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SYRIEN/096: Dominostein Damaskus - Hinterhalt Türkei ... (Civaka Azad)


Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.< /br> Pressemitteilung vom 25. Juni 2015 - aktualisiert am 26. Juni 2015

IS dringt in Kobanê ein - Zahlreiche Tote bei Auseinandersetzungen


Im Stadtzentrum von Kobanê kommt es seit den Morgenstunden des 25. Juni erneut zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Angreifern des Islamischen Staates und den Volksverteidigungseinheiten der YPG und YPJ. Gegen 4:40 Uhr morgens sind Milizen des Islamischen Staates (IS) in Form von kleinen Gruppen erneut in die Stadt Kobanê eingesickert und haben mehrere mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge in der Nähe der Grenze zur Türkei in die Luft gejagt. Anschließend soll der IS wahllos das Feuer auf Zivilisten eröffnet und dabei mindestens zwölf Menschen getötet haben. Derzeit halten die Kämpfe im Stadtzentrum von Kobanê an. Die Auseinandersetzungen konzentrieren sich auf den Stadtteil Kaniya Kurda. Die heftigen Kämpfe halten auf dem Qada Azadi (Freiheitsplatz) und in der Nähe des von den "Ärzte ohne Grenzen" errichteten Krankenhauses an.


"IS Gruppen aus der Türkei eingesickert"

Lokalen Berichten zufolge drangen die meisten IS-Kämpfer bei dem aktuellen Angriff über die türkische Grenze nach Kobanê ein. Die Bombenexplosionen in der Nähe des türkisch-syrischen Grenzübergangs Mürsitpinar bestätigen diesen Verdacht. Der türkische Gouverneur der Stadt Riha (Sanliurfa) hingegen erklärte, dass keine IS-Kämpfer aus der Türkei nach Kobanê eingedrungen seien. Stattdessen sei der IS über die Stadt Jarablus (Dscharabulus) nach Kobanê eingesickert. Allerdings ist Jarablus nicht nur knapp 40 km westlich von Kobanê gelegen. Die beiden Städte werden auch durch den Fluss Euphrat voneinander getrennt und es gibt keine intakte Brücke, die über den Fluss führt. Vor dem Hintergrund, dass der IS mit Sprengstoff beladenen Fahrzeugen in die Stadt eindringen konnte, erscheint die Version des Gouverneurs von Riha unrealistisch.

Vom Grenzübergang Mürsitpinar berichten lokale Reporter, dass die türkischen Verantwortlichen aktuell die Grenze für die Behandlung schwerverletzter Zivilisten aus der Stadt Kobanê nicht öffne. Viele der Verletzten an der Grenze befinden sich aufgrund von übermäßigem Blutverlust in einer lebensbedrohlichen Lage. Zugleich seien mindestens drei IS-Kämpfer im Laufe des Tages aufgrund der schweren Auseinandersetzungen aus Kobanê wieder über die türkische Grenze geflüchtet. Die geflüchteten IS-Kämpfer griffen daraufhin auch Zivilisten im Dorf Etmanek in nördlich der Grenze an und töteten dabei ein zwölfjähriges Kind. Schutz vor der Bevölkerung Nordkurdistans konnten die IS-Mitglieder anschließend beim türkischen Militär finden.


Massaker im Dorf Berxbotan

Zeitgleich mit dem Angriff auf Kobanê haben in Uniform der YPG getarnte IS-Milizen im Dorf Berxbotan ein Massaker an der Zivilbevölkerung verübt. Bei dem Angriff auf das Dorf, das 30 km südlich von Kobanê liegt, sind mindestens 20 Zivilisten ums Leben gekommen, dutzende weitere Menschen wurden verletzt. Derzeit halten sowohl im Dorf Berxbotan als auch im Stadtzentrum von Kobanê die Auseinandersetzungen weiter an.


Nachtrag

Bei dem erneuten Angriff des IS auf Kobanê sind mindestens 42 Zivilisten ums Leben gekommen. Die Zahl der Verletzten liegt bei 55. Zudem gibt es derzeit von fünf Familien, die vom IS entführt und als lebende Schutzschilde benutzt worden sind, kein Lebenszeichen. Während die Auseinandersetzungen zwischen den Volksverteidigungseinheiten der YPG und dem IS weiter anhalten, verlautete die YPG, dass bislang ca. 30 Angreifer des IS getötet worden seien.


Nachtrag II (26.06.2015)

Erst am Folgetag des Angriffs auf Kobanê durch den IS wird das Ausmaß des Massakers an der Zivilbevölkerung deutlich. So sind am gestrigen Tag insgesamt 152 Zivilisten ums Leben gekommen, rund 180 weitere Menschen wurden verletzt.

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Quelle:
Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
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E-Mail: info@civaka-azad.org
Internet: www.civaka-azad.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2015

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