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GEWERKSCHAFT/224: Zu Verhaftungen und Massenentlassungen von Lehrkräften und Wissenschaftlern in der Türkei (GEW)


Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - 4. Oktober 2017

GEW verurteilt Verhaftungen und Massenentlassungen von Lehrkräften und Wissenschaftlern in der Türkei

Bildungsgewerkschaft zum "Weltlehrer*innentag 2017": "Lehren in Freiheit, Lehrkräfte stärken"


Frankfurt a.M. - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verurteilt mit Blick auf den morgigen "Weltlehrer*innentag" die Verhaftungen und Massenentlassungen von Lehrkräften sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Türkei. GEW-Vorsitzende Marlis Tepe forderte das Land auf, den Ausnahmezustand zu beenden und zu rechtsstaatlichen Prinzipien zurückzukehren: "Dazu gehört, alle inhaftierten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter freizulassen, die zu Unrecht entlassenen Lehrkräfte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder einzustellen und deren sozialen Status wieder herzustellen."

"Seit dem Putschversuch im Sommer 2016 wurden mehr als 100.000 Staatsbedienstete entlassen oder von der Arbeit suspendiert. Etwa ein Drittel sind Lehrerinnen und Lehrer, darunter viele Mitglieder der Bildungsgewerkschaft Egitim Sen. Die Entlassungen werden nicht angekündigt, Gründe nicht genannt. Die türkische Regierung veröffentlicht einfach Namenslisten auf ihrer Website. Die Lehrkräfte stehen plötzlich vor dem Nichts. Ihre Entlassungen kommen faktisch einem Berufsverbot gleich", betonte Tepe am Mittwoch in Frankfurt a.M. "Die Kolleginnen und Kollegen können nicht mehr als Lehrkräfte arbeiten, da sie keine Chance haben, eine neue Stelle im Staatsdienst zu bekommen. Die Entlassungen bedeuten das soziale Aus, weil die Kolleginnen und Kollegen auch ihre Krankenversicherung sowie ihre Pensionsansprüche verlieren und die Türkei nicht verlassen dürfen." Tepe machte zudem darauf aufmerksam, dass auch hunderte Lehrkräfte an Universitäten und Hochschulen entlassen worden seien und Berufsverbot hätten. Viele hätten sich Anfang 2016 mit dem Appell "AkademikerInnen für den Frieden" für ein Ende des Krieges in den Kurdenregionen eingesetzt.

In den Schulen in der Türkei falle immer mehr Unterricht aus, weil Lehrkräfte fehlen. Neu eingestellte Lehrerinnen und Lehrer erhielten nur noch Frist- statt fester Arbeitsverträge. Gleichzeitig würden neue Lehrpläne eingeführt, die einer Islamisierung des Unterrichts an öffentlichen Schulen Vorschub leisten. So sei es beispielsweise im Biologieunterricht künftig nicht mehr erlaubt, über die Evolutionstheorie zu informieren.

"Immer mehr gewerkschaftlich aktive Lehrkräfte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fliehen aus der Türkei. Der Grund: Viele Kolleginnen und Kollegen werden kriminalisiert und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt", sagte Tepe. "Selbstverständlich unterstützt die GEW Kolleginnen und Kollegen aus der Türkei und deren Familienmitglieder, die in Deutschland Asyl beantragt haben."


Info: Der "Weltlehrer*innentag 2017" steht unter dem Motto "Lehren in Freiheit, Lehrkräfte stärken". Mit der Initiative soll der Lehrerberuf weltweit gewürdigt werden. Der Tag geht auf einen Beschluss von UNESCO, Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) und Bildungsinternationale (BI) zurück. Seit 1994 wird der "Weltlehrer*innentag" jährlich am 5. Oktober gefeiert - im Gedenken an die "Charta zum Status der Lehrerinnen und Lehrer", die UNESCO und ILO 1964 angenommen haben.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 4. Oktober 2017
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Hauptvorstand, Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt a.M.
Telefon: 069/78973-0, Fax: 069/78973-201
E-Mail: info@gew.de
Internet: www.gew.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2017

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