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USA/294: Obamas Mordauftrag (jW)


junge Welt - Die Tageszeitung - Ausgabe vom 8. April 2010

Obamas Mordauftrag

Von Rainer Rupp


Wie nordamerikanische Medien berichteten, hat die US-Administration von Friedensnobelpreisträger Barack Obama die gezielte Tötung eines US-amerikanischen Staatsbürgers autorisiert. Bei dem zur Ermordung freigegebenen Menschen handelt es sich um den 38 Jahre alten, in New Mexico geborenen muslimischen Prediger jemenitischer Herkunft Anwar Al-Awlaki. Er werde verdächtigt, so die New York Times unter Berufung auf Geheimdienstmitarbeiter, nicht nur zu Angriffen auf die USA aufgefordert zu haben, sondern auch selbst daran teilgenommen zu haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, mit seinen Predigten sowohl den Militärpsychologen Nidal Malik Hasan inspiriert zu haben, der am 13. November letzten Jahres auf dem Militärstützpunkt Fort Hood Amok lief und 13 Soldaten tötete, als auch den nigerianischen »Unterhosenbomber« Umar Farouk Abdulmutallab, der auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit am 25. Dezember letzten Jahres versucht haben soll, einen Sprengsatz zu zünden. Derzeit wird der mutmaßliche »Rekrutenanwerber für Al-Qaida« in Jemen vermutet.

Die Tatsache, daß sowohl die CIA als auch das Pentagon eigene Todeslisten haben, die von US-Todesschwadronen »abgearbeitet« werden, wird in Washington von niemandem bestritten. Händeringen gibt es in der US-Presse jetzt lediglich, weil angeblich zum ersten Mal ein US-Bürger das Ziel von Präsident Obamas Mordauftrag ist. Allerdings läßt der oberste US-Geheimdienstchef Dennis Blair selbst daran Zweifel aufkommen. Im Februar sagte er bei einer Kongreßanhörung: »Wir ergreifen direkte Maßnahmen gegen Terroristen. Wenn wir glauben, daß das die Tötung eines Amerikaners bedeutet, dann holen wir uns dafür eine spezielle Genehmigung (von der Regierung) ein«.

Die einflußreiche New York Times zeigte jedenfalls viel Verständnis für den Mordbefehl und interpretiert die Rechtsnormen auf ihre Weise: »Internationales Recht deckt den Einsatz tödlicher Gewalt gegen Individuen und Gruppen, wenn diese eine unmittelbare Gefahr für das Land darstellen«. Außerdem, so das Blatt weiter, »werden die Leute auf der Zielliste vom Militär als Feinde der USA angesehen, und folglich fallen sie nicht unter das ursprünglich von Präsident Ford erlassene Verbot der politischen Ermordungen«.

Gezielte, außergerichtliche Tötungen von unliebsamen Menschen im Auftrag der Regierung waren über Jahrzehnte in den faschistoiden Militärdiktaturen Lateinamerikas an der Tagesordnung. Aber seit Präsident Bushs »Krieg gegen den Terror« sind außergerichtliche Tötungen unter dem Begriff »Target Killings« zum Markenzeichen der Vereinigten Staaten (und Israels) geworden. Die verdeckt operierenden Todesschwadronen werden global eingesetzt und bestehen aus US-Elitesoldaten und CIA-Agenten. Dabei nimmt sich Washington explizit das Recht heraus, diese Killer, »wenn nötig«, auch in verbündeten Ländern einzusetzen. Zweifelsohne hat sich Washington damit auf das Niveau der verbrecherischsten Schurkenstaaten der Welt hinabgelassen, wovon auch die unter Bush jahrelang praktizierte und heute nur halbherzig verurteilte Folter zur Erzwingung von »Geständnissen« von meist unschuldigen Gefangenen zeugt.


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Quelle:
junge Welt vom 08.04.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. April 2010