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FORSCHUNG/692: Kartoffeln à la Gen-Carte (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft 1/2009

Kartoffeln à la Gen-Carte

Von Inga Richter


Wenn Kulturpflanzen Opfer von Krankheitserregern werden, kann das verheerende Folgen für die Welternährung haben. Christiane Gebhardt und ihre Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung suchen daher im Erbgut der Kartoffeln nach Genen, mit deren Hilfe sich sowohl Resistenzen als auch bestimmte Qualitätsmerkmale leichter züchten lassen.

Auch wenn gentechnische Methoden der Pflanzenzucht schon etliche Erfolge beschert haben - um die Ernährung der Weltbevölkerung zu gewährleisten, bedarf es weiterer Forschungsanstrengungen: "Eine noch effektivere Produktion von Kulturpflanzen ist unabdingbar angesichts der wachsenden Weltbevölkerung", erklärt Maarten Koornneef, Direktor am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln.

Derzeit leben mehr als 6,7 Milliarden Menschen auf der Erde; jede Sekunde kommen durchschnittlich fünf hinzu. Um mit dieser Zunahme Schritt zu halten, muss die weltweite Nahrungsmittelproduktion steigen. Nur etwa ein Fünftel der Erdoberfläche kann aber als potenzielle Agrarfläche dienen; de facto sinkt die Fläche je Person zur Nahrungsproduktion seit Jahren sogar aufgrund der Ausweitung von Wohnsiedlungen und Verkehrswegen. Und das bedeutet: Die Erträge pro Flächeneinheit müssen gesteigert werden.


Zukunftsvisionen für den Kartoffelanbau

Ein Zukunftsszenario, an dem die Forscher arbeiten, könnte wie folgt aussehen: Bei der SaKa Pflanzenzucht GbR in Windeby in Schleswig-Holstein dreht sich alles um Solanum tuberosum, die Kartoffel. Ihr neuester Züchtungserfolg heißt "Sternstunde". Diese Sorte weist nicht nur einen deutlich höheren Nährstoffgehalt auf, sondern ist auch resistent gegenüber dem größten Widersacher der Kartoffel, dem Pilz Phytophthora infestans. Phytophthora lässt die oberirdischen Pflanzenteile und Knollen verfaulen, weshalb man auch von der Kraut- und Knollenfäule spricht.

Jens Lübeck ist Zuchtexperte bei SaKa und prüft soeben die Ernteberichte: Tatsächlich konnten die Ertragsquoten 2020 um 40 Prozent gesteigert und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erheblich reduziert werden. Waren bis vor wenigen Jahren noch acht bis 14 Fungizidgaben notwendig, so sind es in diesem Jahr nur zwei gewesen. In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Forschungsteam von Christiane Gebhardt ist es dem Züchter gelungen, wichtige Resistenzgene gegen die Kraut- und Knollenfäule aufzuspüren und die damit ausgestatteten Kartoffelpflanzen erfolgreich weiter zu vermehren. Doch noch ist die Forschung nicht so weit.

Nach Weizen, Reis und Mais ist die Kartoffel die viertwichtigste Nutzpflanze. Wenn auch kein Allheilmittel, so könnte der Kartoffelanbau in vielen Ländern der Welt, wo Mangel- und Fehlernährung verbreitet sind, doch einen Teil der Ernährungsproblematik lösen helfen. Etwa 325 Millionen Tonnen der verschiedenen Sorten werden derzeit weltweit pro Jahr geerntet. Sie sind das Ergebnis jahrhundertelanger Auslesezüchtung. Schon die von den Ureinwohnern Südamerikas kultivierten Kartoffeln waren hoch entwickelt, verschiedensten Anbaulagen und unterschiedlichen Verwendungszwecken angepasst und weit entfernt von den hochgradig giftigen Wildformen mit winzigen Knollen.

In Europa wurde die Kartoffel im 19. Jahrhundert zum Hauptnahrungsmittel. Denn neben den notwendigen Kalorien liefert sie auch Spurenelemente, Vitamine und hochwertiges Eiweiß. Aus Amerika eingeschleppte Kartoffelkrankheiten führten dann in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu verheerenden Missernten; Millionen Menschen verhungerten, vor allem in Irland, wo die Abhängigkeit von der Kartoffel besonders groß war. "Auch heute noch können die Ernteverluste durch die Kraut- und Knollenfäule bis zu 100 Prozent betragen, sofern nicht eine breite Palette an Fungiziden eingesetzt wird", sagt Jens Lübeck. Allein in Deutschland kostet dies die Landwirte jährlich 88 Millionen Euro. Darüber hinaus belasten die chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel Grundwasser und Böden und wirken sich nachteilig auf die Artenvielfalt aus.


