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USA/365: Vor P5+1-Treffen mit Iran, Pro-israelische Gruppe drängt zu verschärften Sanktionen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Januar 2013

USA: Vor Treffen von P5+1 mit Iran - Pro-israelische Gruppe drängt zu verschärften Sanktionen

von Jim Lobe



Washington, 17. Januar (IPS) - Abrüstungsexperten und eine konservative Lobbygruppe in den USA fordern die Regierung von Präsident Barack Obama in einem Bericht dazu auf, härtere Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zu verhängen und deutlicher als bisher mit einer militärischen Zerstörung der Atomarsenale zu drohen.

Gemeinsam mit der pro-israelischen 'Foundation for the Defence of Democracies' (FDD) haben die Experten in Washington einen 155-seitigen Report veröffentlicht, in dem es heißt, die US-Regierung solle ihre Absicht erklären, "ein De-facto-Embargo gegen alle Investitionen im Iran und den Handel mit dem Land" zu verkünden, sollte das Nuklearprogramm nicht eingestellt werden. Nahrungsmittel und Medizin sollen davon ausgenommen werden.

Unterdessen wird über ein wichtiges Treffen zwischen dem Iran und der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats - USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland - plus Deutschland (P5+1) spekuliert. Vertreter dieser Staaten haben in den vergangenen zwei Monaten offenbar versucht, vor Beratungen mit dem Iran eine gemeinsame Linie zu finden. Ein genaues Datum für das Treffen ist bisher nicht bekannt. Politische Beobachter rechnen mit einem Termin Ende Januar.


Regimewechsel in Syrien gefordert

In dem Bericht 'U.S. Nonproliferation Strategy for the Changing Middle East' wird auch gefordert, dass Washington "die Isolation des Irans verstärken soll, auch durch einen Regimewechsel in Syrien". Zudem sollten "deutliche Vorbereitungen für den Einsatz von Kampfflugzeugen und/oder Raketen zur Zerstörung der iranischen Atomanlagen mit hochexplosivem Sprengstoff" getroffen werden.

Nur wenn der Iran "bedeutende Konzessionen" mache und unter anderem die gesamte Uran-Anreicherung sowie die Projekte im Zusammenhang mit Schwerwasser aussetze, die unterirdische Anreicherungsanlage in Fordow schließe und gründliche Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA akzeptiere, könnten demnach Sanktionslockerungen in Betracht gezogen werden, heißt es in dem Report. Als Autoren werden FDD-Präsident Mark Dubowitz und David Albright, der Leiter des 'Institute for Science and International Security' (ISIS), genannt.

Die Empfehlungen scheinen eher die Position Israels widerzuspiegeln als die der Obama-Regierung, die angedeutet hat, nicht unbedingt auf der totalen Aussetzung der Uran-Anreicherung zu beharren. Teheran hat diese Forderung stets zurückgewiesen. Beobachter warnten davor, dass eine solche Klausel eine mögliche Übereinkunft verhindern würde.

"Der Bericht enthält keine realistische Formel für die Aushandlung einer befriedigenden Einigung über eine Begrenzung des iranischen Nuklearprogramms", sagte Greg Thielmann von der nationalen überparteilichen 'Arms Control Association' (ACA), der früher als Abrüstungsexperte im US-Außenministerium tätig war. "Der Iran wäre somit gezwungen, an praktisch allen Fronten zu kapitulieren."

Thielmann warnt zudem davor, dass einige Maßnahmen zu Meinungsverschiedenheiten in der P5+1-Gruppe führen könnten. Die maximalen Anforderungen für ein Abkommen könnten Teheran davon überzeugen, dass das Ziel der USA eher ein Regimewechsel im Iran als die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber der IAEA sei.

In mindestens einer Hinsicht geht der Bericht allerdings auf Distanz zu Israel. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu, der mehrfach mit einem Angriff auf iranische Atomanlagen gedroht hat, erklärte im vergangenen September, Teheran könnte bereits in diesem Frühjahr in der Lage sein, rasch und unbemerkt eine Atombombe zu bauen. Laut dem Report wäre dies jedoch eher Mitte 2014 wahrscheinlich.

"Es ging hier nicht in erster Linie darum zu sagen 'Sattel auf, wir ziehen in sechs Monaten in den Krieg.' Stattdessen wurde sorgfältig untersucht, wie viel Zeit wir haben", sagte Leonard Spector, der stellvertretende Direktor des 'James Martin Centre for Nonproliferation Studies', der ebenfalls an dem Bericht beteiligt war. Die Forderungen nach einer Verschärfung der Sanktionen könnten durch den Aufbau von weiterem Druck mehr Schlagkraft erhalten.


Iran offenbar zu weitreichenden Konzessionen bereit

Vertreter des Irans haben in den vergangenen Monaten angedeutet, dass sie zu größeren Zugeständnissen bereit seien, unter anderem zu einem Stopp der Uran-Anreicherung auf bis zu 20 Prozent. Ein erheblicher Teil des bereits auf 20 Prozent angereicherten Urans solle außer Landes gebracht werden. Auch verstärkte IAEA-Inspektionen scheinen für Teheran akzeptabel zu sein, wenn im Gegenzug dazu die Sanktionen stark gelockert würden. Nicht diskutieren will der Iran allerdings über sein Recht, Uran bis fünf Prozent anzureichern.

Die P5+1-Gruppe erscheint uneins über den Umfang der Sanktionserleichterungen für den Iran. Wie kürzlich bekannt wurde, drängen die USA und Frankreich darauf, den Iran zur Umsetzung aller Maßnahmen zu verpflichten, einschließlich der Stilllegung von Fordow. Alle von den IAEA gestellten Fragen zur militärischen Dimension des iranischen Atomprogramms sollten vorher geklärt werden.

Der neue Bericht vertritt eine noch härtere Position. Die Experten unterstützten ausdrücklich ein offenbar von dem 'American Israel Public Affairs Committee' an Obama gesandtes Schreiben, das im Dezember von 73 US-Senatoren unterzeichnet wurde. "Der Druck auf den Iran soll so lange wie bisher aufrecht erhalten bleiben, bis die Nuklearfrage umfassend angegangen worden ist", heißt es darin. Der Bericht fordert verschärfte Sanktionen und deutlichere militärische Drohungen seitens der USA.

Gefordert wird zudem, dass offener gegen das Atom- und Raketenprogramm vorgegangen und größerer Druck auf China, Hongkong, die Türkei und die Golfemirate ausgeübt wird, damit diese ihre Handelsbeziehungen mit Teheran beenden. Der Bericht bezieht sich auch auf andere strittige Fälle im Nahen Osten und in Nordafrika, geht aber weitgehend über die einzige Atommacht der Region, Israel, hinweg. Dazu wird lediglich erklärt, dass Israel erst dann Maßnahmen zur Abrüstung ergreifen werde, wenn alle Nachbarn mit dem Staat Frieden geschlossen hätten.

Die Experten raten Washington überdies dazu, auch der von Islamisten geführten Regierung in Kairo mit Sanktionen zu drohen, sollte Ägypten Schritte zu einem eigenen Nuklearprogramm ergreifen. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.defenddemocracy.org/
http://www.armscontrol.org/
http://cns.miis.edu/
http://www.aipac.org/
http://www.ipsnews.net/2013/01/new-push-in-u-s-for-tougher-sanctions-war-threats-against-iran/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Januar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2013