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GENTECHNIK/450: Monsantos Scherbenhaufen (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 329 - Januar 2010
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Monsantos Scherbenhaufen Eine Analyse der Benbrookstudie zum erhöhten Pestizidgebrauch durch den Einsatz von Gentechnik

Von Werner Müller


Was Gentechnikkritiker in den USA in den letzten 15 Jahren nicht geschafft haben, schaffen drei Pflanzen offenbar mühelos. Die Rede ist von den drei Unkräutern, die aufbrachen, um den Einsatz von Gentech-Pflanzen zu verändern: Horseweed, Gigant Ragweed und Palmer Amaranth.

Diese drei Acker-Unkräuter sind resistent gegen Glyphosat, den Wirkstoff von Roundup. Roundup ist ein Totalherbizid, das früher auf Bahndämmen gesprüht wurde, um alle Unkräuter zu bekämpfen. Mit dem Einsatz gentechnisch veränderter Methoden konnten auch Kulturpflanzen gegen das Totalherbizid resistent gemacht werden. Solche Kulturpflanzen überstehen eine bis mehrere Spritzungen des Totalherbizids ohne große Wachstumsverzögerungen und mit keinen bis geringen Ernteeinbußen.


Nach ersten Erfolgen...

Seit der Einführung von gentechnisch veränderten Pflanzen im Jahr 1996 sind 2009, also dreizehn Jahre später, mehr als 93 Prozent aller angebauten Baumwoll- und 92 Prozent angebauten Sojapflanzen Gentechpflanzen mit Resistenz zu Roundup und auf 63 Prozent der US-Maisanbaufläche wachsen Roundup-resistente Pflanzen. Dieser fast vollständige Umstieg der US-Landwirte auf Roundup-resistente Pflanzen ist mit der Einfachheit der Unkrautbekämpfung zu erklären, die durch RR-Pflanzen möglich geworden ist, sowie der Möglichkeit, durch pfluglose Bodenbearbeitung die Erosion zu vermindern. Doch diese in den Anfangsjahren erzielten Vorteile für die US-Farmer sind ernsthaft bedroht.

(Über die dramatischen Umweltwirkungen des massiven Roundupeinsatzes in Südamerika siehe http://www.feedingfactoryfarms.org/index.php?id=49).


...breiten sich Unkräuter aus

Alle drei Glyphosat-resistenten Unkräuter Horseweed, Gigant Ragweed und Palmer Amaranth zählen zu den "perfekten Unkräutern". Sie sind sehr aggressiv in ihrer Ausbreitungsstrategie und verursachen bei Massenauftreten hohe Ernteverluste. Bei einer Anbaufläche von mehr als 90 Prozent von Gentech-Roundup-resistenten Sojabohnen und Baumwollpflanzen wird sofort das Ausmaß der Bedrohung klar, das dem Lizenzinhaber Monsanto von diesen Unkrautarten (im wahrsten Sinne des Wortes) erwächst.

Mittlerweile findet man Unkräuter, die höhere Mengen an Glyphosat ertragen, als die gentechnisch veränderten Sorten.

Noch sind die resistenten Unkräuter auf einem kleineren Teil, ca. 10 Prozent der US Anbaufläche (34,4 mio. ha Mais, 29,6 mio. ha Soja, 3,63 mio ha Baumwolle), angekommen. Überwiegend im cotton belt im Süden der USA z.B. Tenesse, Arkansas, Georgia.

Doch dort, wo sie gelandet sind, bereiten sie große Probleme. So mussten 2.500 ha Baumwolle umgebrochen werden, die massiv mit Palmer Amaranth verunkrautet waren.

Aber insbesondere das hohe Tempo, mit dem sich diese Unkräuter ausbreiten, zeigt die Dramatik dieser Situation. 2005 waren im Bundesstaat Georgia lediglich 200 ha Soja- und Baumwollflächen betroffen, 2009 waren es schon 400.000 ha (1 Mill acre).