Mendel revolutioniert die Pflanzenzüchtung

Vor diesem Hintergrund wäre es ein Fortschritt, wenn es gelänge, ertragreiche und gleichzeitig schädlingsresistente Kartoffelsorten wie die eingangs erwähnte Fantasiesorte "Sternstunde" zu züchten. Der klassische Weg der Züchtung ist dabei nach wie vor beschwerlich, wenn auch nicht mehr so langwierig wie vor etwa 10000 Jahren, als unsere Vorfahren begannen, sesshaft zu werden und essbare Wildpflanzen anzubauen. Im Laufe der Zeit lernten sie, gut schmeckende Exemplare von bitter schmeckenden zu trennen, oder ertragreiche von denen, die nur mickerig wuchsen, und sie fanden heraus, dass die Weiterzucht von Individuen mit günstigen Eigenschaften die besseren Ernteergebnisse erbrachte.

"Die wissenschaftliche Pflanzenzucht und die damit realisierbaren Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft wurden erst durch Mendel revolutioniert", erzählt Christiane Gebhardt. Als Johann Gregor Mendel 1866 in den Gärten der Abtei St. Thomas in Alt Brünn die Pollen rot blühender Erbsenpflanzen auf die Narben weiß blühender übertrug, bezogen sich seine Versuche auf äußerlich erkennbare Merkmale, die Phänotypen.

Der später als Vater der Genetik betitelte Mönch wusste noch nichts von den molekularen Geheimnissen der Nukleinsäuren, deren Aufbau und Wirkungsweise. Nichtsdestotrotz formulierte er die ersten Regeln über das Wirken jener wahren Herrscher des Lebens, der Gene - und gab der Züchtung damit neue Impulse: Endlich konnten durch systematische Kreuzung die Eigenschaften von vielen verschiedenen Pflanzenindividuen in einem einzigen Nachkommen vereinigt werden.


Individualität: der kleine, aber feine Unterschied

Doch nach wie vor müssen jene Nachkommen, die die gesuchte Kombination der Eigenschaften der Eltern aufweisen, in mehreren Zyklen ausgewählt werden. Das kann bei einer Selektion auf Resistenz durch die Auswahl der nicht vom Krankheitserreger befallenen Pflanzen im Gewächshaus oder im Feld geschehen - befallene Pflanzen erkennt das geschulte Auge schon aufgrund welker Blätter oder abgestorbener Pflanzenteile. Andere Merkmale, wie beispielsweise der Nährstoffgehalt, lassen sich nicht so einfach selektieren. Ideal wäre es daher, wenn man die Veranlagungen der Pflanze direkt an ihren Genen ablesen könnte, sozusagen ohne den Umweg über den Phänotyp. Ein großer Teil der zeitaufwendigen züchterischen Selektionsarbeit würde dann entfallen.

Gene bestimmen, welche Merkmale eine Pflanze aufweist: ob sie schnell oder langsam wächst, tolerant gegenüber Trockenperioden ist oder robust gegenüber bestimmten Pflanzenkrankheiten und welche Inhaltsstoffe sie aufweist. Doch selbst nach 30 Jahren Genomforschung an Pflanzen will sich das Geheimnis der genetischen Vielfalt noch nicht so leicht lüften lassen. Natürlich weiß man längst, dass die Karten der Vererbung stets durch die Neukombination von Ei- und Samenzelle der Eltern neu gemischt werden, und auch, dass von allen Genen unterschiedliche Ausfertigungen existieren, die Allele.

Aber: "Kartoffeln haben nur ein Mal Sex im Leben", erklärt Lübeck. "Anschließend läuft die Vermehrung vegetativ über die Knollen", so der Züchter. Bei derartigen Klonen erfolgt keine weitere Neukombination der Chromosomen. Doch weshalb enthalten dann Knollen einer Sorte viel Stärke, während ein Geschwisterklon weniger produziert, weshalb ist ein Klon resistenter gegen Phytophthora als ein anderer?

Gebhardt erklärt das so: "Der kleine Unterschied zwischen den Individuen einer Art sind Punktmutationen." Der englische Fachbegriff dafür: Single Nucleotide Polymorphism (SNP). Dabei handelt es sich um einzelne, zufällige Basenaustausche, die bei der Verdopplung der DNA-Sequenz immer wieder auftreten - auch wenn sich der Organismus asexuell vermehrt. "Im menschlichen Genom ist etwa eine von 1000 Basen verändert, im Kartoffelgenom ist es ungefähr eine von 50", erläutert die Forscherin.


