Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → BRENNPUNKT

SYRIEN/007: Jede Gewalt verurteilen (ZLV)


Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek - 18. Februar 2012

Jede Gewalt verurteilen

Syrien wirft UNO-Hochkommissarin Einseitigkeit vor.
Berichte über Dschihadisten und Söldner unter Aufständischen

von Karin Leukefeld, Damaskus - Sonnabend 18. Februar 2012



Scharf hat das syrische Außenministerium auf die jüngste Stellungnahme von Navi Pillay reagiert. Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte forderte in dieser Woche vor der Generalversammlung der UNO in New York »jedes Mitglied der internationalen Gemeinschaft« nachdrücklich auf, »jetzt« zu handeln, um »die Bevölkerung Syriens zu schützen«. Der Regierung in Damaskus warf sie erneut vor, »das eigene Volk nicht zu schützen«, sondern in Homs gezielt Menschen zu töten.

Die UNO-Generalversammlung hat nach mehrtägiger Debatte am Donnerstag über eine von Saudi-Arabien und Katar vorgelegte Resolution abgestimmt, die Berichten zufolge der kürzlich mit einem Veto Rußlands und Chinas im Sicherheitsrat gestoppten entspricht. Die Resolution, die völkerrechtlich nicht bindend ist, wurde mit 137 gegen zwölf Stimmen bei 17 Enthaltungen angenommen. Vor der Abstimmung hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in einer scharfmacherischen Rede der Regierung Syriens »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« vorgeworfen und behauptet, Krankenhäuser würden »als Folter-Zentren benutzt«.

Das syrische Außenministerium wirft Navi Pillay vor, von Anfang an in dem inneren Konflikt voreingenommen gewesen zu sein. Sie habe sich »zum Werkzeug der Staaten machen lassen, die Syrien angreifen wollen«. Die UNO-Hochkommissarin habe die Tatsache ignoriert, daß »bewaffnete Gruppen terroristische Verbrechen« in Syrien verübten, obwohl das Land der UNO alle vorhandenen Informationen darüber zur Verfügung gestellt habe. Wider besseres Wissen verbreite sie Opferzahlen, die ihr von »Gruppen zur Verfügung gestellt werden, die gegen Syrien eingestellt sind«. Aufgabe der Menschenrechtskommissarin sei es, objektiv zu sein, Terrorismus zu verurteilen und das Wort für Dialog und Reformen zu ergreifen. Bisher habe Pillay die Terroranschläge in Aleppo vom 10. Februar ebensowenig verurteilt wie Angriffe auf Zivilisten, Sicherheitskräfte und auf die zivile Infrastruktur.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow begrüßte derweil die Ankündigung von Präsident Baschar Al-Assad, am 26. Februar ein landesweites Referendum über eine neue Verfassung durchzuführen. Der vorgelegte Entwurf sei »ein Schritt nach vorn«. Es sei wichtig, politische Pluralität in Syrien einzuführen und bald Parlamentswahlen abzuhalten. Gefragt, ob Rußland in der UNO-Vollversammlung dem vorgelegten Resolutionsentwurf zustimme, sagte Lawrow: »Wenn die Resolution einseitig ist und die Opfer ignoriert, die von bewaffneten Gruppen zu verantworten sind, werden wir sie auf keinen Fall unterstützen.«

Am Wochenende wird der stellvertretende Außenminister Chinas, Zhai Jun, in Damaskus erwartet. China wolle mit der syrischen Regierung nach einer »angemessenen und friedlichen Lösung der Krise« suchen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Vertreter innersyrischer Oppositionsgruppen waren kürzlich in der Volksrepublik, um Möglichkeiten eines Dialogs mit den Chinesen zu diskutieren. Auf der Internetseite des Außenministeriums hieß es, China lehne jede bewaffnete Intervention in Syrien und einen sogenannten Regimewechsel ab. Gleichzeitig müsse die syrische Regierung die »legitimen Wünsche der Bevölkerung nach Reformen« respektieren. Gewalt gegen Zivilisten sei nicht hinnehmbar.

Die syrische Regierung betont, daß staatliche Sicherheitskräfte nicht gegen friedliche Demonstranten, sondern ausschließlich gegen bewaffnete Kräfte eingesetzt werden. Nahed Al-Hussaini von der Lobbyorganisation Arabisch-Amerikanischer Kongreß erklärte gegenüber der Autorin in Damaskus, Dschihadisten und bewaffnete Söldner vieler Nationalitäten kämpften inzwischen in Syrien. Erstere kämen »aus Jordanien, Libyen und dem Irak, Söldner unter anderem aus Afghanistan, Tschetschenien und Pakistan. Bezahlt werden sie von Katar und Saudi-Arabien, logistisch werden sie von der Türkei versorgt.« Meldungen der vergangenen Tage aus unterschiedlichen Quellen bestätigen das. So warnte der irakische Geheimdienst davor, daß »Al-Qaida im Irak« Kämpfer und Waffen nach Syrien geschickt habe. Die jordanische Muslimbruderschaft rief auf, die »bedrängten Brüder in Syrien in ihrem Kampf zu unterstützen«. Libyen gab kürzlich die Namen von drei in Syrien getöteten libyschen Kämpfern bekannt. Jordanische Sicherheitskräfte verhafteten am Mittwoch sieben Männer arabischer Herkunft, die versucht hatten, von Al-Ramtha über die nahe gelegene Grenze nach Syrien zu gelangen. Sie waren mit Maschinenpistolen AK 47 ausgerüstet. Unmittelbar jenseits des Grenzübergangs liegt die Stadt Daraa.

*

Quelle:
Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
mit freundlicher Genehmigung der Autorin
3, rue Zénon Bernard
L-4030 Esch-sur-Alzette
Telefon: 00352/446066-1, Fax: 00352/446066-66
Email: info@zlv.lu
Internet: http://www.zlv.lu


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2012