Auch im Cornbelt in Iowa, Ohio, Indiana, Illinois breiten sich Glyphosat resistente Unkräuter rasch aus.

Ebenso Pflanzen, die Resistenzen gegen Glyphosat und einem oder zwei weiteren Wirkstoffen (PPO Inhibitors, ALS inhibitors und Glyphosate gefunden in Missouri 2005) haben.

Angesichts dieser Zahlen, die sich auf www.weedscience.org abrufen lassen, verwundert es nicht, dass der Einsatz von Pestiziden in den USA seit Einführung der Gentechnik angestiegen ist. Die Studie von Charles Benbrook vom Organic Center (http://www.organic-center.org) basierend auf offiziellen Daten des US-Department of Agriculture (USDA), zeigt, dass der Pestizidverbrauch in den USA seit der Einführung der Gentechnologie im Jahr 1996 um 145 Millionen kg angestiegen ist. Diese Datenquelle ist sehr verlässlich und wird als der "gold standard", also Daten mit der höchsten Glaubwürdigkeit, bezeichnet.

Der Pestizidverbrauch ist sowohl im Vergleich zu den Anfängen der Gentechnik als im Vergleich vor dem Einsatz der Gentechnik gestiegen.

Verantwortlich für den Anstieg sind zwei Faktoren. Erstens die Tatsache, dass Roundup ein Mittel ist, das im Vergleich zu anderen Unkrautbekämpfungsmitteln in höheren Mengen angewendet werden muss. Zweitens ist dies auf den Anstieg der Glyphosat-resistenten Unkräutern zurückzuführen. Die lässt sich schon einfach aus den gestiegenen Applikationen pro Anbausaison ablesen und auch an der gestiegenen Menge je Applikation auf Roundup-resistenten Sojabohnen, Baumwolle und Mais.

So wurden im Jahr 1996 pro acre (ca. 0,4 ha) 0,34 kg Glyphosat gespritzt. 2006 waren es bereits 0,68 kg Glyphosat je ha also fast doppelt soviel. Bei der Baumwolle war der Anstieg noch stärker, was auf die günstigen (feucht, warm) Klimabedingungen für Unkräuter sowie den späteren Lückenschluss im Bestand zurückzuführen ist. Dort stieg die Menge von 0,31 kg im Jahr 1996 auf 0,91 kg Glyphosat je ha - hat sich also fast verdreifacht.


Pestizidverbrauch gestiegen

Im geringen Ausmaß sind die Einsätze von Insektiziden auf Bt-Baumwolle und Bt-Mais gesunken, konnten den Mehraufwand von Herbizidresistenten Gentech Pflanzen aber nicht wettmachen. Doch auch bei Bt-Pflanzen finden sich die ersten resistenten Insekten in Baumwollfeldern. Eine Entwicklung, die trotz strenger Auflagen für ein Resistenzmanagement eingetreten ist, und auch die Zukunftsaussichten Bt-resistenter Pflanzen verblassen lässt.

Die Firmen wie Monsanto bereiten sich indes mit dem Ansatz "more of the same" darauf vor, also mit Gentech-Pflanzen, die höhere Dosen und auch verschiedene Unkräuter überstehen oder mehrere Bt-Proteine besitzen. Angesichts der Sichtung von Unkräutern, die gegen drei Herbizide resistent sind, scheint dieser Ansatz nicht erfolgsversprechend. Zwei Probleme drängen sich hierbei in den Vordergrund. Erstens verursachen höhere Pestizidmengen höhere Kosten für die Landwirte und zweitens ist es fraglich, ob die Konsumentinnen gewillt sind, diesen Pestizid-Wettlauf mit immer höheren Rückstandsmengen in Lebens- und Futtermitteln mitzumachen. Bereits jetzt steigt der Einsatz aller, sehr toxischer Herbizide wie Paraquat und 2,4D, die Bestandteile von Agent Orange haben, wieder an.


Werner Müller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 329 - Januar 2010, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2010