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RUSSLAND/153: Putin unterzeichnete Ukas zur russischen Außenpolitik (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 21 vom 25. Mai 2012
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Schlüsselaufgabe GUS-Integration
Putin unterzeichnete Ukas zur russischen Außenpolitik

von Willi Gerns



Als eine seiner ersten Amtshandlungen unterzeichnete der neue russische Präsident Wladimir Putin bereits am Tag seiner Inauguration einen Ukas über die Grundlinien der russischen Außenpolitik. Darin werden die seit mehr als einem Jahrzehnt in der russischen internationalen Politik vertretenen Prinzipien bekräftigt und davon ausgehend die Hauptaufgaben mit Blick auf die verschiedenen Regionen in der Welt bestimmt. Im Rahmen dieses Beitrages sind wir gezwungen uns auf die Aufgabenstellungen für die russische Politik im GUS-Raum, die Beziehungen zur EU, das Verhältnis Russland-USA sowie die russische Politik hinsichtlich der wichtigsten Krisenregionen zu beschränken.


Integration im GUS-Raum

Im Erlass wird den Beziehungen zu den Teilnehmerstaaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Priorität zugemessen. Es wird ausdrücklich festgestellt: "Die Entwicklung vielseitiger Wechselbeziehungen und Integrationsprozesse im Raum der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten muss als 'Schlüsselrichtung' der Außenpolitik der Russischen Föderation betrachtet werden." Darin kann eine Akzentverschiebung im Vergleich mit der außenpolitischen Schwerpunktsetzung während der Präsidentschaft Medwedjews gesehen werden. Übrigens waren auch schon in dessen Amtszeit die wichtigsten Initiativen in dieser Richtung vom Ministerpräsidenten und nicht vom Präsidenten ausgegangen, obwohl letzterer eigentlich für die Außenpolitik zuständig ist. Konkret geht es vor allem um folgende Aufgaben:

  • Umsetzung des Vertrages über die Freihandelszone vom 18. Oktober 2011;
  • Erweiterung der aktiven Zusammenarbeit im Rahmen des Unionsstaates;
  • Vertiefung der Eurasischen Integration im Rahmen der Zollunion und des einheitlichen Wirtschaftsraumes Russland, Belarus, Kasachstan und Verwirklichung der Eurasischen Wirtschaftsunion zum 1. Januar 2015;
  • Stärkung der Organisation des Vertrages über Kollektive Sicherheit, seiner Mechanismen zum operativen Reagieren auf aktuelle Herausforderungen und Bedrohungen sowie seines friedensschaffenden Potentials, Vervollkommnung der außenpolitischen Kooperation im Rahmen dieser Organisation;
  • Transnistrien-Frage auf der Grundlage der Achtung des Souveränität, territorialen Integrität und des neutralen Status der Republik Moldowa unter Beachtung des besonderen Status Transnistriens;
  • Konsequentes Bemühen um die Regulierung des Nagorni-Karabach-Konflikts;
  • Aktive Förderung der Entwicklung der Republiken Abchasien und Südossetien.

Die genannten Aufgaben sind Orientierung für die russische Außenpolitik in den nächsten Jahren. Sie enthalten klare Botschaften: die Zusammenarbeit von Staaten im GUS-Raum wird intensiviert und durch Integrationsprozesse auf eine höhere Ebene gehoben, trotz aller Störmanöver des Westens. Die Erwähnung des neutralen Status Moldowas darf man als Warnung an Kräfte in der dort regierenden rechten "Allianz für Europa" verstehen, die mit dem Gedanken eines Anschlusses von Moldowa an das NATO-Land Rumänien spielen. In diesem Fall wäre an eine Zusammenführung von Moldowa und Transnistrien nicht mehr zu denken. Schließlich wird klar, dass Putin auch an der Loslösung Abchasiens und Südossetiens von Georgien keinen Zweifel lässt.


