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FORSCHUNG/1048: Spürnase im Einsatz für die Wissenschaft - Wenn der Fisch "muffig" riecht (idw)


Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 07.12.2016

Spürnase im Einsatz für die Wissenschaft: Wenn der Fisch "muffig" riecht

Karamell, Pfirsich - und Gülle: FAU-Forscher untersucht Fehlaromen bei Fisch aus Aquakulturen


In Deutschland erforscht ein Wissenschaftler, weshalb Fisch manchmal nach Fisch riecht und weshalb Verbraucher oft auch andere Aromanoten wahrnehmen, wenn sie Fisch kaufen. Mohamed Mahmoud, Doktorand am Department Chemie und Pharmazie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat im Rahmen seiner Dissertation nun unterschiedliche Fehlaromen von Fischen aus Aquakulturen identifiziert. Ziel ist es herauszufinden, wie unangenehme muffige "Beigeschmacksnoten" verringert werden können.(*)

Fisch zu essen und sich damit proteinreich zu ernähren ist gesund - immer mehr Menschen greifen bei Lachs & Co zu, um es sich schmecken zu lassen. Die andere Seite der Medaille: Steigt der Bedarf zum Beispiel an Fischen, die im Meer gefangen wurden, werden allmählich natürliche Ressourcen erschöpft. Das ökologische Gleichgewicht gerät in Schieflage und bedroht die dauerhafte Versorgung mit Lebensmitteln weltweit. "Deshalb sind Aquakulturen wichtig, in denen Fisch gezüchtet wird", erklärt Prof. Dr. Andrea Büttner vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie am Emil-Fischer-Centrum der FAU.

Tiere aus Fischfarmen können jedoch mitunter unter einem - für Verbraucher eindeutigen - Makel leiden: Sie schmecken nicht nur nach Fisch, man kann auch andere Duftnoten wahrnehmen. "In den Aquakulturbecken können sich Mikroorganismen bilden oder andere Substanzen im Wasser sukzessive abgebaut werden, wobei hochpotente Aromastoffe entstehen können, was dann bei den Fischen zu sensorischen Defekten führt", erläutert Prof. Büttner. So kann zum Beispiel muffig-modriger Geruch auf zwei Substanzen zurückzuführen sein: Geosmin, das einen erdig-muffigen, aber auch schimmligen Geruch hervorruft, und die chemische Verbindung 2-Methylisoborneol (MIB), die einen faulig-modrigen Geruch verbreitet. Allerdings war die bisherige Annahme, dass diese Substanzen die Hauptverantwortlichen für Störnoten im Fisch sind. Unklar war, ob hier noch andere Stinker eine Rolle spielen können.

Dieser Frage ging der Doktorand Mohamed Mahmoud im Rahmen seiner Untersuchungen nach. Nun hat der Nachwuchswissenschaftler im Experiment an Regenbogenforellen, die in Aquakulturen gezüchtet werden, bereits einen ersten Erfolg erzielt. Er konnte neben Geosmin und MIB zehn weitere muffig-modrig riechende Substanzen nachweisen, unter anderem eine, die wie Gülle riecht. "Der fäkalische Geruch stammt höchstwahrscheinlich aus der Tierzucht, etwa aus der Schweinemast, andere Substanzen deuten aber eher auf eine Bildung als geruchsaktive Abbauprodukte aus Pflanzenschutzmitteln hin. Sie gelangen über das Erdreich ins Wasser und somit in den Fisch", sagt Mahmoud. Damit wurde klar, dass die gängige Meinung zu diesem Thema hinterfragt werden muss, und offenbar die Fehlerquellen deutlich komplexer sind als bisher angenommen. Letztendlich ist das Hauptanliegen von Mahmoud, herauszufinden, wie Fehlaromen bei Fischen aus Aquakultur zu vermeiden sind, denn zweifellos werden Fischfarmen in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen.

Aber auch das Zusammenspiel unterschiedlicher, fischtypischer Aromastoffe sind von hohem Interesse für Mahmoud. "Interessant ist, dass man beim Aufschlüsseln von Fischaroma auch Substanzen findet, die man auf den ersten Blick nicht erwarten würde." Deshalb hat der Nachwuchswissenschaftler auch Aromastoffe im Fisch nachgewiesen, die zum Beispiel nach Geranien, Zitrusfrüchten, Eukalyptus, Karamell, Pfirsich oder schwarzem Pfeffer riechen. "Das ist nicht ungewöhnlich, Lebensmittelaromen sind in aller Regel sehr komplex zusammengesetzt, und ein Gesamtaroma lässt oft nur schwer seine Einzelbestandteile erschnüffeln - es sei denn, man wendet unsere zielgerichtete Analytik an, bei der man die aromapotenten Substanzen einzeln aufschlüsselt", erklärt Mahmoud. "Weiterhin ist es jedoch unser großes Ziel, genau diejenigen Substanzen unter den vielen herauszufinden, die als eher negativ empfunden werden und eben nicht typisch für den Fisch sind - insbesondere nicht, wenn man ihn mit Fisch aus der Natur vergleicht. Unsere Aufgabe ist also, in Fischen aus deutscher Produktion weitere mögliche Ursachen für Fehlaromen aufzuklären und die Zusammenhänge zwischen Wasserqualität und Aromaprofilen herauszuarbeiten."

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising führt Mohamed Mahmoud sensorische Untersuchungen sowohl des Fisches als auch des Wassers in Aquakulturen sowie des zu- und ablaufenden Wassers durch. Zum Einsatz kommt das Verfahren der Gas-Chromatografie-Olfaktometrie, mit dem sich geruchsaktive Substanzen zielgerichtet detektieren und analysieren lassen.


Anmerkung:
(*) http://dx.doi.org/10.1016/j.foodchem.2016.05.030 und
http://dx.doi.org/10.1016/j.foodchem.2016.09.172

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution18

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Dr. Susanne Langer, 07.12.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2016

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