Marker für die Suche nach günstigen Genen

Die meisten dieser Mutationen haben keinen Effekt; einige aber können negative Konsequenzen nach sich ziehen, andere dagegen begünstigen positive Eigenschaften. Und nach genau diesen positiven Punktmutationen läuft die Fahndung in Köln auf Hochtouren. Angesichts von einer Milliarde Basenpaaren und etwa 30000 Genen im Kartoffelgenom ist diese Suche allerdings sehr mühevoll.

Mit ihren genetischen Analysen möchte Gebhardt die Grundlagen schaffen für eine Marker-gestützte Selektion, kurz MAS (marker assisted selection). Voraussetzung für MAS ist die Entwicklung diagnostischer Genmarker - künstlich hergestellte DNA-Schnipsel, welche spezifische DNA-Abschnitte abbilden und diese sichtbar machen, 'markieren'. Diese DNA-Abschnitte sind wie Landmarken über das Erbgut der Pflanzen verteilt. In der Regel zeigen sie keine phänotypische Ausprägung. Entscheidend ist, dass sie sich in der Nähe sogenannter Quantitative Trait Loci, kurz QTL, befinden und somit einen Hinweis auf die Existenz bestimmter Gene geben können.


Präzisionszüchtung spart Zeit und Kosten

Mithilfe der künstlichen DNA-Schnipsel lässt sich das Genom der Pflanze nach bestimmten Genvarianten absuchen, deren Existenz oder Nichtexistenz auf die zu untersuchende Eigenschaft des lebenden Pflanzen-Individuums hinweist. Die Analyse des pflanzlichen Erbguts dient dazu, passende Kreuzungspartner zusammenzuführen und die richtigen Nachkommen auszuwählen. Diese Vorgehensweise wird mit den Begriffen 'Präzisionszüchtung', Precision-Breeding, oder 'Marker-gestützte Züchtung' umschrieben. Die Vorteile von MAS liegen darin, dass theoretisch bereits bei Keimlingen festgestellt werden kann, ob sie das gewünschte Merkmal besitzen oder nicht. Die zeitaufwendige züchterische Selektionsarbeit entfällt, die Kosten sinken, der Pestizideinsatz wird minimiert. Theoretisch.

Zwar konnten zur Freude der Ketchup-Industrie durch dieses Verfahren schon Tomaten mit erhöhtem Zuckergehalt gezüchtet werden sowie eine Reissorte, die unempfindlicher gegen Überschwemmungen ist, aber: "Präzisionszüchtung im Zusammenhang mit der Kartoffel verlangt mehr", so Lübeck. Die Genetik der Kartoffel ist nämlich weitaus komplexer. Während Tomaten und Reis nur zwei Chromosomensätze und eine oder zwei Varianten (Allele) pro Gen aufweisen, besitzt die Kartoffel vier Chromosomensätze mit bis zu vier verschiedenen Allelen pro Gen. Darüber hinaus werden die gesuchten Eigenschaften nur in den seltensten Fällen durch ein Gen allein manifestiert. "Mehr als 50 Gene können ein Resistenzmerkmal bedingen, das wir daher als quantitatives Merkmal bezeichnen", sagt Gebhardt. Die zehn wichtigsten davon zu kennen wäre fantastisch.

Die Molekularbiologin zeigt auf eine Deutschlandkarte, die sich breitflächig an der Wand des Flurs im Institut erstreckt. "Wir konstruieren neue Karten", so Gebhardt. Die Erde sei inzwischen vollständig vermessen, nun seien die Genome an der Reihe. In ihrem Büro hängen schematische DIN-A4-Abbildungen der zwölf Kartoffelchromosomen an der Wand, lange Stäbchen, auf denen grüne oder blaue Balken eingezeichnet sind: Das sind bereits identifizierte QTL. Sie bezeichnen Bereiche der DNA, die Gene enthalten, für die in vorangegangenen Studien ein messbarer Einfluss auf die Ausprägung eines phänotypischen Merkmals nachgewiesen werden konnte.

Dünne Pfeile umgeben die schematisierten Chromosomen sowie verschiedenfarbige Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen. GPA5 steht dort beispielsweise in Rot, R1 in Grün oder GP179 in Schwarz. "Die schwarzen Beschriftungen bezeichnen DNA-Marker ohne besondere biologische Bedeutung", erklärt Gebhardt. Sie gehören dennoch zum Grundgerüst der Genkarten - vergleichbar mit den Höhen- und Breitengraden auf einer Weltkarte.


