstrationen, die Organisatoren der Demonstrationen und über die Opposition. Aus den Antworten der russischen Kollegen ging hervor, dass es nicht nur Unterschiede zwischen der deutschen und russischen Wahrnehmung gibt, sondern dass auch in Russland dazu unterschiedliche Meinungen existieren.

Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hildesheim zeigten großes Interesse am Austausch mit der russischen Delegation, schließlich erhielten sie aus erster Hand Informationen über die Wahlen, die politische Entwicklung und mögliche Zukunftsperspektiven Russlands. Der Dialog soll fortgesetzt werden. "Sie gewähren uns Einblicke in die praktische russische Politik", hob die Politikwissenschaftlerin hervor. Prof. Kneuer erforscht an der Universität Hildesheim Transformations- und Demokratisierungsprozesse - deren Verlauf, Erfolg oder Nichterfolg.

Wie die russischen Delegationsmitglieder hervorhoben, kann man nicht von einer einheitlichen politischen Position der jungen Generation sprechen. An der Universität Nowgorod finden viele offene Diskussionen zwischen Studierenden und Lehrenden statt, die es ermöglichen, den Vertretern der jungen Generation ihren politischen Standpunkt zu finden.

"Demokratisierung ist kein automatischer und linearer Prozess. Sogar rückläufige Prozesse sind denkbar", betonte Prof. Kneuer. Der Zusammenbruch von Autokratien garantiere noch keine Demokratie, dies belegen auch die arabischen Revolutionen. Mit solchen Fällen beschäftigen sich die Studierenden derzeit in Lehrveranstaltungen, nämlich mit Ländern, die man als "defekte Demokratien" bezeichnen kann. "Der arabische Frühling hat einen neuen Schub gebracht", erklärte Kneuer. "Erstmals haben Länder der islamisch geprägten Welt begonnen, sich zu demokratisieren. Die Fälle Tunesiens, Ägyptens, Libyens, gleichermaßen Syrien und Jemen zeigen, dass autoritäre Machthaber nicht dauerhaft den Wunsch nach Partizipation, nach Meinungs- und Versammlungsfreiheit und freien und fairen Wahlen unterdrücken können."

Das Fach Politikwissenschaft an der Universität Hildesheim wird sich künftig mit der Frage auseinandersetzen, welche Rolle neue Medien in Autokratien spielen und wie diese Medien den Aufbau von Demokratien beeinflussen können. "Wir wollen in Hildesheim ein Forschungsprogramm entwickeln, das aus meiner Sicht frei von euphorischer Begeisterung über das Mobilisierungspotenzial des Web 2.0 sein muss. Das Internet ist neutral und kann ebenso von den autokratischen Machthabern genutzt werden", so Kneuer.

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-hildesheim.de/index.php?id=721
- Institut für Sozialwissenschaft an der Stiftung Universität Hildesheim

http://www.uni-hildesheim.de/index.php?id=7442
- Fach Politikwissenschaft an der Stiftung Universität Hildesheim

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution102


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Stiftung Universität Hildesheim, Isa Lange, 15.12.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2011