Russland und die EU

Was die Beziehungen zur EU betrifft, so verweist der Ukas auf das strategische Ziel eines einheitlichen wirtschaftlichen und menschlichen Raumes vom Atlantik bis zum Stillen Ozean. Um diesem Ziel näher zu kommen, werden der russischen Außenpolitik folgende Aufgaben gestellt:

  • Eine Vereinbarung mit der EU über die Aufhebung der Visumspflicht bei kurzfristigen gegenseitigen Reisen der Bürgerinnen und Bürger zu erreichen;
  • Das Prinzip gleicher Rechte und des gegenseitigen Vorteils bei der Arbeit an einem neuen Grundlagenvertrag zwischen der RF und der EU über eine strategische Partnerschaft zu verteidigen;
  • Die effektive Realisierung des Programms "Partnerschaft für Modernisierung" zu fördern;
  • Eine für beide Seiten vorteilhafte Energiepartnerschaft mit dem Ziel eines einheitlichen europäischen Energiekomplexes zu fördern.

Die Beziehungen Russland-USA

In den Beziehungen zwischen Russland und den USA geht es darum:

  • Eine stabile und berechenbare Zusammenarbeit auf Grundlage der Prinzipien der Gleichberechtigung, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten und der Achtung der gegenseitigen Interessen, um eine Zusammenarbeit auf einem echten strategischen Niveau zu erreichen;
  • Einer neuen Qualität der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel, der Erweiterung der Tätigkeit der russisch-amerikanischen Präsidentenkommission sowie der Gewährleistung gleichberechtigter und nichtdiskriminierender gegenseitiger Handelsbeziehungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken;
  • Einseitigen Sanktionen der USA gegen russische juristische und physische Personen aktiv entgegenzuwirken;
  • Initiativen zur Liberalisierung des Visaregimes zu entwickeln;
  • Die konsequente Realisierung des Vertrages zwischen der RF und den USA über Maßnahmen zur weiteren Begrenzung der strategischen Angriffswaffen vom 8. April 2010 voranzutreiben;
  • Dabei davon auszugehen, dass Gespräche über die weitere Begrenzung strategischer Angriffswaffen nur möglich sind, wenn dabei ohne Ausnahme alle Faktoren berücksichtigt werden, die auf die globale strategische Stabilität Einfluss ausüben;
  • Konsequent das russische Herangehen an den Aufbau globaler Anti-Raketen-Systeme der USA zu verteidigen und feste Garantien dafür zu erreichen, dass diese nicht gegen die russischen Kräfte der atomaren Abschreckung gerichtet sind;
  • Die Beziehungen zur NATO im Maße von deren Bereitschaft zu entwickeln, die Interessen der Russischen Föderation in der Sphäre der Sicherheit und Stabilität zu berücksichtigen und grundlegende Prinzipien des internationalen Rechts zu achten.

Russland und die Krisenregionen

Hinsichtlich der wichtigsten Krisenregionen in der Welt wird in dem Erlass Wladimir Putins einleitend die Aufgabe gestellt, die politisch-diplomatische Regulierung regionaler Konflikte auf der Grundlage kollektiver Handlungen der internationalen Gemeinschaft, der Einbeziehung aller interessierten Seiten und Verhandlungen zu verteidigen.

Davon ausgehend geht es darum:

  • Die allseitige Regulierung des arabisch-israelischen Konfliktes zu fördern;
  • Das Anliegen, den Nahen Osten zu einer von Massenvernichtungswaffen und den Mitteln zu ihrer Beförderung freien Zone zu machen, zu unterstützen;
  • Dafür einzutreten, die innerstaatlichen Krisen in Nahost und Nordafrika auf dem Weg der Einstellung von Gewaltanwendung, von wem sie auch ausgeht, und eines nationalen Dialogs ohne Vorbedingungen auf der Grundlage der Achtung der Souveränität und territorialen Integrität der Staaten und der Nichteinmischung zu überwinden;
  • Auf zweiseitiger Grundlage und im Zusammenwirken mit den Partnern der Organisation des Vertrages für kollektive Sicherheit und der Schanghai-Kooperation "sowie auch im Rahmen der Projekte des Rates Russland - NATO" Afghanistan beim Aufbau eines friedlichen, unabhängigen, demokratischen Staates ... Unterstützung zu erweisen. (Zweck dieser Formulierung ist offenbar, die logistische Unterstützung der NATO-Aggression in Afghanistan zu rechtfertigen.)
  • Im Weiteren geht es um die bekannten russischen Positionen zum iranischen Atomprogramm und der koreanischen Atomproblematik, um Fragen der russischen Grenzen, einschließlich des Kontinentalschelfs und der anliegenden Meeresgebiete sowie die russischen Interessen in der Arktis und der Antarktis.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 44. Jahrgang, Nr. 21 vom 25. Mai 2012, Seite 11
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2012