Genkarten für eine Entdeckungsreise im Genom

Eine solche Genkarte kann für jedes Chromosom der Kartoffel erstellt werden. Die Marker sind auf ihr wie die Perlen auf einer Schnur aufgereiht. Dazwischen müssen dann die Eigenschaften lokalisiert werden: In Rot erscheinen hier zum Beispiel Genorte, die für die Resistenz gegen Nematoden eine Rolle spielen, in Grün jene für die Resistenz gegen Pilze. Um eine Verknüpfung solcher Genkarten mit den Feldpflanzen herstellen zu können, erhält die Kölner Arbeitsgruppe Probenmaterial von Pflanzenzuchtunternehmen wie der SaKa Pflanzenzucht GbR in Windeby.

Dort wird eine Versuchspopulation von durchschnittlich 200 Individuen im Frühjahr ins Feld gepflanzt. Die Mitarbeiter schneiden von jeder der durchnummerierten Pflanzen ein frisches Fiederblatt für die DNA-Isolation ab. Danach werden die Pflanzen weiter beobachtet, ob ein Befall mit Schädlingen wie Phytophthora erfolgt. Ansonsten wird durch künstliche Infektion nachgeholfen, um die phänotypischen Auswirkungen des Pathogens auf jede einzelne Pflanze über ein paar Wochen bewerten zu können. Die Benotung erfolgt von 1 bis 9 - quantitative Eigenschaften lassen sich nur in mehreren Zwischenstufen erfassen; selten sind Merkmale so reinrassig oder auch monogen wie das Merkmal der Blütenfarbe von Mendels Erbsen. Die 1 stellt die schlechteste Note dar, die entsprechende Pflanze wäre demnach höchst anfällig gegenüber Phytophtora.

Die gefriergetrockneten Blätter reisen 532 Kilometer durch Deutschland und werden im Labor in Köln aufbereitet. Teilstücke der isolierten DNA werden mittels der PCR (engl. Polymerase Chain Reaction), einer Art biochemischer Kopiermaschine, vermehrt. Anschließend zerschneiden Restriktionsenzyme die DNA an Stellen mit einer spezifischen Basenabfolge. Oder eben nicht - wenn nämlich in dieser Basenabfolge ein SNP vorliegt, ein einzelner Basenaustausch. Das führt dann dazu, dass bestimmte DNA-Fragmente bei diesem Individuum länger werden. In der anschließenden Gel-Elektrophorese wandern sie - angetrieben durch ein elektrisches Feld - langsamer als die kürzeren Fragmente. Betrachten wir unseren Marker für die Resistenz, so bewegt sich zum Beispiel ein für das Merkmal ungünstiges Fragment weiter als ein günstiges.

Ob günstig oder nicht, kann allerdings erst durch den Abgleich mit den Dokumentationen der Züchter über die zugehörigen Versuchspflanzen geklärt werden. Diese prüfen die Qualität der Versuchspflanzen und deren Knollen. Solche phänotypischen Untersuchungen müssen öfter durchgeführt werden, an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten, über mehrere Jahre. Schließlich kann die Wirkung von Genen überhaupt nur in Reaktion auf eine bestimmte Umwelt sinnvoll definiert werden.


Finanzieller Schub für mehr Kooperationen

Zu den Auswertungen von Geno- und Phänotyp gesellt sich die statistische Berechnung, um einen Zusammenhang zwischen Merkmalen und DNA-Abschnitten herzustellen. Tausende Banden werden so per Assoziationsanalyse daraufhin geprüft, mit welchen Eigenschaften sie korrelieren. Im Erfolgsfall heißt es, die Pflanzen weiter zu vermehren, deren Laboranalysen den phänotypischen und statistischen Vergleichen standgehalten haben, und abzuwarten, ob sich der erwünschte Erfolg einstellt.

"Züchtung ist ein recht träger Dampfer", sagt Lübeck. Ein Zuchtgang von nur einer Kartoffelsorte nimmt etwa zehn Jahre in Anspruch. MAS könnte diesen Prozess beschleunigen. Waren bis vor Kurzem nur wenige diagnostische Marker bekannt, mit deren Hilfe monogene Merkmale identifiziert werden konnten, so brachte das Forschungsprogramm GABI (Genomanalyse im biologischen System Pflanze) in den vergangenen acht Jahren einen kräftigen Schub. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekte ermöglichten die Zusammenarbeit von Forschungszentren wie dem Kölner Max-Planck-Institut mit Pflanzenzuchtunternehmen und förderten so erstmalig diagnostische Marker zur Identifizierung polygener Eigenschaften der Kartoffel zutage.

