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HOCHSCHULE/2041: Weiterhin hohe Studiennachfrage - Hochschulen werden wichtiger für berufliche Qualifizierung (idw)


Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung - 21.06.2016

Weiterhin hohe Studiennachfrage, Hochschulen werden wichtiger für berufliche Qualifizierung


Zum dritten Mal in Folge lag die Studienanfängerzahl im Jahr 2015 über der Zahl derjenigen, die erstmals eine duale Berufsausbildung aufnehmen. Darüber hinaus stagnieren die Anfängerzahlen im Schulberufssystem. "Hier wird eine schleichende Transformation des deutschen Qualifizierungsmodells sichtbar. Die Hochschulen übernehmen einen weiter steigenden Anteil an der beruflichen Qualifizierung der jungen Generation" sagt Prof. Dr. Andrä Wolter von der HU Berlin, der zusammen mit dem DZHW das Hochschulkapitel des Bildungsberichts 2016 erstellt hat. Dieses und andere Ergebnisse des neuen Bildungsberichts werden heute in Berlin auf einer Fachtagung vorgestellt.


Hannover, den 21.06.2016: Auch im Bildungsbericht 2016 steht die anhaltend hohe Studiennachfrage im Zentrum des Hochschulkapitels. Die Hochschulen bleiben weiterhin stark ausgelastet. 2015 nahmen mit fast 505.000 Studienanfänger(inne)n wieder mehr ein Studium auf als alle aktuellen Vorausberechnungen ausgewiesen haben. Dies bedeutet zwar, dass die Studienanfängerzahl im dritten Jahr in Folge leicht höher lag als die Anfängerzahl in der dualen Berufsbildung (siehe Abbildung). Unter Einbeziehung des Schulberufssystems haben aber insgesamt 686.000 Jugendliche eine nicht-akademische Berufsausbildung aufgenommen. Darüber hinaus steht hier mit den 271.000 Schulabgängern, die in eine der verschiedenen Programme, Einrichtungen oder Maßnahmen des Übergangssystems eingemündet sind, noch ein erhebliches Potenzial zur Verfügung.


Tabelle -Quelle: © Bildungsbericht 2016

Neuzugänge zu allen Sektoren beruflicher Erstausbildung 1995-2015
Quelle: © Bildungsbericht 2016

Mit dieser Entwicklung zeichnet sich ab, dass sich die Qualifikationsstruktur des Fachkräftenachwuchses in Deutschland kontinuierlich zugunsten der Hochschulausbildung verschiebt. Wenn Hochschule und berufliche Bildung dauerhaft zu annähernd gleich großen Segmenten der beruflichen Qualifizierung werden, wird sich die potenzielle Wettbewerbssituation zwischen beiden Bereichen nicht entspannen. Das Studium bindet einen Teil der Studienberechtigten, die prinzipiell auch für eine berufliche Ausbildung in Frage kämen.

Die anhaltend hohe Studiennachfrage wird durch verschiedene Faktoren befördert, nicht zuletzt durch die große Nachfrage von internationalen Studierenden. Mehr als die Hälfte von ihnen hat die Absicht, über den Hochschulabschluss einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Die Internationalisierungsstrategie, die Bund, Länder und Hochschulen verfolgen, scheint sich hier auszuzahlen. Mindestens ebenso wichtig ist aber das große Studieninteresse der inländischen Studienberechtigten, sodass das bildungspolitische Ziel einer Studienanfängerquote von 40 % bereits weit überschritten wird. Obwohl etwa ein Viertel der Studienberechtigten von der Studienaufnahme absieht, entscheiden sich viele aufgrund der guten Beschäftigungsperspektiven für ein Studium. Die Arbeitslosenquoten für Hochschulabsolvent(inn)en sind nach wie vor sehr gering und auch für jüngere Abschlussjahrgänge gibt es keine Anzeichen für insgesamt zunehmende Schwierigkeiten beim Übergang in eine Beschäftigung - sieht man von fach- und gruppenspezifischen Unterschieden ab, etwa den Bachelorabsolvent(inn)en an Universitäten, die kein Masterstudium anschließen.

Darüber hinaus trägt die stärkere Verknüpfung von beruflicher Bildung, Hochschulbildung und Weiterbildung zur hohen Studiennachfrage bei, etwa durch duale, berufsbegleitende oder weiterbildende Studiengänge. Insbesondere private Hochschulen haben dieses Feld für sich entdeckt. Die Anfänger- und Studierendenzahlen in diesen Bereichen sind zwar noch relativ klein. "Hier scheint aber ein neuer, vorrangig auf berufspraktische Qualifizierung gerichteter Zweig im Hochschulsystem zu entstehen, der die klassische Wissenschaftsorientierung als gemeinsame Basis des Hochschulwesens in Frage stellen könnte", kommentiert Prof. Wolter diese Entwicklung.

Der Bildungsbericht 2016 ist, wie die seit 2006 im zweijährigen Abstand erschienenen früheren Berichte, von einer Autorengruppe unter Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) entstanden, an der das DZHW von Anfang an beteiligt war. Das vom DZHW verfasste Kapitel F über die Hochschulen beschreibt wichtige Entwicklungen zu den Themen Studienangebot, Übergang in die Hochschule und Studienaufnahme, Studiendauer, Beurteilung der Studienbedingungen, Hochschulabschluss und Absolventenverbleib sowie zu Hochschule und Studium im internationalen Vergleich. Am Schwerpunktkapitel des Bildungsberichts 2016 "Bildung und Migration" hat das DZHW ebenfalls mitgearbeitet. Der vollständige Bericht und der ergänzende Tabellenanhang kann kostenlos unter www.bildungsbericht.de abgerufen werden.

Die Printversion ist im Wilhelm-Bertelsmann-Verlag, Bielefeld, erschienen (ISBN 978-3-7639-5742-2).



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1821

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung,
Daniel Matthes, 21.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2016

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