"Einer der bisher größten Erfolge für die wirtschaftlich relevanten Zuchtprogramme ist ein molekularer Marker, der Resistenz gegen den Nematoden Globodera pallida diagnostiziert", sagt Lübeck. Die Zysten dieses Fadenwurms können bis zu 20 Jahre im Boden überdauern. Werden Kartoffelpflanzen auf einer befallenen Fläche angebaut, dringen die Larven in die Wurzeln ein, berauben sie ihrer Nährstoffe und lassen die Pflanzen dadurch verhungern.


Erste Erfolge im Kampf gegen Fraßfeinde

Im Kampf gegen die zahlreichen Feinde der Kartoffel gibt es weitere Erfolge zu vermelden: "Inzwischen haben wir ein erstes Gen für die Feldresistenz gegen Kraut- und Knollenfäule entdeckt", erklärt Gebhardt. Das Gen trägt das Kürzel StAOS2 (für Solanum tuberosum Allene Oxide Synthase 2). Die Züchtungsforscherin spekuliert, dass in etwa fünf Jahren das Kartoffelgenom komplett entschlüsselt sein wird. Das wird für die Suche nach weiteren Genen eine große Hilfe sein. Jens Lübeck geht davon aus, dass bald weitere Marker für Resistenzgene gefunden werden. Der Blick auf die Genkarte im Büro von Christiane Gebhardt stimmt ihn optimistisch. Somit könnte es in Zukunft tatsächlich "Kartoffeln à la Gen-Carte" geben.


Glossar

Phänotyp / phänotypische Ausprägung
äußerlich erkennbares Merkmal eines Organismus, das von den Genen und der Umwelt beeinflusst wird.

Genotyp
der individuelle Satz an Genen, den ein Organismus besitzt. Marker generell: ein biochemisches Hilfsmittel, um bestimmte Eigenschaften zu ermitteln; hier speziell: ein DNA-Abschnitt, der sich an eine bekannte und genau lokalisierte Sequenz im Erbgut anlagert und so bei der Suche nach Genen hilft.

MAS
kurz für marker assisted selection: Suche nach züchtungsrelevanten Merkmalen mithilfe von Genmarkern. Quantitative Trait Locus Mapping eine Methode, um die Genorte zu finden, die ein Merkmal beeinflussen.

Quantitative Trait Locus Mapping
eine Methode, um die Genorte zu finden, die ein Merkmal beeinflussen.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Bildunterschrift 1:
Die Vermehrung von Kartoffeln erfolgt vegetativ über die Knollen.

Bildunterschrift 2:
Das Prinzip der Marker-gestützten Züchtung: Von dem Gen für die Schalenfarbe gibt es zwei Ausprägungen (Allele). Je nachdem, welches Allel vorliegt, ist die Schale der Kartoffel rot oder weiß. Die Zahlen 1 und 0 symbolisieren einen DNA-Marker, der mit dem Genort für die Schalenfarbe gekoppelt ist. Dabei steht die 1 für rote Schalenfarbe, die 0 für weiße Schalenfarbe. Die Abbildung zeigt anschaulich, dass mithilfe des Markers die Schalenfarbe mit hoher Sicherheit vorhergesagt werden kann.

Bildunterschrift 3:
Christiane Gebhardt, Forschungsgruppenleiterin in der Abteilung von Maarten Koorneef am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, prüft die Banden auf einem Agarose-Gel.

Bildunterschrift 4:
Die aus einer Kartoffel isolierte DNA wird mittels PCR (Polymerasekettenreaktion) vermehrt und von sogenannten Restriktionsenzymen in kleinere Fragmente geschnitten.

Bildunterschrift 5:
Von unterschiedlichen Kartoffelsorten stammende DNA-Proben werden für die Gel-Elektrophorese aufbereitet.

Bildunterschrift 6:
Auf den zwölf Chromosomen der Kartoffel konnten die Forscher bereits verschiedene Bereiche mit Genen identifizieren, die beispielsweise für die Abwehr bestimmter Fraßfeinde eine Rolle spielen.

Bildunterschrift 7:
Am Computer überprüfen die Forscher, wie unterschiedlich weit die DNA-Fragmente bei der Gel-Elektrophorese gewandert sind.


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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft
Ausgabe 1/2009, Seite 18 - 25
Herausgeber: Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2009